"Meine" Methode, Pfeifen zu bauen...

  • Hier eine kleine Bildergeschichte vom Pfeifenbau nach der Methode, wie ich sie während eines Praktikums beim Orgelbauer gelernt und noch ein bisschen für mich angepasst habe. Das ist sicher nicht die einzige und wahrscheinlich auch nicht die beste / schnellste / rationellste Methode, aber sie klappt für mich und ergibt dichte Pfeifen mit präzisen Abmessungen!


    Eine Seitenwand in meiner selbstgebauten Abrichte am Rand des Hobeltisches. Der Hobel fährt auf der Seite liegend in der tieferen Kante der Tischlerplatte und erzeung somit eine gerade und rechtwinklige Kante an der Seitenwand der Orgelpfeife. Die andere Seite (Richtung Rücken der Pfeife) bleibt hier noch sägerauh und etwas auf Übermaß,


  • Die Seitenwände werden final glattgehobelt. Aus dem Dickenhobel kommt sie ja mit leichten Riefen. Die 5cm mit Hobelschlag oben und unten wurden mehr abgemessen und dann einfach abgesägt. Diesen Luxus der Holzverschwendung gönn ich mir, sonst könnte man das auch von Hand ausgleichen, müsste aber viel mehr abhobeln. So reicht es mit feiner Einstellung ein paarmal drüber zu gehen. Als Anschlag steckt eine Ziehklinge im Rand des Hobeltischs. Dadurch kann die Höhe des Anschlags so reguliert werden, dass der Hobel oben drüber kommt. Wenn der Hobel richtig scharf ist, biegt sich das Brettchen nicht durch und wird vom Anschlag nicht runtergeschoben. Einstellung ca. 0,05mm...


  • Alles bereit zur Verleimung der Seitenwände: Zwei sauber abgerichtete Seitenwände (Flächen und eine Kante) und der Kern mit sehr glatt ausgearbeiteter Kante und Bahn. Zwei Streifen Trennpapier aus der Gemüsewaage im Supermarkt und zwei Distanzplättchen (aus den Fächern für die Zündkerzenmessung. Man braucht natürlich zwei dieser Sets (in diesem Fall 0,75) oder man legt die eine Seite zwei übereinander (0,5 und 0,25 ergeben auch 0,75)). Diese Plättchen ergeben beim Verleimen die Kernspalte, die bei meinem Gedackt komplett innen liegt.

  • Der Kern wird oben (also hinterher innen in der Pfeife) mit Leim eingestrichen. Ich halte dabei etwas Abstand von der Kante zur Kernspalte hin (hier unten) weil ich da keinesfalls Leimschmierer haben will. Der feuchte Lappen ist zum Aufnehmen überschüsigen Leims, was hier aber noch kein Problem ist. Der Kern steht jetzt auf den zwei Distanzplättchen.


  • Jetzt werden die Seitenwände innen komplett dünn mit Leim eingestrichen und dann mit der abgerichteten Kante nach unten an den Klotz gezwungen. Man muss darauf achten, dass alles sauber auf dem Tisch aufliegt, weil die Pfeife sonst hinterher verdreht wäre oder die Kernspalte unsymmetrisch. Das ist eigentlich der einzige wirklich heikle Moment bei dieser Methode. Dass die Seitenwände sich durch die Feuchtigkeit des Leims furchtbar nach aussen biegen macht nichts, das wird im nächsten Schritt wieder in Form gebracht. Ich verwende mehrere kleine Zwingen, um eine vollflächige Verklebung der Seitenwände mit dem Kern zu gewährleisten. Wenn alle Zwingen in die gleiche Richtung zeigen würden, kippt die Pfeife... Am Kern sieht man, wie die Seitenwände noch etwas zu breit sind und in diesem Stadium überstehen.


  • Über Nacht konnte die Verleimung trocknen, jetzt kommt die Rückwand dran.

    Hier erstmal eine Detail von oben auf den Kern. Man sieht wie er um das Maß der Kernspalte zurückgesetzt ist. Leider auch unten, was noch mit einem Furnierstreifen geschlossen werden muss:


  • Blindkern ist eingesetzt und wird mit Zwingen oben und unten fixiert. Vorderseite der Pfeife liegt vollflächig auf der Arbeitsplatte. Bereit zum Abrichten der hinteren Seitenwände. Also gerade, rechtwinklig und auf richtige (innere) Pfeifentiefe gebracht.

  • Bereit zum Verleimen. Unter dem Blindkern liegen kleine Klötzchen, um ihn ungefähr in der Mitte zu halten. Die kleinen Zwingen werden bis auf die erste und (hier noch nicht zu sehen die letzte, sie von oben her angesetzt werden kann) erst nach dem Auflegen des Rückens befestigt, weil diesen sonst unter ihnen durchfädeln müsste, was mit dem Leim eine Sauerei gibt. Auch die erste Zwinge könnte natürlich wie beim Hobeln von unten kommen, dann müsste man das kurze Stück auch nicht einfädeln, aber ich brauch die großen Zwingen gleich alle...


  • Die Rückwand ist mit Leim eingeschmiert. Dazu nehme ich einen Haushaltshandschuh, weil der chemisch verflüssigte Hautleim für die Haut nicht gut ist. Der Handschuh kann nach dem Verleimen sofort abgewaschen werden, denn diese Art Leim ist wasserlöslich. (Auch hinterher, aber eine Orgel sollte ja eh nicht nass werden 😄)


  • Keine Zwischenbilder weil es beim Verleimen schnell gehen muss. Alle Zwingen sitzen. Die kleinen waagrechten pressen die Seiten an den Blindkern, die großen pressen die Rückwand drauf. Leider hat sich das Brettchen für den Rücken nach dem Sägen noch etwas geworfen. Offenbar stand das Holz im Stamm unter Spannung. So wurde es in der Mitte auf der rechten Seite etwas knapp und oben und unten auf der Linken. Hätte ich die Rückwand gleich auf Maß gesägt, könnte ich sie jetzt entsorgen...



    Das schöne am Heimorgelbau: Man hat keinen Zeitdruck und genügend zu tun, während das Ganze trocknet. Bei diesem Leim dauert es eine kanppe Stunde, bis man die Zwingen lösen und weitermachen kann. Nach 24 Stunden hat er seine volle Festigkeit, aber ich belaste die Verleimungen bei der weiteren Verarbeitung ja nicht so, dass das entscheidend wäre. Wenn ich viel sonst zu tun habe, kann das Aufleimen einer Rückwand aber auch das Einzige orgelbauliche sein, was ich an einem Tag mal zwischendurch kurz erledige...

  • Nun ist der Deckel der Pfeife dran und dabei natürlich vor allem die Ausarbeitung des Labiums. Die Werte für Labiumhöhe (1,5 x Aufschnitt) und Zulage beim Hobeln berechnet mir ein antiker Laptop aus den 80er, den ich dahingehend programmiert habe. Der Aufschnitt ist natürlich je nach Pfeife verschieden und wird von mir aus der Mensurliste eingegeben. Auch die Stärke der Decke (hier sollte es eigentlich 5mm sein) variiert durch das händische Hobeln minimal und wird Richtung diskant auch geringer (bis 2,5mm in der dreigestrichenen Oktave). Die Zulage, welche die Schräge des Labiums für den Simsobel definiert, ist normalerweise die gleiche. Wert 2 ist diskutabel, ich kenne Orgelbauer, die einfach Breite gleich Höhe beim Labium nehmen. Die Originalpfeifen einer barocken Truhe welche ich am Anfang kopiert habe, hatten dagegen extrem geringe Labienhöhen, daher habe ich mich im Laufe des Baus auf das eineinhalbfache des Aufschnitts festgelegt.


  • Hinten mit dem Streichmaß angerissen und mit Blei in der Kerbe nachgefahren. Bei kleinen Pfeifen hatte das Rundmesser des Streichmaßes schon einen ausreichen tiefen Schnitt ins Holz gemacht. Jetzt ist es auch nicht mehr so scharf wie am Anfang und das Ersatzmesser war leider auch nicht so scharf wie das Original.

  • Jetzt werden vorne die Seiten mit einer feinen Japansäge schräg eingesägt. Ich arbeite dabei auf dem Tisch einer Minibandsäge, weil es praktisch und gut ausgeleuchtet ist. Der Rasierspiegel darunter ermöglicht mir, während des Sägens auch die Unterseite des Deckels im Blick zu haben, denn man darf natürlich keinesfalls über den Strich der Labiumkante hinaus sägen!

  • Keine Ursache, war ja nicht nur für dich; ich dachte schon länger mal eine Fotoserie vom Pfeifenbau online zu stellen. Hab mich jetzt mal dran gemacht, als ich gemerkt habe, wie umständlich das ist so zu beschreiben, dass man es sich vorstellen kann. Ein paar Bilder sind da viel klarer. Bin auch gespannt, ob es Kritik oder Verbesserungsvorschläge aus der Community gibt.

    Jetzt kommen auch noch die Bilder vom "Schnitzen" des Labiums und dem Aufleimen des Deckels:

  • Zuerst wird das Labium mit dem Stechbeitel grob abgestochen bis vielleicht einen mm über der endgültigen Fläche. Bei den kleinen Pfeifen habe ich alles mit dem Stechbeitel gemacht, aber das ist bei diesen Breiten schwer wirklich, exakt und ohne "Längsrillen" von der Stechbeitelkante hinzubekommen.