Pedalspiel

  • Liebe Orgelfreunde



    Endlich ist das Pedalwerklein meines Positivs spielbar und eine provisorische Orgelbank ist auch zusammengezimmert. Nun möchte ich natürlich spielen. Ich habe aber keine Ahnung vom Pedalspiel. Deshalb bin ich auf der Suche nach einer Anleitung für Anfänger, habe aber bis jetzt nichts entsprechendes gefunden. Was empfehlt Ihr mir?



    Herzliche Grüsse

    Thomas

  • Hallo Thomas,



    ich habe mit der Kaller Orgelschule Pedalspiel gelernt:



    http://www.thomann.de/de/schott_kaller_orgelschule_1.htm



    Es gibt bestimmt auch dutzend andere Orgelschulen, die Pedalspielgrundlagen vermitteln.



    Was vielleicht am Anfang noch wichtig ist: Gute Organisten fragen, wie die Haltung am besten ist. Am Anfang sollte man versuchen, die Knie zusammenzuhalten und nicht zu breitbeinig zu sitzen, um ein Gefühl für den Abstand der Tasten zu bekommen und nicht dauernd danebenzutreten. Und dann eben üben: Hacke, Spitze (je nachdem was das Pedal zulässt) und für den Anfang am besten Literatur/Orgelschule in der Fußsätze (Hacke, Spitze) notiert sind, denn daran lernt man auch viel bevor man sich sein eigenes, womöglich nicht ideales, System entwickelt.



    Gruß



    Jens

  • Hallo Thomas,



    ich finde es sehr gut, was Jens geschrieben hat. Zwei zusätzliche Ideen vielleicht noch: Man sollte vermeiden, auf der Orgelbank hin und her zu „robben", um die hohen oder tiefen Lagen im Pedal zu erreichen. Wenn möglich sollte dies über eine Drehung um die Körpermitte erfolgen. Ferner sollte der Impuls zur Auslösung eines Tons über eine präzise Bewegung des Sprunggelenks und nicht mit der Oberschenkelmuskulatur erfolgen. Das hört sich vielleicht erst mal alles etwas zwanghaft an, sollte aber sehr locker und unbeschwert ausgeführt werden, mit dem Ziel, das Manualspiel zu unterstützen und nicht durch unnötige Bewegungen zu behindern. Ich denke, Pedaltechnik oder ein Pedalsatz ist noch viel persönlicher als ein Fingersatz. Er hängt alles sehr stark von Größe, Beweglichkeit, Gleichgewichtssinn und natürlich von den Pedalmaßen historischer Orgeln ab, die jenseits von BDO-Normen erbaut wurden. Ich würde raten, vorwiegend darauf zu achten, was der Körper als angenehm und wohltuend empfindet. Ferner ist auch die Frage wichtig, welcher Lerntyp man ist: Manche Spieler sehnen sich nach klaren Anweisungen, andere kommen über ausprobieren zu hervorragenden Ergebnissen. Ich selbst hatte mir das Pedalspiel als jugendlicher im Selbststudium beigebracht. Auf Meisterkursen viel später wurde nie etwas daran kritisiert. Daher würde ich empfehlen ruhig ein bisschen zu probieren und ggf. eine Kontrolle vom „Organisten des Vertrauens" vornehmen lassen!



    Viel Spaß und Erfolg beim Pedalspiel!



    Günther


  • Weder bin ich hauptamtlicher Organist, noch habe ich an Meisterkursen teilgenommen, dennoch wage ich es als gewöhnlicher Sonntags-Orgler, hier meine Erfahrung im Pedalspiel einzubringen, nämlich jene, daß es mir geradezu unumgänglich erscheint, mehr oder weniger schwungvoll auf der Orgelbank hin- und herzurutschen, um mit beiden Füßen möglichst senkrecht auf die Tasten treten zu können, wenn in der anspruchsvollen Literatur entsprechend Baßtöne gefordert werden, deren Tasten deutlich außerhalb der mittigen Sitzposition zu suchen sind. Freilich wird man beispielsweise bei der Choralbegleitung den zwischendurch einmal notierten tiefen Baßton, seltener einen Ton in der oberen Hälfte der kleinen Oktav, mit einem gezielten Tritt erzielen, ohne dazu die Sitzposition zu verändern, wenn darnach es gleich wieder mit den Tönen im mittleren Pedalbereich weitergeht, und somit sind diese Überlegungen für den Beginn des Pedalspiels ohnehin noch nicht bedeutsam. Interessant finde ich die Tatsache, daß bei ganz neuen Orgeln jetzt wieder vermehrt parallele Tasten gebaut werden, wie sie etwa bis vor 50 Jahren üblich waren; mit diesen nicht gespreizten Tasten haben wir überall die gleichen Abstände, in den Randlagen genauso wie in der Mitte, somit gelingt mir die "künstliche Applikation", der Wechsel von Absatz und Spitze, aber auch das Hinüberschwippen eines Fußes von einem Ton zum benachbarten nächsten wesentlich leichter als bei der gut gemeinten gespreizten Tastenanordnung. Bis vor etwa 100 Jahren waren die Verhältnisse noch geradliniger: Bis dahin wurde nicht einmal die radiale Schweifung der Höhe nach gebaut, vielmehr lagen alle Tasten parallel auf einer Ebene wie auf einem breiten Brett; da gab es zum "Rutschen" gar keine Alternative, noch eine Spur härter sind dann die wirklich "historischen" Orgeln, deren Pedaltasten meist weiter auseinanderlagen, denn wenn auch der gesamte Umfang häufig nur zwei Oktaven umfaßte, mußte man ständig "den Hintern heben", um die extremen Töne zu erheischen, mit dem Problem, dann gewaltige Verrenkungen durchzuführen, um mit den Händen die Manualtasten zu bedienen, wenn die Baßlage nicht einigermaßen mit der Diskantlage im Manual übereinstimmt...



    Frohes Üben wünscht

    Wolfgang, der Vertreter.

  • Die Vorstellungen einer körperlich gesunden und künstlerisch förderlichen Spieltechnik variieren in gewissem Maße. Davon kann jeder berichten, der im Laufe eines Musikstudiums infolge von Lehrerwechseln technische Grundlagen neu- oder umlernen musste. Flötisten, Pianisten und sicher auch einige Organisten können ein Lied davon singen. Bei allen Unterschieden in Details sollte ein gemeinsamer Grundzug von professionellen Spieltechniken (bzw. deren Beurteilungskriterium) ein ökonomischer, d.h. sparsamer und wohldosierter Bewegungsablauf sein. Insofern ist ein Pedalspiel aus mittiger Sitzposition das Ideal, wovon möglichst wenig abzuweichen ist. Je beweglicher man im Laufe des Übens nach diesem Maßstab in den Bein- und Fußgelenken wird, desto mehr wird Herumgerutsche (Verzeihung: Herumgehampel) überflüssig. Interessant und aufschlussreich könnte sein, auf dem weiten Feld von Youtube-Einspielungen die Spielweise von bekannten Konzertgrößen mit der von Gelegenheitsorgelspielern zu vergleichen. Natürlich bewegt sich nicht jeder im professionellen Bereich und muss auch nicht solchen Ansprüchen genügen. Aber sich über die Richtung des eigenen Übens und Bemühens klar zu werden, könnte sich als nützlich erweisen.

  • "Aktuell" ist dieses Thema wohl immer, lieber Jens, und ich finde es wirklich interessant, daß sich hier ein junger Kollege die Mühe machte, das Pedalspiel ausführlich in einem Film zu veröffentlichen; indes konnte er mich nicht überzeugen. Nun möchte ich allerdings keinesfalls den Musicus Thomas und auch sonst niemanden verunsichern, wenn ich bei meinem Stil des Hin- und Herrückens auf der Bank bleibe: Der junge Kollege im Film bemängelt, daß er an seiner Orgel nicht die radiale Pedalklaviatur vorfindet, wie sie in Frankreich oder Amerika üblich seien, wo es ausreichend erscheint, wenn der Spieler auf einem Sessel säße, von welchem aus er halbkreisförmig alle Pedaltasten um sich herum zu seinen Füßen liegend vorfände.

    Da die Anordnung in unserem Herrmannsland jedoch für gewöhnlich anders ist, als die Tasten manchmal zwar leicht gespreizt auseinander streben, häufig aber streng parallel daliegen, sehe ich mich, gewandte hüftkreisende Kollegen mögen das anders empfinden, geradezu gezwungen, zumindest ein bißchen hinaufzurutschen, um die extremen Tasten, sagen wir einmal so ab dem c1 zu erwischen; gestern versuchte ich Bachs Präludium in D-Dur, das mit der D-Dur-Tonleiter gleich am Anfang, im "Mittig-Still-Sitzen" zu absolvieren, ich mußte es aufgeben, um mich nicht ständig zu vertreten, wenn dann in der Mitte des Stückes die höchsten Pedaltöne verlangt werden, ich glaube, es ist das BWV 532.

    Freilich muß ich nicht ganz neidlos anerkennen, wenn ich auf "Youtube" die flinken Füße der Künstler wahrnehme, die geradezu schwerelos über die Tasten flitzen...



    Wolfgang.

  • Ich glaube, dass wir Thomas mit unserer Diskussion nicht verunsichern. Vermutlich geben wir bereits Antworten, die er wohl derzeit (noch) nicht als Frage empfindet. Aber es schadet ja nichts, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits Ausblicke aufgezeigt werden!

    Sogar sehr passend zu unserem Thema finde ich den Hinweis zu einem Video im Netz von Jens! Mir ist Ludwig Martin Jetschke alias „Lingualpfeife“ schon öfters virtuell begegnet. Auf eine irgendwie erfrischende Art, mal ganz improvisiert und auch gelegentlich ein wenig hemdsärmelig führt er die Besonderheiten so mancher Orgel vor. Bei seiner Videoserie zum Pedalspiel geht er didaktisch sehr klug vor: Er zeigt schön die Grundlagen, weist im späteren Verlauf auf ganz spezielle technische Lösungsmöglichkeiten hin. Da kann jeder sich etwas abschauen, vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen. Zudem hat er die technische und musikalische Fähigkeit, so manche klangliche Wirkung eindrucksvoll demonstrieren zu können. Ich halte diese Serie für absolut sehenswert. Natürlich gilt nach wie vor für mich auch alles oben Gesagte. Besonders Pepe drückt dies ganz klar aus, wenn er schreibt: „Aber sich über die Richtung des eigenen Übens und Bemühens klar zu werden, könnte sich als nützlich erweisen“. Daher halte ich diese Videoserie für einen guten Leitfaden. Andererseits: Wer möchte denn wirklich Wolfgangs Rutschtechnik in Frage stellen, wenn es ihn technisch und musikalisch überzeugt?







    Ich wünsche allen ein ergiebiges Weiterüben







    Günther (der sehr gerne auch mal vertritt) ;-)


  • Liebe Orgelfreunde



    Herzliche Dank für das vielfältige Feedback. Das Thema scheint auch unter den Könnern noch diskussionswürdig zu sein. Meinerseits bin ich froh, wenn ich dereinst eine einfache Basslinie realisieren kann.



    Die Tatsache, dass das Pedalklavier in voller Länge aus dem Gehäuse ragt und das Manual nicht vorgezogen ist, macht die Sache natürlich nicht einfacher, aber dessen war ich mir bereits bewusst, als ich das Pedal plante. Die Arme sind halt immer etwas zu kurz und die Beine etwas zu lang. Auch lässt sich definitiv nur mit den Fussspitzen spielen.



    Die eine Oktave Umfang genügt meinen bescheidenen Ansprüchen voll und ganz; immerhin wird so das Hin- und Herrutschen auf der Bank nie ein Thema sein .



    Momentan bin ich allerdings mitten in den Fassarbeiten und der Grossteil des Innenlebens des Örgelchens ist deshalb ausgebaut. Für das nächste Halbjahr werde ich mich mit einer Miditastatur (ohne Pedal) und der Gratisversion von «Hauptwerk» auf dem Rechner begnügen müssen...



    Herzliche Grüsse

    Thomas