Transponiereinrichtung

  • Hallo!



    Habe folgende Frage: Weiß jemand wie so einen Transponiereinrichtung funktioniert oder hat vielleicht jemand eine Zeichnung? In Truhenorgeln wird so etwas häufig gebaut um das ganze Werk einen Halbton oder so höher stimmen zu können, aber auch die Bachorgel in der Thomaskirch ein Leipzig hat so eine Transponiereinrichtung.



    Viele Grüße,



    Raphael Knoop

  • Hallo Raphael,



    Transponiereinrichtungen kenne ich so: man benötigt eine Mechanik, die auf Druck (nicht auf Zug) belastet wird, also typischerweise eine Stechermechanik! Dann macht man zwischen Tasten und Abstrakten, genauer den Stechern, keine feste Verbindung, sondern läßt einen sehr kleiner Spalt, so dass durch Verschieben der kompletten Tastatur um einen Halbton einfach andere Stecher gedrückt werden.

    Ob überhaupt eine baubare Lösung bei gezogenen Abstrakten existiert, kann ich nicht sagen. Mit groß genugem Aufwand kann man natürlich immer eine Art Koppel bauen, die um einen Halbton versetzt agiert. Ob Leipzig so gebaut wurde?



    Viele Grüße

    Uli

  • In Leipzig wurde in der Tat eine Art Koppel gebaut, wie man auf der Homepage von Woehl nachlesen kann, dazu gibt es aber keine näheren Details.

    Bei den meisten Truhenorgeln wird aber vermutlich einen zusätzlichen Registerzug betätigt um die Transponiervorrichtung zu aktivieren, die Tastatur wird nicht verschoben, jedenfalls sieht das auf den meisten Bildern so aus, weil einfach kein Platz ist, die Tastatur nach links ode rechts zu verschieben.



    Gruß,



    Raphael Knoop

  • Hallo Raphael,



    hier bei mir stehen zwei transponierbare Instrumente, ein Spinett und eine Truhe. Bei beiden existiert ein Holzklötzchen in der Breite der notwendigen Verschiebung (ca. 13mm), das zum Verschieben herausgenommen und nach dem Verschieben auf der anderen Seite wieder eingesetzt wird. Transponiereinrichtungen mit Registerzug kenne ich nicht. Zur Veranschaulichung noch zwei Bilder von den Klötzchen, die bei Truhe und Spinett die Tastatur am Platz halten und zum Transponieren herausgenommen udn auf der anderen Seite eingesetzt werden:











    Schöne Grüße

    Uli

  • Hallo Raphael,



    ich habe selber noch keine Transponiereinrichtung gesehen, aber bei Truhenorgeln kann ich mir folgendes vorstellen: Meist befindet sich die Windlade am Boden und wird mittels langen Stechern gespielt. Wenn man nun die obere Stecherführung seitlich bewegbar gestaltet, so könnte man auch eine Transponiereinrichtung mit Registerzug bauen. Die Änderung des Angriffswinkel bei langen Stechern dürfte ja minimal sein, somit dürften keine Probleme auftreten.

  • Hallo zusammen!



    Ich habe vor einiger Zeit eine Truhenorgel mit Stechermechanik gebaut. Alle Stecher wurden durch einen Rechen geführt, der nach links und rechts verschiebbar war. So wurde dadurch die komplette Stechermechanik am oberen Ende (unter den Tasten) eine Taste nach links oder rechts verschoben. Die Truhe war also transponierbar. Der Rechen wurde durch einen verschiebbaren Registerknopf verschoben.



    viele Grüße und gutes Gelingen!

    Oliver Frensch

  • Hallo Orgelbaufans,



    ich kann mir noch eine weitere Variante vorstellen: die Klaviatur ist zweiarmig und betaetigt weitere zweiarmige Hebel. Hinten heben die Tasten der ersten Klaviatur eine weitere "Klaviatur", die dann Stecher zur darunter liegenden Windlade betaetigt. Auch sind Abstrakten zu einer darueberliegenden Windlade moeglich.



    Durch seitliches Verschieben der ersten Klaviatur kann transponiert werden.



    Ein weiteres feature dieser Anordnung ist: durch Hineinschieben der ersten Klaviatur koennen die Transportabmessungen sehr verkleinert werden! Manchmal kommt es auf jeden Zentimeter an ;-)



    Viele Gruesse

    Thomas Reinhardt

  • Hallo Thomas!



    Ich habe einmal einen Versuch gemacht, eine zweiarmige Klaviatur, die als Seitenspieltisch angebracht war und über Stecher waagerecht liegende Winkel betätigte, die dann auf einen waagerecht liegenden Wellenrahmen wirkten, so umzubauen, daß ich mit der alten Klaviatur tiefer ins Gehäuse komme.

    Zwei weitere zweiarmige Hebel habe ich darüber konstruiert.

    Theoretisch hat das alles super funktioniert.

    In der Praxis und einen Monat später stellte ich dann fest, daß das Ganze garnicht so einfach ist. Die Hebel müssen sehr sauber geführt sein, die wirkenden Kräfte sind sehr schwer berechenbar und ich habe diesen Weg dann verlassen.

    Ein weiteres Ziel sollte die Transponierbarkeit sein, die ohne weiteres durch das Verschieben der zweiten Wippenanordnung möglich gewesen wäre.

    Enttäuscht habe ich mich dann entschlossen, eine armige Klaviatur einzubauen (Armlänge ca. 75cm), den waagerechten Winkelbalken zu drehen und dann, anstatt wie vorher über Drücken, nun über Ziehen die Winkel zu betätigen. Diese Anordnung wirkt sehr gut und erlaubt ein sehr gutes Spielgefühl. Vorteil ist natürlich dabei der (halbe) Effekt einer hängenden Traktur.

    Die Transponierbarkeit habe ich aufgegeben, da diese Orgel historisch ist und modifiziert mitteltönig gestimmt ist.

    Möglich wäre dies aber trotzdem über ein Ein- und Auskoppeln der Stecher (oder sollte ich besser sagen: der "Zieher"), und, vorausgesetzt, sie sind in einem Führungsrechen, ein Verschieben desselben.



    Nebenbei möchte ich ein (vielleicht strafbares) Credo aufstellen:

    Einarmige Trakturen lassen sich ohnehin schöner spielen als zweiarmige...



    Beste Grüße aus dem Land der Stumm-Orgeln



    Andreas Keber

  • Hallo Andreas,



    "Einarmige Trakturen lassen sich ohnehin schöner spielen als zweiarmige..." - das kann ich (noch) nicht bestaetigen. Opus 2 ist noch im Bau. Aber bei meinem Opus 1 ist die einarmige Traktur mit (Zug-)Abstrakten sehr gut spielbar. Ich schaetze die direkte Verbindung und voellige Kontrolle der Ventile der einarmigen Traktur. Siehe auch: http://www.gdo.de/hausorgel/or…inhardt/reinhardt_op1.htm



    Dein Credo kann ich in sofern bestaetigen. Zusaetzlich sollten die Zugkraefte nicht ueber Seile verlaufen (ganz schlimm: waagrecht angeordnete Seile). Da ist Holz immer noch besser. Ausserdem verbanne ich Filz oder andere Materialien in der Traktur und lasse sie lieber etwas klappern. Ansonsten muss immer erst Druck aufgebaut werden, damit die Kraft weitergegeben wird und das macht die Traktur unangenehm schwammig weich.



    Bei der Planung einer Orgel ist das Thema Trakturverlauf und Hebelverhaeltnisse ein wichtiger Punkt. In der Regel merkt man leider erst spaet beim Bau, was man gebaut hat. Da kann Winston Churchill noch so recht haben mit seinem Spruch: "Es ist von grossem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht fruehzeitig zu machen."



    Viele Gruesse

    Thomas Reinhardt