Pedal fürs Clavichord

  • Hallo,



    wie bereits im Thread "Kleines Truhen-Pedalwerk" angekündigt, habe ich ein neues Projekt gestartet: Ein angehängtes Pedal für mein Clavichord. Nach langer Überlegung kam ich zu diesem Entschluss. Meine Hausorgel ist zu einem großen Projekt mutiert, das ich erst fertigstellen kann wenn ich wieder eine Werkstatt in der Nähe habe und wenn es die familiäre Situation es zulässt. Momentan muss ich mich da sehr zurückhalten. Das Clavichord besitze ich schon und es hat mir wunderbar geholfen beim Orgel üben, denn es verzeiht keinen Fehler und man lernt richtige Anschlagstechnik dabei. Dazu kommt, dass es so leise ist, dass ich sogar spielen kann während meine Tochter im gleichen Raum schläft und sie nicht wach dabei wird. Also: Wunderbar wohnzimmergeeignet.



    Das Thema Clavichord passt hier wohl nicht so ganz rein in "Hausorgelbau", aber immerhin war das ja jahrhundertelang ein adäquates Übungsinstrument für Organisten. Es gab sogar welche mit 2 Manualen und Pedal, wie die von Gerstenberg gebauten (Beispiel: siehe hier http://dickverwolf.nl/pedaalcl…en_dick%20verwolf_nl.html.



    Vielleicht interessiert den einen oder anderen das Projekt, daher stelle ich es hier ein.



    Am Wochenende habe ich das Clavichord teilweise zerlegt und Löcher und Führungen für eine Stechermechanik zur Kopplung gebohrt. Die Bilder hierzu kommen heute Abend noch. Als Pedalklaviatur kommt das Pedal zum Einsatz, das ich hier schon mal im Forum gezeit habe (Restaurierung). Es passt farblich zufällig gut zum Clavichord, daher kann ich es einfach so übernehmen. Den Schrank, auf dem das Clavichord stehen wird, muss ich noch bauen, aber der Aufwand ist absehbar. Die Beine werden vom Clavichord hierzu abgeschraubt; sie sind nur mit einem Holzgewinde fixiert. Hier schon mal eine Vorabzeichnung und ein Bild des Instrumentes, wie es bis jetzt aussieht. Die Seitenwände werden wohl nicht durchgehend sein sondern in der Mitte vertikal unterbrochen, so dass etwas mehr Licht auf die Pedaltasten fällt.



    Ich werde den Baufortschritt hier weiter berichten. Kommentare sind gerne willkommen.











    Gruß



    Jens

  • So, hier wie versprochen noch Bilder des Clavichord-Umbaus. Ich habe die ersten 27 Tasten ausgebaut und die Saiten ausgehängt. Im hinteren Bereich der Tasten, kurz vor den Tangenten, die die Saiten anschlagen, habe ich eine Holzleise mit senkrechten Bohrungen eingeleimt. Die Bohrungen habe ich vorher mit einer Ständerbohrmaschine möglichst exakt sekrecht gemacht. Dann nach dem Einleimen durch den Boden des Instruments gebohrt. Der ist ziemlich massiv, ca. 4 cm dick weil er die Saitenspannung zu einem Großteil abfangen muss. Zum Glück ist alles gut gegangen; das Instrument wurde nicht beschädigt und die Bohrungen bis auf einen der minimal aus der Reihe tanzt exakt sekrecht und auch auf der Bodenunterseite in einer Reihe. Der Angriff der Stecher ist nicht 100% optimal da ganz hinten an der Taste es nicht möglich war (da ist der Auflagefilz und Schrauben), aber ein Test mit einem Stecher hat ergeben dass die Taste nicht hüpft, funktioniert also.



    Als weiteres folgt die Fertigstellung des "Spieltisches" wenn man das so nennen kann ;-). Der Abzug wird mittels federgespanntem Faden erfolgen, der über je 2 Umlenkrollen eine Wippe auf der Tischunterseite zieht, welche wiederum Stecher nach oben zu den Tasten drückt. Alle Stellen werden regulierbar und zugänglich sein, da Clavichorde recht empfindlich sind was Anschlag angeht und der Tastentiefgang recht gering ist.











    Gruß und schönen Abend



    Jens

  • Hallo,



    ich habe das Modell etwas überarbeitet. Ich habe das Clavichord ca. 6cm höher gesetzt als es die BDO-Norm vorgibt, da ja unter dem Clavichord nicht so viel Beinfreiheit ist als wenn da ein normales Orgelmanual ist (Tastenoberkante Clavichord bis Tischunterkante: 134mm). Außerdem habe ich die Seitenbretter des Tisches durchbrochen gestaltet, damit mehr Licht auf das Pedal fällt und der Tisch "leichter" wirkt. Wie findet Ihr diese Lösung? Habt ihr Erfahrungen mit Beinfreiheit/BDO-Norm und derartigen Problemen?







    Gruß



    Jens

  • Hallo Jens, vor allem fällt mir an dem Modell auf, dass der Spieler - bei der wohl üblichen auf der Bank mittigen Sitzposition- die Manualtastur zu weit links liegt.

    Gruß

    Pepe

  • Hallo Pepe,



    das passt schon. Das Clavichord geht nur von C-d''', also nicht bis f''' oder g''', daher ist es etwas links. Auch die Perspektive lässt es sehr weit links erscheinen.



    Ich wollte eben beim Pedal c0 unter dem Clavichord-c' haben, damit ich mich nicht umgewöhnen muss wenn ich an ein anderes Instrument gehe. So Dinge wie d0 unter d' passen mir nicht so ganz.



    Aber Gratulation: Gutes Augenmaß!



    Gruß



    Jens

  • Hallo,



    das Projekt ist vorangeschritten. Inzwischen sind alle Gehäuseteile vorbereitet, gesägt und geschliffen. Auch eine Orgelbank gibt's dazu Es wird also bald neue Bilder in diesem Thread geben.



    Wünsche Euch ein gutes neues Jahr 2014!



    Gruß



    Jens

  • So, es geht endlich weiter ;-)



    Die Gehäuseteile sind vorbereitet, es folgt der Zusammenbau. Als erstes habe ich die Pedalabzüge fertiggestellt. Hier das Pedal:







    Jeder Abzug am Tastenende besteht aus 20x20 Eichenholzleiste plus einem Stück Buche-Halbrundstange (beides aus dem Baumarkt), mit Liegelindtuch bezogen. Gelagert wird der Abzug duch ein Scharnier, das ebenfalls 20mm breit ist. Diese waren im Baumarkt nicht zu bekommen, also habe ich online welche bestellt. Beim Lagerungspunkt des Scharniers gibt es eine 45°-Schräge im Holz um Platz für das Scharnier zu bekommen plus eine kleine Filzauflage damit der Abzug nicht am Befestigungspunkt klappern kann. Dort, wo die offene Öse/Haken ist, wird später das Abzugseil angebracht:







    Die Abzüge werden mit Federn oben gehalten:







    Das brachte ein kleines Problem mit sich, an das ich erst nicht gedacht hatte: Wenn man die Pedaltaste schnell loslässt, gerät die Feder in Schwingung (ein Ton ähnlich einem tiefen "Beeeeaaaauuuung"), da sie sich wie eine angeregte Saite verhält. Daher habe ich mich vom Clavichord inspirieren lassen: Wenn was schwingt, wo es nicht soll, Filzstreifen rein!. Und tatsächlich: Das dämpft so viel dass man es nicht mehr hört:







    Und so sieht es mit eingeschobenem Pedal aus:







    Weitere Bilder folgen in Kürze.



    Gruß



    Jens


  • Sieht gut aus!

    Sollten die Filzstreifen mal durchgenudelt sein, kannst Du auch einzelne Filzstreifen in die Federn einziehen, das hilft auch.

    Grüße



    Josef

  • Das nächste Teil ist fertig: Die Orgelbank. Sie ist aus 18mm Eiche stabverleimt und geölt gefertigt. Da 18 mm nicht gerade viel sind, befinden sich unter der Sitzfläche und unter der Fußabstellleiste Versteifungsleisten zur Erhöhung der Stabilität. Auf der Hinterseite zwischen den Füßen ist ein Brett mit 18x100 Querschnitt (auf dem Bild hier nicht sichtbar) gegen seitliches Kippeln und zum Übertragen der Last von der Sitzfläche auf die Füße. Die Bank ist komplett zerlegbar, vier lange Holzschrauben 5x70 und einige 3,5x35-Schrauben halten sie zusammen. Mich hält die Bank locker aus; zu zweit wirds etwas wackelig. Dafür ist die Bank aber schön leicht im Gegensatz zu normalen Orgelbänken.



    Schönes Wochenende Euch allen!



  • Hallo,



    das nächste Teil ist fertig: Die Rückwand, die als eine Art "Wellenbrett" fungiert. Ein wirkliches Wellenbrett ist es nicht; die Mechanik geht über Seilzug. Das Seil läuft je Ton über zwei Messingrollen aus dem Modellbauzubehör. Jede Rolle ist mit einem 2er Nagel fixiert; die Löcher der Rollen habe ich dazu von 2mm auf 2,2mm aufgebohrt. Schraubösen halten das Seil jeweils knapp vor der Rolle in Position so dass es nicht von der Rolle springen kann. An den Stellen, wo das Seil zwischen den Rollen eine lange Strecke überwinden muss (vor allem bei den höheren Tönen im Pedal), sind außerdem noch zusätzliche Ösen zur Führug angebracht, damit das Seil dort nicht flattern kann.



    Als nächstes kommt noch die obere Platte mit den Wippen, dann heißt es Einregulieren und die Sache wäre fertig.



    Wünsche Euch einen guten Start in die neue Woche



    Jens















  • Hallo,



    was ich noch vergessen habe zu schreiben: Das Abdeckbrett über der Pedalklaviatur/unter der Rückwand hat Nuten, die nach hinten auslaufen. Somit kann man alle Seile einhängen und einregulieren und nachträglich das Abdeckbrett einsetzen ohne alles wieder aushängen zu müssen. Ziel war ja ein möglichst einfach zusammen-/auseinanderbaubarer Aufbau.

  • Zu Deinem Baufortschritt möchte ich Dir, lieber Jens, herzlich gratulieren! Das Clavichord mit Pedal wird sicherlich ein gutes Übungsinstrument sein für das Orgelspiel, wenngleich selbstverständlich die klangliche Entfaltung der Instrumente gänzlich unterschiedlich ist.



    Die schwarze Farbe der Pedaltasten habe ich früher schon einmal kritisiert, es sollte jedenfalls sichergestellt sein, daß der rasche Blick nach unten dem Spieler sofort die Zuordnung zu dem gewünschten Ton ermöglicht. Nun erscheint mir die "geölte" Sitzbank fragwürdig, wahrscheinlich liegt das daran, daß ich damit keine Erfahrung habe. Meine Bank habe ich ganz umweltschädlich mit Nitro-Lack eingelassen, damit die Oberfläche hart und polierbar wurde. Auf diese Weise erhielt ich eine sehr glatte Sitzfläche, auf welcher man leicht hin- und herrutschen kann, um die entlegenen Randtasten besser zu erreichen.



    Die Sache mit den Schnüren finde ich gut gelöst; auch meine Pedaltasten habe ich einfach mit Schnüren an die Abzugsdrähte gebunden, es gab über die Jahre keinen einzigen Abriß. Somit bleibt mir, für die vielen Photographien zu danken, welche es uns erlauben, an der Freude des Bauens bildhaft Anteil zu haben!

    Alles Gute,

    Wolfgang.

  • Hallo Wolfgang,



    zum Thema ölen: Einfach mal probieren! Ich benutze gerne das "Hartöl" von Clou; bei Toom bekommt man es (bei OBI hab ich es noch nicht gefunden). Das Öl trocknet sehr hart auf und kann auch als Bodenveredelung genutzt werden, quasi wie ein Nitrolack. Es ist sogar lebensmittelecht (Man kann sogar Kinderspielzeug damit behandeln) und wasserabweisend. Es dringt tiefer ins Holz ein als ein Lack, und sollte es mal Abschürfungen/Macken geben, kann man einfach und schnell nachbessern. Die Maßerung wird auch etwas besser betont. Das ist alles Geschmackssache, aber ich mag ölen inzwischen eben sehr gern.



    Gruß



    Jens

  • Hallo Jens, das sieht wirklich gut aus!

    Eine kleine Anmerkung sei mir erlaubt:

    Die Platte, auf der die Mechanik montiert ist, auch wenn es Leimholz ist, möglicherweise anfällig für Veränderung bei unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit. (Sommer - Winter)

    Da wäre es sinnvoll die Platte in 10-15cm breite Streifen zu teilen und die Streifen mit eingelassenen Gratleisten untereinander (mit Dehnungsfugen) zu verbinden.

    Dann arbeitet das Holz in der Höhe nur im Bereich der jeweils einzelnen Streifen. Auf die gesamte Höhe kann das, so wie es jetzt ist, im Extremfall schon mal 0,5 bis 1cm ausmachen, was für eine dauerhafte Regulierung nicht von Vorteil sein kann.

    Wie und wo befestigst Du den Wippenbalken?



    Grüße



    Josef

  • Hallo Josef,



    der Wippenbalken kommt unter die Platte, auf der das Clavichord steht. Er ist so angebracht, dass das Arbeiten der Platte kompensiert wird (der Abzug ist direkt an der Rückwand, der Punkt wo die Stecher einsetzen etwa in der Plattenmitte. Wird die Platte arbeiten, so ändert sich zwar der Lagerpunkt vertikal, aber durch die Hebelgesetze [da das hintere Ende durch den Faden festgehalten wird] arbeiten die Wippen sozusagen mit der Platte).



    Die Wippen und der Balken sind gerade im Bau, da kommen auch bald Bilder. Ich musste etwas experimentieren; die Frage war: Wie befestige ich den Faden? Ich will es ja leicht regulierbar haben... Die Lösung (eine von möglicherweise vielen) lag in einer M3-Schraube mit Innensechskant knapp vor dem Ende der Wippe. Der Faden geht durch ein kleines Loch am Ende der Wippe und ist dann auf die M3-Schraube aufgewickelt. An der M3-Schraube wird er festgeklemmt, indem die Schraube am Ende eingefeilt wird (zu etwa 50% des Durchmessers), dann der Faden in die freigefeilte Stelle gelegt wird, dann Mutter drauf. Erst wollte ich die Schraube mit 2mm durchbohren und den Faden dort einfädeln, das war aber kaum möglich da zu eng. Noch größer bohren geht nicht, dann ist die Schraube kaputt. M4 war mir zu klobig da die Wippen nur 5mm breit sind. Grobe Regulierung: Man muss erst der Faden durch die M3-Mutter ziehen, dann Mutter auf die Schraube (am Ende wo sie eingefeilt ist), dann kann man noch etwas den Faden nachziehen, dann die Mutter etwas anziehen so dass der Faden klemmt. Der Rest (Feinregulierung) geht dann über das Drehen der Schraube; ich habe Innensechskant gewählt, weil man da gut mit einem Inbusschlüssel mit Kugelkopf von unten drankommt und relativ "unverkrampft" regulieren kann. Klingt alles kompliziert; ein baldiges Foto wird Klarheit verschaffen.



    Gruß



    Jens

  • So langsam kommt der Endspurt: Der Wippenbalken und die Wippen sind am entstehen. Hier ein Bild. Den Balken habe ich ganz einfach mit der Kreissäge bearbeitet; es sind zwei Hälften, die nach dem Aussägen wieder zusammengeleimt wurden. In der Mitte eine Nut für die 3mm-Messingachse







    Gruß



    Jens

  • So, jetzt ist es endlich fertig. Das Einregulieren habe ich dann doch nur auf der Unterseite via Lüsterklemmen am Pedalabzug vorgenommen, das reichte aus. Musste also keine komplizierte Schraubenvorrichtung bauen; oben sind die Schnüre an den Wippen mit einem simplen 8er-Knoten jetzt fixiert.



    Hier ein paar Bilder:















    Jetzt muss ich nur noch üben, leiser ins Pedal zu treten, da sonst die Nebengeräusche das Clavichord übertönen ;-)



    Gruß



    Jens