Mensurierung Aliquote / Hohe Stimmen bei Positiven

  • Als ich vor 30 Jahren mein Positiv baute (7 B+13 D), habe ich im Diskant (neben den Grundstimmen) 2 2/3', 1 3/5', 1 1/3', 1' disponiert.

    Wegen der farbigen Misch-Möglichkeiten. Und wegen des damals noch neobarocken Stils. Und weil diese kleinen Pfeifen (alle Holz) nur relativ wenig Platz und Material erfordern.

    2 2/3': "Nasat",konisch, von eng nach weit mensuriert, von sehr schmal nach normal labiiert.

    1 3/5': "Terz", Mensur von prinzipalig bis flötig ansteigend, von schmal nach etwas breit labiiert.

    1 1/3': "Larigot", Mensur weit, Labiierung etwas schmal.

    1': "Glöcklein", Mensur weit, Labiierung breit (daneben gibt es noch eine Quint-Zimbel, derzeit 1-fach, eng, und eine Terz-Zimbel 1-fach, sehr eng.



    Die Grund-Register sind:



    Gedackt 8' (weit)

    Weidenpfeife 8' (nur Diskant) eng, durch eigenen Zug (Windabschwächung) auch als Unda maris (tieferschwebend) zu gebrauchen, geplant war konische Gemsgambe 8'

    Gedacktflöte 4' (weit), geplant war Rohrflöte 4'

    Viola 4' (nur Diskant), geplant war Maienflöte 4' (sehr schmal labiierte Flöte mit Strich)

    Prinzipal 2' (nur Diskant)

    Kleinpommer 2'



    Hohlquinte 1 1/3' (nur Bass, gedeckt)

    Schwiegel 1' (nur Bass)

    Oktävlein 1/2' (nur Bass)

    Zimbel 1/4' 1-fach, keine Repetition (nur Bass)



    Im Diskant z.Zt. je 1 freie Schleife. Könnte man evt. mit Quintade 8' besetzen.



    Abgesehen davon, dass man heute weniger Aliquote baut:



    Hätte man die Aliquoten besser anders mensurieren können ?


  • Aus meiner Erfahrung beim Stimmen von Aliquoten kann ich nur sagen:

    Nicht zu weit mensurieren, eher schmales Labium, dann ist die Färbung wie gewünscht, die Aufdringlichkeit erträglich und immer noch genug Mischfähigkeit gegeben.

    Grüße

    Josef

  • Lieber Reinhold,



    Hier möchte ich Dir meine Hochachtung entgegenbringen für Dein Instrument mit so vielen Registern, die Du bereits vor 30 Jahren angefertigt hast!



    Ich finde es gut, daß so viele verschiedene Aliquoten-Register vorhanden sind, denn somit kannst Du auswählen, welche Stimmen für das jeweilige zu spielende Stück vorteilhaft-wohlklingend zu verwenden seien; durch die Abweichung von den Oktavklängen entstehen immer irgendwelche Dissonanzen, einmal klingt es mit Terzen besser, andermal mit Quinten, manchmal ist es zweckmäßig, auf Aliquote ganz zu verzichten.



    Wie der Josef bereits geschrieben hat, erscheint es mir als "praktizierender Organist" wichtig, daß die Pfeifchen nicht aufdringlich intoniert sind, mit guter Mischfähigkeit. Ich kenne hier eine Reihe von Kirchen-Orgeln, bei welchen diese Eigenschaften erfüllt sind, aber auch einige wenige Beispiele, deren Aliquoten nur bei sehr lauten Grundstimmen-Registern zu verwenden sind; eigentlich schade, denn zart intoniert klingen parallel gehende Quinten oder Terzen gerade bei ruhigen Literaturstücken angenehm belebend.



    Fröhliches Musizieren wünscht

    Wolfgang.

  • Als Ergänzung noch:



    Das Positiv ist modifiziert mitteltönig gestimmt.

    Das heißt: die Terzen klingen reiner.

    C-Dur und G-Dur klingen sauberer/schöner/schwebungsfreier als bei temperierter Stimmung,

    auch die Quint- und Terz-Aliquote verschmelzen besser mit den 8' und 4' -Registern.

    F-Dur und D-Dur klingen etwa so wie bei temperierter Stimmung.

    Je mehr Kreuze und B's, umso fremder (aber durchaus interessant) bis falscher klingt es.

    Bei meinen rudimentären Spielkenntnissen kommen sowieso selten mehr als 3 Kreuze bzw. 2 B's vor.

    Bei Kirchen-/Dom-Orgeln fallen die Schebungen bei der temperierter Stimmung nicht so ins Gewicht, anscheinend "biegt" die Raumakustik dort den Ton "irgendwie hin".

    Bei Positiven in kleinen Räumen und mit engen Mensuren aber schon.

    Man kann dann bei temperierter Stimmung zwar in allen Tonarten spielen, aber jede klingt irgendwie etwas verstimmt.

  • Dein Instrument scheint ja wirklich mit allen klanglichen Möglichkeiten ausgestattet zu sein; bislang hatte ich nur einmal die Möglichkeit, auf einer (anderen) Hausorgel (Positiv) zu spielen; die klanglichen Feinheiten aufgrund einer ungleichmäßigen Stimmung konnte ich dabei nicht ausmachen, schon deshalb, da ich fast ausschließlich Bach-Praeludien spiele mit höchstens drei Kreuze oder b; insofern sind meine Spielfähigkeiten gleichfalls eher "rudimentär".



    Meine beiden Instrumente habe ich nach dem Klavier gestimmt, also gleichmäßig-schwebend, in neuerer Zeit auch unter Verwendung dieser kleinen elektronischen Stimmgeräte. Ich sehe schon, daß ich mich da auch befleißigen sollte, klanglich interessanter zu stimmen,

    die Beschreibung Deines Instruments, lieber Reinhold, ermuntert mich dazu!

    Wolfgang,

    mit schwankender Stimmungslage.