Lautstärke und Intonation

  • Meine Emporenorgel namens Gratia Plena, bestehend aus einem Pedal-8" Subbass im Prospekt und einer Truhenorgel mit 8" Gedackt, 4"Rohrflöte und 2"Prinzipal macht Fortschritte. Auf den beiden 8" kann man rein technisch bereits spielen, im Moment bin ich jedoch noch bei deren Intonation.



    Fragen dazu:

    1. Wolfgang Adelung gibt in "Orgelbau" beispielhaft als Lautstärkendurchschnitt 40 Phon an für Gedackt, 60 für Prinzipal usw.

    Bei meiner im Hause ebenfalls vorhandenen Ahlborn-Orgel konnte ich aber gar keine unterschiedlichen Registerlautstärken ausmachen. Was mache ich nun mit meinen 3 Register?

    2. Aufgrund der Phon-Angaben vermutete ich, dass

    die Lautstärken der einzelnen Pfeifen nach der Phon-Hörkurve ausgerichtet werden, also im Ohr von gleicher Lautstärke sein sollen. Was bedeutet, dass entsprechend der Hörkurve tiefe Töne mehr Dezibel (im Schnitt ca. 15) hohe Töne weniger haben. Aber auch dies kann ich bei der Ahlborn-Orgel nicht feststellen. Die Lautstärken sind über das ganze Tonspektrum in dB grob gesehen gleich.

    Grob deshalb, weil die Streuung von Ton zu Ton innerhalb der Register bis zu 15 % beträgt, nicht irgendwie korrelierend mit der Tonhöhe, also ohne jede Gesetzmäßigkeit.



    Wäre schön, wenn mir jemand etwas zu diesen Lautstärke-Fragen sagen könnte.



    Im Übrigen bin ich mit der äußeren Ästhetik

    ziemlich fertig. Es gibt ein paar wirklich faszinierende Besonderheiten:

    Z.B.: fusslose Prospektpfeifen, jede Pfeife der Orgel ist einer Person gewidmet, deren Namen eingraviert ist (im Subbass Personen der Antike als kultureller Subbass, im Gedackt den eigenen Familienstammbaum bis 1435, bei dem 4" Personen der christlichen Welt, beim 2" der säkularen Welt).

    Intarsien im Stil der Moderne zieren die kubistische und zum Tischaltar mutierte Truhe und die Orgelbank. Auf Letzteren befindet sich unser Sternenhimmel, sodass der Organist seinen Sitz in der Milchstraße hat, von seinem Rücken runter gesehen sind wie bei archäologischen Ausgrabungsschichten die Entwicklungsschritte unseres Universums bis zum Urknall dargestellt.

    Etwas plakativ läßt sich sagen, es handelt sich also um die erste Orgel mit Urknall, seit dem Urknall!



    Viele Grüsse

    Werner

  • Lieber Corno_dolce,

    ja mit den Bildern, das stimmt. Sie sollen auch kommen. Aber dazu muss ich erst mit Dokumentieren beginnen und dann noch wissen wie ich was in das Forum bringe.



    Im Moment eilt es mir ein bisschen mit der Lautstärke-Frage, die ja mit dem musikalischen Hören sowie mit der Physik zu tun hat.



    Es hat sich bei mir so etwas wie eine Baustelle im Haus ausgebreitet und es geht zu wie im richtigen Leben. Noch 3 Wochen dann zur Apfelblüte nach Südtirol, danach kommt für den ganzen Mai verschiedener Besuch ins Haus.



    Gruss Werner

  • Hallo Werner,



    ich bin intonatorisch nicht sehr erfahren, ich würde aber nicht nach irgendwelchen Phon-Werten gehen sondern nach Gehör und Gefühl. Der Gedackt alleine muss angenehm klingen in dem Raum, in dem er steht. Alles Tonlagen sollten ausgeglichen klingen, im Baß nicht zu dröhnend. Der Subbaß sollte trotzdem etwas prägnanter im Baß sein, denn sonst lohnt er sich ja nicht, dann hättest du ja auch eine Koppel ins Manual bauen können. Bei den höheren Registern würde ich auf Verschmelzung mit dem 8' achten, es sollte auch dann nicht viel lauter, sondern eher "voller" klingen.



    Gruß



    Jens

  • W_Bogenschuetz:




    Fragen dazu:

    1. Wolfgang Adelung gibt in "Orgelbau" beispielhaft als Lautstärkendurchschnitt 40 Phon an für Gedackt, 60 für Prinzipal usw.

    Bei meiner im Hause ebenfalls vorhandenen Ahlborn-Orgel konnte ich aber gar keine unterschiedlichen Registerlautstärken ausmachen. Was mache ich nun mit meinen 3 Register?

    2. Aufgrund der Phon-Angaben vermutete ich, dass

    die Lautstärken der einzelnen Pfeifen nach der Phon-Hörkurve ausgerichtet werden, also im Ohr von gleicher Lautstärke sein sollen. Was bedeutet, dass entsprechend der Hörkurve tiefe Töne mehr Dezibel (im Schnitt ca. 15) hohe Töne weniger haben. Aber auch dies kann ich bei der Ahlborn-Orgel nicht feststellen. Die Lautstärken sind über das ganze Tonspektrum in dB grob gesehen gleich.



    Hallo Hr.Bogenschuetz erst einmal alle Achtung für dieses Aussergewöhnliche Projekt.Bin sehr gespannt auf die Dokumentation.Zur Intonation sage ich das gleiche wie Jens.Zu den Lautstärkeunterschieden bei Elektronischen Orgel habe ich ,weiß nicht mehr genau wo,gelesen daß eine gleichmäßig verteilte Lautstärke auch bei verschiedenen Registergruppen ein Ergebnis der Nachfrage ist,will heißen,eigentlich will der Kunde daß so weil er es ja nicht anders vorgestellt bekam,und mit der Analogtechnik der 70er u.80er wohl



    nicht möglich war.



    Mittlerweile kann der Kunde ja auch die Klänge einer mittelgrossen "Industrie"-Sakralorgel über entsprechende Bedieneinheiten verändern s.Homepage J.Boersma.Zur eigentlichen Intonation der digitalen Klänge haben die Toningenieure Gruppen von Tönen z.b.in Quintabstand die Eigenschaften einer Orgelpfeife aus dieser Gruppe gesampelt.Ich glaube man analysiert die Frequenzen des Originaltons und verfeinert diese so lange,bis sie den Klangcharakter 1.gut darstellen und 2.keine nenneswerten Schwankungen od.Verzerrungen mehr aufweisen.Das Klangerlebnis kann auf Dauer natürlich langweilig werden,deshalb hat man angefangen das Ganze durch synthetische Ansprachegeräusche(dfft)oder leichte Verstimmungen noch etwas plastischer zu machen;oftmals leicht übertrieben.So ähnlich wie die Diskussion über den durch die gute Technik immer gleichmäßiger werdenden Orgelwind.Dies wird ja hie u.da auch schon anders gelöst.Habe schon sehr viel versch.Sakralorgeln gespielt aber mein Klangeempfinden fragt sich immer ob die verschiedensten Hersteller alle den selben Toningenieur angestellt haben...???



    Mit Erfindung der Hauptwerksoftware hat sich in der Sakralorgelwelt dann einiges geändert.Auf einmal wird auch da dieses differenzierte veränderbare Klangbild zum Ideal heraufbeschworen,und wohl auch gewünscht.Diese Art der authentischen Klangerzeugung ,die etwas hohe Ansprüche an das Equipment stellt, scheint sich aber durchzusetzen.Ich persönlich habe mich sehr schnell mit der Welligkeit im Klangbild besonders bei den Zungen angefreundet.Lautstärkeunterschiede von Prinzipal zu den Bourdunen oder Flöten sind auch sehr markant.



    Zum Schluss noch etwas zur Pfeifenorgel.Auf der Orgel in unserer Kirche mit12Registern ist der Lautstärkeunterschied so stark daß man vor dem Gottesdienst niemals den Prinzipal8`nehmen darf,weil einfach zu laut.Warum?Weil die Kirche damals vor 70Jahren mächtig sparen musste und dementsprechend die Register intoniert sind.Bei voll besetzter Kirche(700Pers)müssen die Prinzipale einschliesslich der MIX3fach den Raum gut füllen.Die Gedackten verdicken den Klang noch etwas,aber bringen keine wesentliche Lautstärkeerhöhung.Der Prinzipal ist also auf Lautstärke intoniert ebenso der Subbass16`im Pedal,und weniger auf Verschmelzung mit anderen Registern.Hätte bald die Oboe8`vergessen,die ist dermassen laut,naja im Tutti macht sie halt was her.



    Weil die Orgel Taschenladen hat ist das Verschmelzen nur Registermässig möglich und auch gut,aber das hat ja mit der Lautstärke weniger zu tun.Wenn ich die Intonation beschreiben müsste:"aggressiv"



    Ich rate bei der Intonation für die gute Stube schön leise anzufangen. Hier hilft wenig viel gem.Bormann.



    Lauter kriegt man die Dinger ja immer,aber leiser?



    Gib der Pfeife solange bis sie gut spricht aber nicht mehr...wo stand das noch?





    In diesem ausschweifenden Sinne grüßt J.Gruchow





    p.s. meine laienhaften Erklärungen können gerne verbessert werden,bin für alles offen dementsprechend nicht ganz dicht!




  • Ich kann mich an einer Klangstärkestudie erinnern, um die 10 j. her, und es ging um Organistenkrankheitsrisiken. Es kam daraus, dass es kaum Unterschied zwischen gedackt allein und Plenum (am Spieltisch jeweils, über mehrere Orgeln durchgeführt). So etwa 82db - 88db

    Leider kommt mir nicht mehr im Kopf wo das war, vieleicht bei yahoo in der Group Kirchenmusikliste suchen, aber mit den Stichwörter ist das eine Sache.

    Was die e-Orgel angeht, die Klang abstrahlung is fundamental anders. Jedem guten Ingenieur versucht den Klang von je Lautsprecher von nur einem Punkt emitieren zu lassen. Bei hinzuziehen von Pfeifen gewinnen wir an der P-Orgel viel Abstrahlfläche, was die e-orgel nirgends gewinnt. Zumindest an Tragfähigkeit gewinnt die Orgel, was je nach Messmethode auch db bedeuten kann.

  • An Jens Ganter, jugru und troll:

    Vielen Dank für Eure Hinweise und für die gedankliche Auseinandersetzung! So bin ich nun doch wieder etwas weiter, wenngleich sich immer wieder neue Fragen auftun.

    Ich habe für mein Werk nun mal akzeptiert, zu versuchen immer wieder auch nach Gehör und Gefühl zu gehen, generell keine unterschiedlichen Registerlautstärken anzustreben, nicht auf Lautstärke zu setzen (obwohl das deutlich leichter zu Intonieren wäre), sondern die leisen Töne anzustreben, innerhalb eines Registers eher gleiche Lautstärke, zum Bass vielleicht etwas weniger (entgegen der Phon-Kurve). 82-88 dB empfinde ich als zu hoch, es entspräche etwa einem starken f (forte) und ich suche eher ein p (piano). Doch beginnt hier schon die nächste Frage, nämlich wo gemessen, am Ohr des Organisten (da suche ich m ) oder woanders im Raum. Beim Tutti käme ich dann am Organistenohr vielleicht auf f.



    Eine tolle Hilfe ist mir bei meinem Mangel an

    Gehör die Visualisierung des Tones über das PC-Programm "Tune!It". Es zeigt auf Bildschirmgröße den gewählten Ton, seine Frequenz, deren Abweichung,

    die Obertonreihe jeweils mit Amplitude.

    Das gibt mir etwas mehr Sicherheit, sagt aber nicht aus, was ich an der Pfeife verändern muss oder kann um bestimmte Werte zu erhalten. Da bleibt wieder nur Versuch und Irrtum um Erfahrung aufzubauen.

    Die unterschiedliche Klangabstrahlung zwischen Pfeifen- und Lautsprecherorgel kann ich messtechnisch nur bestätigen, besonders abweichende Ergebnisse bringt aber der Mikrofonstandort. Dann geht es weiter mit dem Einflusss von Temperatur und Feuchtigkeit, die ich zwar zumindest für das Intonieren im Raume einigermaßen kosntant halten kann, aber es zeigt sich auch noch ein Unterschied zwischen Beginn (Gebläse EIN am nächsten Morgen) und zeitlich späterem (z.B. 3 Stunden) Messen der Tonfrequenz. Vielleicht wegen der Erwärmung im Gebläse.



    Es bleibt schwer, das Intonieren!

  • 82-88 db war das an einer Kirchenorgel gemessen. Wär mir auch zu viel. Aber Messpunkt, ganz klar am Spieltisch. Denn wer nutzt die Orgel am meisten? Und wenn du Besuch hast, wo stellen sich denn die Gäste, wahrscheinlich in d. Rücken oder auf die Seite. Oder machst du richtige Hauskonzerte?

    So meine Senf...

  • Herzlichen Glückwunsch auch noch von mir, lieber Werner, zu Deiner "Gratia Plena", voll begnadet erscheinst Du mir mit der Fähigkeit, solch ein Werk zu errichten! Nachdem mir nun bereits die Gunst erwiesen wurde, einen photographischen Blick auf den eindrucksvollen Prospekt mit den schier schwerelos über dem Raum schwebenden Pfeifen zu werfen, möchte auch ich dazu raten, sich nicht von irgendwelchen Phon-Zahlen aus der Orgelliteratur irritieren zu lassen.



    Ich wage die Vermutung zu äußern, daß Du naturwissenschaftlich sehr interssiert bist und wahrscheinlich auch in diesem Bereich beruflich tätig bist oder warst; unter diesem Blickwinkel fällt es freilich schwer, das Gebiet der vertrauten Physik zu verlassen und jetzt einfach nach "Gehör" und "Gefühl" zu intonieren, nun je, auch ich versuchte einst, mit allen technischen Formeln ausgestattet, neben dem Querschnitt auch Spalt, Aufschnitt und Fußloch in die Berechnungen einzubeziehen, nach langem studieren fühlte ich mich richtig befreit, als ich zu der Erkenntnis gelangte, welche Bormann treffend ausdrückte: probandum est!



    Freilich möchte ich Dir nun keineswegs die Freude an wissenschaftlich-meßtechnischen Untersuchungen nehmen, die auf jeden Fall aufschlußreich für das grundsätzliche Verständnis sein werden: ein jeder wird seinen Weg zum Ziel finden, schließlich ist jeder seines Glückes Schmied!



    In diesem Sinne nochmals herzlichen Glückwunsch zu dem neuen Werk und allen hier eine frohe Osterzeit,

    Wolfgang.