Optimale Balganlage

  • Liebe Foristen,



    ich habe momentan viel Spaß an meiner Hausorgel, und werde demnächst auch auf meiner HP aktuelle Bilder einstellen. Die Traktur für ein Manual (8',4',2') ist fertig, ich beseitige z.Zt. noch einige kleine Hänger, die bei den momentanen Klimaverhältnissen aufgetreten sind. Ich freue mich sehr, dass alles dicht ist und die Stimmen einigermassen gut verschmelzen (das war nicht so klar, da es Pfeifen aus Abbruchorgeln sind).



    Nun mein Problem: provisorisch habe ich mein Ventus (max. 90mmWS) über einen 4cm Dmr. und 50cm langen Schlauch an meinen (zu kleinen) Schwimmer (40x40cm²) angeschlossen. Der Winddruck beträgt 65mmWS, kontinuierlich gemessen mit einem vom Spieltisch sichtbaren U-Rohr Monometer im Windkasten.



    Schlägt man einen mehr als vierstimmigen Akkord mit 8+4+2 an, dauert es ca. 1s, bis der Balg nach unten gesunken ist und das Rohhventil ganz aufzieht, danach sinkt der Winddruck auf 50mmWS ab und es gibt nurnoch Katzenmusik (der 2' säuft in den oberen zwei Oktaven mehr als einen Ganzton ab). Das Gebläse (plus enger Schlauch) bringt also bei diesem Windbedarf nicht mehr die 65mmWS, obwohl es das nach Laukhuff-Spezifikationen eigentlich sollte. Strömungsverluste?



    Ich muss nun zeitnah die Gebläse-Balg-Anlage neu bauen - das war mir schon klar, aber ich dachte ich könnte mit etwas Windstössigkeit ein halbes Jahr leben. Es ist aber unerträglich -ich spiele ja nicht nur Trios und Duette!



    Alles, d.h. Gebläse, Regler und Balg (Bälge?) muß in eine Kiste 50cmx50cmx100cm gehen. A la Reinhard könnte man das Gebläse und den Regler unten installieren, und den Balg 50x100cm² obendrauf setzen. Andersherum ginge es auch, d.h. das Gebläse oben und den Balg unten, mit dem Vorteil, schneller an die Dinge heranzukommen.



    Ventil:

    1) Drosselklappe oder Vorhang zwischen Ventola und Balg.

    2) Abblasventil am Balg

    3) Gebläse 'im' Balg, und die Ansaugung (über die Schalldämpferklappe) drosseln. Habe ich bei Bormann gesehen, aber noch nie versucht. Gut fürs Gebläse? Der Druck im Innern ist sicherlich ein anderer.



    Balg: Paralleler Schwimmer, der hat sicherlich das größte Arbeitsvolumen. Gewichte oder Federn? Ich denke, Federn haben weniger Trägheit und vermeiden einen schnaufenden Ton. Man könnte auch darüber nachdenken, die Balgfläche zu teilen: einen Balg als Regler für den Motor nehmen, den anderen als "Beruhiger" und Reservoir. Welcher von beiden sollte der Trägere sein?



    Wieviel Überdruck sollte das Gebläse vor dem Drosselventil machen, verglichen mit dem Druck im Balg/ in der Lade?



    Noch eine Information: nach dieser "Gebläsekiste" ist der Wind-Weg zur Lade kurz: 40cm lang, 15cm Durchmesser Rohr, eine leichte Kurve. Das sollte also kein Problem darstellen.



    Ich würde mich über viele Vorschläge zur Optimierung meiner Balganlage freuen!



    -Ulf

  • Die 4 cm Schlauchdurchmesser halte ich für zu wenig, ich denke 6 cm wären richtig.

    Auch der Schwimmer sollte um 50% größer sein (ca. 40 x 70 cm). Der Balg dürfte nicht schon in 1 sec. nach unten gesunken sein, er sollte sich beim Wechsel von Einzelton zu vollgriffigem Spiel nur für 1/2 sec. ca. 2-3 cm bewegen. Beim Übergang von nicht spielen zu tutti 8-griffig: 1 sec. 3-4 cm.

    Sind die Kanzellen und Ventile/Ventilöffnungen für 3 Register groß genug?

    Balggewichte finde ich besser als Federn, sie reagieren zwar träger, aber Federn vergrößern mit wachsender Spannung den mechanischen Andruck und damit auch den Luftdruck.

    Wenn Luftmenge und Luftdruck vom Gebläse ausreichend sind, kommt noch das entscheidende (schwierigste): die Übersetzung von Balgaufgang zu Luftzufuhr-Regelung. Das Hebelverhältnis muss so gewählt sein, dass weder Unter- noch Übersteuerung auftritt. Es muss nicht-linear sein, also nicht: 3 cm Balghebung = 3 cm Rollventilzugang. Das Ventil muss am Anfang schnell/weit aufgehen, dann verhältnismäßig weniger. Die Theorie ist kompliziert (geht in Richtung Chaos-Theorie), man muss jeden Einzelfall durch Veränderung der Hebelverhältnisse durchprobieren.

    Ein zusätzliches Abblasventil, das bei vollaufgegangenem Balg tätig wird, finde ich vorteilhaft.

    Den Winddruck am besten auf der Pfeifenstock-Bohrung messen (also so, wie er in den Pfeifenfuß strömt). Messungen an Stellen zuvor sagen wenig aus.



    Viele Grüße und viel Erfolg

    Reinhold

  • Hallo Ulf,



    ich sehe das auch so wie Reinhold. Ein Ventus wird normalerweise immer mit einem 100 mm Rohr an das Drosselventil angeschlossen. Nimm einfach einen größeren Schlauch und das Problem ist erst mal gelöst!



    Das Prinzip: Ein so großer Balg wie möglich, in einem Gehäuse so klein wie möglich ist nie verkehrt. Man hat dann genug Reserven.



    Du hast auch ein großes Druckgefälle 95 - 65 mm, das sich später in einem Flattern bei geringem Luftverbruch bemerkbar machen könnte. Wenn Du wirklich einen Vorbalg bauen willst wäre die Verteilung 95 - 70 - 65 ziemlich ideal.



    Von Abblaseventile halte ich nicht viel; Ich würde Dir das klassische (gutmütige) Vorhangventil oder eine Drosselklappe empfehlen.



    Viel Spaß beim Bauen und Planen



    Günther

  • Spricht etwas gegen diese Anordnung (?):







    Der obere Teil wäre quasi vorhanden, Balgfläche 40cm X 40cm. Ich würde unten einen großen Balg 45cmx80cm einfügen, um mehr Reservoir zu haben. Ferner diesen mit Federn belasten, um nicht zu viel gewicht zu brauchen, und mit diesem auch das Schieberventil betätigen (rot). Den "kleinen" Balg mit Bleisteinen als Windberuhigung und Stoßfänger.



    -Ulf

  • Hallo Ulf,



    ich habe keine Erfahrung ob und wie so ein Stoßfänger funktionieren würde. Generell würde ich salopp sagen; Ein Stoßfänger wird dann nur eingesetzt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausscheiden. Du bist gerade bei der Planung einer neuen Balganlage; Mache doch Nägel mit Köpfen! Oder plane den Windauslaß zumindest so, daß Du die Balganlage mühelos so umbauen kannst, wie ich es Dir bereits geraten hatte! Somit würde ich die beiden Bälge in der Lage zumindest tauschen.

    Deine Schieberlösung als Drosselventil funktioniert normalerweise sehr gut. Bei meiner "großen" Orgel habe ich auch diese Lösung gewählt! Bedenke, daß Du allerdings eine stärkere Feder (zumindest Ventilfeder) oberhalb des Schiebers einbauen mußt. Sonst geht der Balg nur einmal kurz auf , da der Winddruck der Ventola den Schieber an der rechten Seite regelrecht festpreßt...

    Wenn Du aus Platzgründen die Möglichkeit hast, den Schieber in den Hauptbalg zu integrieren, hast Du geringere Windgeräusche und keinen Luftaustritt beim Schieberdraht. Da diese Lösung auch sehr gutmütig reagiert, dürfte es auch bei der relativ hohen Druckdifferenz kein Flattern geben. Diese Probleme treten bei Lösungen mit Gestängen und Scheibenventilen oft auf.



    Viel Spaß bei der weiteren Planung



    Günther

  • Hallo,



    Orgelbauer streichen ihre Schleifen mit Graphit ein. Es gibt eine spezielle Farbe, müsste mal nachforschen wie sie heißt, die Flaschen enthalten Graphit zusammen mit Lösungsmittel, das ganze sieht wie graue Farbe aus, verdunstet jedoch sehr schnell. Gut graphierte Schleifen halten Jahrzehnte. So würde ich dir zu einem passgenauen Schieber aus Plexiglas, eingestrichen mit Graphitfarbe, raten.

    Dann flutschts besser.



    VG Eike

  • Hallo,



    vielen Dank für die Anregungen! Ich habe am zurückliegenden Wochenende einen ersten Schritt getan, und die nach obiger Abbildung "obere" Schicht gebaut, mit vorhandenem Balg. Das Ergebnis sieht man hier:



    und weitere Bilder sind hier zu sehen: http://www.personal.uni-jena.d…el/tagebuch/tagebuch9.htm.



    Es funktioniert nun sehr viel besser, ich habe durch alle Lagen und bei bis zu 10 Tönen auf den untersten Tasten (C-A) keinen nennenswerten Druckabfall (<3mmWS). Ich denke, ich belasse es erstmal dabei und baue einen weiteren größeren Balg, wenn bei mehr Registern doch noch Probleme auftreten solten.



    Vielen Dank für die Anregugnen,

    -Ulf