Intonation

  • Liebe Hausorgelfreunde.[



    Ich habe mich lange nicht gemeldet, und jetzt habe ich etwas zu verkünden: Meine Hauptwerkslade (für zwei Manuale) ist fertig, ich baue "nurnoch" den Wippenfächer, was mich noch ein paar Wochen kosten wird (112 Wippen für 2x56 Töne, jede etwas anders). Alles ist dicht (nachdem ist das Kunst-Fensterleder durch ausgesuchtes "echtes" Fensterleder ersetzte), die Schleifen arbeiten leicht, und auch die kleinste 2' Pfeife gibt keinen Mucks von sich, wenn kein Ventil aufgezogen ist (<6mmWS in den Kanzellen). Ich werde bei Zeiten ein Photo einstellen.



    Was mich jetzt schon mit Vorfreude erfüllt, und was ich gern vorher zur Diskussion stellen möchte, ist die Intonation des Pfeifenwerks. Da ich schnell zu einer praktikablen Übeorgel kommen wollte (und bevor die Zeiten mit freier Arbeitszeitgestaltung an der Universität durch das harte Arbeitsleben ersetzt werden...), benutze ich für meinen "Opus1" alte Kirchenorgelpfeifen, freilich nicht irgendwelche. Ich habe in den letzten 7 Jahren 5 Register zusammengesucht, die auch bei niedrigeren Winddrücken einen brauchbaren Klang ergeben, der nicht brummt etc. pp. Letztlich werde ich nun diese Pfeifen lautstärkemässig untereinander anpassen müssen:



    Manual II C-g3 (Hauptwerk)

    Dulciana 8'

    Metall, offen ab f0, darunter zusammen mit Q8' aus II

    hoher Bleigehalt, eng, Kernsticke, Bärte

    ruhiger, edler und leiser Klang

    Rohrflöte 4'

    Metall, oberste Oktave offen, mittelweite Mensur,

    Bärte

    Oktave 2'

    Metall, unterste Oktave konisch offen,

    dann alter Mixturchor, prinzipalische Ansprache,

    etwas herb, auch bei niedrigerem Winddruck gut und

    charakteristisch ansprechend.



    Manual III C-g3 (Farb-/Solowerk)

    Quintade 8'

    durchgängig Metall, unterste Oktave Zink.

    Kastenbärte, abhängig von Winddruck tritt

    die Quinte hervor, kann sehr laut und charakteristisch klingen.

    Klarinette 8'

    Aufschlagende Zungen, im Bass belederte Kehlen,

    im Diskant mit Bleiauflage, enge zylindrische Becher

    halber (oben voller) Länge. Klang grundtönig und rund,

    nicht laut schnarrend, aber füllend und färbend.



    Manual I C-g3 (Koppelmanual)

    Man. II (Hauptwerk) immer fest (mech.) angekoppelt

    8'-Koppel Man III (elektr.)

    16'-Koppel Man III (elektr., ausgebaut, C-H 16'

    auf elektrischer Zusatzlade).



    Pedal C-f1(Extensionslade, eine Pfeifenreihe)

    16' (Holz-Gedackt)

    8' (-"-)

    4' (Metall-Gedackt, weit, Naturguss, Bärte)

    2' (-"-)

    Koppel ManIII 8' (elektr.)

    Koppel ManIII 16' (elektr.)

    (somit Zunge 6+16 Möglich, und ein zweiter 16',

    wobei die unterste Oktave dieselben Pfeifen nutzt)



    ---



    Es geht nun weniger um die Pedalregister, sondern

    um die Manuallade (es sind zwei Werke auf einer Windlade). Prinzipiell gibt es bei dem Duciana8', der Oktave 2' und der Zunge viele Möglichkeiten, die Lautstärke in weitem Maße zu variieren, ohne signifikant die Klangfarbe zu verlieren.



    Ich dachte bis her so:

    Die Dulciana eignet sich sich als piano-Achtfuß. Der Klang ist würdevoll, ruhig, und erlaubt Spielen in den Abendstunden. Durch zuziehen von Rohrflöte 4' wächst der Grundton mit, hier muß also eine Ausgewogenheit herrschen, damit die R'4 nicht den 8' übertönt. Die Oktave 2' sollte den Klang nur silbrig färben, nicht herausstechen. Ich habe ansonsten die befürchtung, dass man sie kaum gebracuht, weil es für den Wohnraum zu grell ist (Parkettboden, 4,50m Deckenhöhe). Allerdings fungiert sie auch aus Mixturersatz, und muß eine Art Plenumsound für große Werke bieten.



    Das Solomanual als solches muß solostimmen bereithalten, die für Choralvorspiele etc. taugen. Daher die Quintade und die Zunge in etwa gleich laut, und die Quintade auch etwa gleichlaut gegen die Kombination 8+4 im Hauptwerk.



    gekoppelt (8') ergibt sich neben anderen die Möglichkeit, Quintade 8' mit Rohrflöte 4' als Klang mit eineinandergreifenden Obertönen zu genutzen (8+2 2/3, 4 + "singende" Terz). Die Quintade sollte auch als Quinteinfärbung ein Nazard 2 2/3 ersetzen können, also deutlich farbig klingen.



    Für die Möglichkeit der 16'-Koppel muß der Ton der Quintade 16' deutlich sein, darf aber auch nicht brummen, und die Zunge 16' muß das Plenum wuchtig machen, darf aber nicht dominieren.



    Für Vorschläge, An- und Abraten, und dergleich bin ich nun völlig offen. Bisher habe ich nur diese 5 Register hier und stehe nun vor allen Möglichkeiten, die diese mir bieten. Ich würde gern ein Orgelwerk bauen, welches mich nicht anschreit und einem nach 30min die Ohren klingeln, sondern einen eher mf-würdevollen Klang ausbreitet. Hilfreich ist dabei, dass der Spieler unter der Manuallade sitzt, und so gut wie keinen Direktschall mitbekommt. So hat der Klang Zeit, sich im Raum (ein hoher Wohnungsflur) zu mischen.



    Viele Grüße



    --Ulf

  • Hallo Ulf,



    freut mich, daß du so weit schon gekommen bist. Ich mache gerade meine Manual-Zwillingslade fertig (Pfeifenstock, Raster), dann wird man hoffentlich auch bald mal was hören.



    Das Thema Intonation finde ich sehr interessant, mal was anderes hier im Forum. Deine Klangvorstellungen klingen für mich plausibel, vor allem da du den verschiedenen Gebrauch der Register beleuchtest und recht genaue Klangvorstellungen hat. Ich würde sagen: Mach das so.



    Ich selbst komme mit meinen selbstgebauten, hölzernen Pfeifen Gedackt/Rohrflöte intonationstechnisch gut zurecht, da ich durch den Bau einiges an Erfahrung gewonnen habe, etwas anders sieht es da bei den Metallpfeifen aus, ich ich mal erhalten habe: Ich habe u.a. einen schön klingenden, leisen Salicional (romantisch intoniert, Kernstiche, Kastenbart, Expressionen, im Bass Rollenbart, etwas rundierte Aufschnitte, nicht zu knapp aufgeschnitten). Die Basspfeifen sprechen teilweise etwas schlecht an. Hat jemand von Euch Erfahrung mit solchen Registern? Wie intoniere ich beispielsweise Streicher mit Rollenbart, die oktavieren oder rauschen? Muss ich erst die Pfeife oktavierend intonieren und dann die Rolle verschieben bis der Grundton da ist? (Info: die Rollen sind exzentrisch angeschraubt, einfaches Drehen verändert den Abstand zur Pfeife).



    Bin ebenfalls für Hinweise dankbar.



    Liebe Grüße an alle



    Jens

  • Allgemein zur Intonation:



    Beim Bau meines Positivs (vor 25 Jahren) habe ich alle (Holz-)Pfeifen mit dem Mund "intoniert", und zwar auf möglichst leichte Ansprache (voller Wind, den Aufschnitt so niedrig wie möglich gehalten), damit sie schon bei 25 mmWS gut ansprechen.



    Später stellte ich dann fest, dass die Lautstärke der Pfeifen trotzdem unterschiedlich war, auch der Obertongehalt innerhalb einer Pfeifenreihe.



    Anscheinend ist es doch nicht so optimal, alle Pfeifen auf optimale Ansprache zu intonieren. Um eine intonatorische Ausgleichsreserve zu haben, ist es nach meiner heutigen Erfahrung besser, die Pfeifen bei 10 - 15 mm höherem Winddruck als am Ende gewünscht - auf einer Intonierlade / optimal wäre auf der Original-Lade - zu intonieren und dann im Pfeifenfuß (bei Holzpfeifen z.B. mit einer Stellschraube) individuell zu drosseln. Ich würde aber dabei eine Störung durch Luftwirbel befürchten.



    Sehr hilfreich zur Klangfarben-Egalisierung ist (bei Holzpfeifen) ein verschiebbares Oberlabium (mit Füllstück, siehe Bormann). Geringfügige Abweichungen sind aber durchaus klangbelebend.

  • Frohe Ostern gehabt zu haben!



    Ich hoffe, dass alle das herrliche Wetter

    genießen konnten und trotzdem an den

    vielen Feiertagen Zeit für ihre Orgel hatten!



    Ich habe viel zeit mit herrlichen Spaziergängen durch

    das Saaletal verbracht, und in Gedanken die Ideen ausgeheckt, die ich dann abends in meiner Werkstatt umsetzten konnte. Nachdem ich Freitag und Samstag mit konischen Bohrern und Laubsäge alle Pfeifenlöcher in das Rasterbrett gemacht habe, konnte ich nun Sonntag und gestern die Pfeifen einstellen und hier und dort nachkorrigieren. Nun habe ich gestern abend angefangen, mich um die Fußlöcher zu kümmern, um die Lautstärke in einer "ersten Näherung" zu egalisieren. Innerhalb eines Tones unter den Registern (8-4-2 abfallend auf Mischung bedacht, was auch gut funktioniert) - und dann natürlich innerhalb eines Registers durch 4,5 Oktaven.



    Nun habe ich eine prinzipielle Frage: Angenommen, ich wollte zumindest ein Register komplett gleichlaut intonieren. Ich möchte also nicht einen Diskant, der vom Bass begleitet werden kann, noch umgekehrt. Dann sollten alle Pfeifen gleich 'laut' sein. Gibt es patente Methoden, z.B. vergleich von Oktaven, oder von Sekunden, oder von Akkorden, die das Ohr wenig ermüden und trotzdem zu einem guten Ergebnis führen? Ich habe nach 30min tüt-tüt-tüt ziemlich schnell nur noch grobe Unterschiede gehört. Zudem strahlen tiefe Pfeifen ihre Obertöne nicht isotrop in den Raum, man muß hin- und hergehen, um einen guten Eindruck zu bekommen. Mal dominiert die eine Pfeife, mal die andere.



    Positiv ist, dass ich die Pfeifen auf der Windlade intonieren kann, mit dem endgültigen Winddruck. Negativ ist, dass die Lade noch in der Werkstatt steht und der Raum sehr klein ist (5m²). Das gibt manchmal den 'Badezimmer-Effekt', wenn

    der Pfeifenton in Resonanz mit dem Raumvolumen kommt.



    Gibt es elektronische kleine Helfer, wie z.B. Schallpegel-Messgeräte, die hier helfen? Bei der Intonation habe ich bisweilen ein Osziloskop der Uni mit FFT (Echtzeit Fourier-Analyse) genutzt, um mir das Frequenzspektrum anzeigen zu lassen.



    Sicherlich wird sich der erfahrene Intonateur auf seine Ohren verlassen, aber der unerfahrene Hausorgelbauer macht das gerade zu ersten Mal und möchte es gern so gut und zügig wie möglich hinter sich bringen.



    Ideen willkommen,



    -Ulf.

  • Lieber Ulf,

    nachdem nun hier niemand unmittelbar geantwortet hat, möchte ich Dir ein bißchen was dazu schreiben, auch wenn ich Dich gleich vorab enttäuschen muß:



    " und möchte es gern so gut und zügig wie möglich hinter sich bringen", das, so fürchte ich, wird wohl kaum gelingen:



    Entweder man will es "gut" machen, dann dauert es,

    oder man will es "zügig hinter sich bringen", dann wird es nicht gut; ein altes Dilemma, nun je, Du wirst einen Mittelweg suchen und sicherlich auch finden!



    Meine ganz geringe Hausorgel-Stimm- und Intonier-Erfahrung lehrte mich, daß man während des erstes Jahres immer wieder einmal Hand anlegen muß, bis man ein halbwegs zufriedenstellendes Ergebnis erhält. Ein Patentrezept wird es wohl kaum geben. Immerhin haben wir mit unseren Hausorgeln ja die ideale Voraussetzung, nahezu zu jeder Zeit wieder ein bißchen daran herummachen zu können; auf jeden Fall rate ich von dem ehrgeizigen Ziel ab, das Stimmen und Intonieren möglichst während einer kompakten, gar knapp bemessenen Zeitspanne durchziehen zu wollen.

    Im Grunde genommen gehst Du ja schon mit dem einzig richtigen Ansatz heran: Nichts erzwingen, Pausen einlegen, Spazierengehen, Entspannen... Am nächsten Tag klingt dann alles wieder ganz anders, spiel einfach ein bißchen, nicht nur Tonleitern und Akkorde, lade Freunde ein, welche Klang und Lautstärke beurteilen helfan: Das alles ist eher ein Prozeß, welcher langsam voranschreitet, auch mit Rückschlägen verbunden ist, doch am Ende wird ein ausgewogenes Klangbild entstehen, das vor allem DEINEN Vorstellungen von Orgelklang entsprechen wird!



    Neulich kam bei uns ein Organist vorbei, der ganz begeistert von der Stimmung unseres Portativs war; dabei habe ich es mir sehr leicht gemacht: Einfach ganz gleichmäßig schwebend mit Hilfe eines Gitarren-Stimmgeräts...



    Gut finde ich, daß sich der Schall bei Deiner Orgel in die Höhe ausbreiten kann, 4,50 Meter Höhe, das ist wahrlich traumhaft, bei meinem Opus 1 hatte ich das auch... und daß das Ohr des Spielers nicht direkt beschallt wird! Auf jeden Fall freue ich mich mit Dir, daß es Dir gelungen ist, solch ein Werk zu erstellen; Deine Befürchtung, durch berufliche Einschränkungen zukünftig nicht mehr so viel Zeit aufbringen zu können, kann ich sehr gut verstehen. Bei mir ist wohl auch heuer totaler Orgelbau-Stillstand angesagt; Wirtschaftsflaute heißt anscheinend, daß immer weniger immer mehr arbeiten müssen...



    Nun je, auch das Sich-Mit-Freuen am Erfolg anderer Hausorgelbauer spendet Trost und Zuversicht, eines Tages doch wieder einmal im eigenen Bereich voranzukommen. Und dann erfüllt es mich auch mit Freude, meine Töchter mit maßgefertigten Möbeln zu beglücken!



    Frohes Schaffen wünscht Dir und allen

    Wolfgang.

  • Liebe Forumleser



    Um hier nicht unnötig Platz zu verschwenden, erlaube ich mir, auf meine Homepage http://www.zastrau.net zu verweisen. Dort unter



    'Historische & Haus-Orgeln' - 'Baubericht Hausorgel'



    habe ich Fotos vom Bau meiner Orgel, insbesondere Details der Hauptwerk-Windlade aus neuester Zeit, zusammengestellt.



    Viele Grüße,

    -Ulf

  • Herzlichen Glückwunsch nochmals, Ulf, zu Deinem Instrument, das in seiner Konstruktion wohl als eigenwillig im positiven Sinn genannt werden darf;

    geradezu neidisch könnte man werden beim Anblick des Aufstellungsortes, vier Meter Raumhöhe mit Galerie, von welcher herab die 16-Fuß-Posaune grüßt, großartig!



    Besonders interessant finde ich die Schleifen aus Aluminium (30mm breit, 2m lang).



    Ohne wieder die alten Geschichten auspacken zu wollen, möchte ich aber doch noch auf die Ventilführung zurückkommen mit der Wegbegrenzung in Form des Nagelkopfes:



    "Vorn wird die Führung durch einen Schlitz (Kreissäge) und einen Nagel mit Messingkopf (gegen Herausspringen, Frau Walentovicz/Jahn wird es mir hoffentlich nachsehen...) hergestellt."



    Daß eine Begrenzung sinnvoll ist, um ein Herausspringen bei ungewöhnlich rascher Ventilbetätigung zu verhindern, steht außer Frage, doch möchte ich zu bedenken geben, ob sie hier nicht etwas zu eng ausgefallen ist. Andererseits hast Du ja sicherlich das alles ausprobiert, daß die Ventile nicht bei schnellen Trillern aufschlagen. Beobachten kann man dieses Übeschwingen übrigens nicht, auch wenn das Plexiglas als Spundbrett sicherlich geradezu einlädt, die Ventilbewegung während des Spielens zu beobachten.







    Nach den vielen theoretischen Überlegungen der letzten Zeit, welche ich durchaus als höchst respektierlich erachte, freuen mich Deine Bauberichte ganz besonders, sie üben geradezu eine Strahlkraft aus, welche meine Fingerspitzen zum kribbeln bringen, endlich auch wieder Hand anzulegen, nachdem meine Pedallade mit Pedal im Prinzip spielfertig am Dachboden herumsteht...



    Dir und allen Hausorgelfreunden wünsche ich einen frohen Mai-Feiertag,

    Wolfgang.



    "Kräht der Hahn im Mai

    ist der April vorbei"

    (alte Bauernregel)

  • Hallo Ulf,



    auch von mir Glückwünsche zu Deinem Vorankommen. Mir geht es so wie schon Wolfgang schrieb: Mir juckt es auch in den Fingern wenn ich die Bilder betrachte, vor allem da Deine aktuellen Bauabschnitte bei mir auch unmittelbar bevorstehen. Meiner Windlade fehlen noch die Pfeifenraster und die Fertigstellung der Stöcke. Eine etwas negative Erfahrung war für mich die Verwendung von Buchenholz aus dem Baumarkt. Das Holz hat bei mir noch 1-2 Jahre gelagert bevor ich es verbaut habe, trotzdem hat es dann seit 2007 noch so gearbeitet, dass der Windkasten undicht wurde (bis 2 mm Schwund auf 10 cm Holz. Habe die ganze Sache aber auch wieder im Griff, letzlich musste ich die Traktur neu justieren und in der Lade etwas Leder in den Ecken einleimen, damit ein weiteres Arbeiten nichts ausmacht. Insgesamt 1 Tag Aufwand, war zu verkraften.



    Liebe Grüße an alle aus der Freiburger Gegend und einen schönen ersten Mai



    Jens