Balg mit Abblas- oder Rollventil?

  • Im Laufe der Diskussion über Intonierladen wurde die Meinung geäußert, daß es vorteilhafter sei, den Balg mit einer Abblasvorrichtung vorzusehen anstelle eines Rollenventils.



    Diese Ansicht möchte ich eigentlich nicht unkommentiert stehen lassen, indes bin ich mir nicht sicher, ob das hier überhaupt jemanden interessiert und ich möchte keinenfalls mit meinen Anmerkungen auf die Nerven gehen...

  • Hallo lieber Wolfgang Spitz,

    es würde mich tatsächlich interessieren, was für und was gegen ein Abblasventil spricht, denn noch bin ich mir meines derzeitigen Weges nicht ganz sicher.

  • Also das würde mich auch sehr interessieren. Ich habe schon viel an meiner Balganlage rumgespielt, z.B. habe ich einen Frequenzumrichter eingebaut, der die Frequenz des Gebläses regelt (niucht nur 50Hz, sondern linear mit der Höhe der balgplatte von 40 Hz bis 70 Hz).



    Anstelle der Rollgardine ein Auslassventil anzubringen (und wo?) ist sicherlich auch eine gute Idee, aberich bin mir nicht sicher, ob es damit praktische Erfahrungen gibt. Wenn ja, wäre es sicherlich interessant. Es schließt dann wohl die Frequenzregelung des Gebläses wieder aus, nicht wahr?



    Ulf

  • Die Gebläsedrehzahl vermittelst eines Frequenzumrichters in Abhängigkeit der Balgplattenstellung zu verändern scheint mir die beste Lösung zu sein, damit das Gebläse nicht unnötig viel Wind erzeugt; es handelt sich um eine 'überlagerte' Regelung, sie ist der eigentlichen Balgregelung mit dem Ventil überlagert. Welches Ventil verwendet wird, ist dabei vom Grundsatz her gleichgültig, verschieden ist lediglich die Ausführung der Rückkopplung an den Frequenzumrichter: Möglicherweise wird man den Drehwiderstand direkt am Gelenk des Abblasventils anbringen können, während man bei einem Rollventil die Stellung der Balgplatte über einen Hebel dem Drehwiderstand mitteilen kann.



    Praktische Erfahrungen mit Abblasventilen habe ich selbst nicht, sie werden indes wohl häufig eingebaut, in einem Positiv sah (und hörte!) ich eine sehr gute Dimensionierung, das Abblasgeräusch in den Spielpausen war kaum hörbar, der Winddruck einwandfrei konstant. Doch gibt es in der Nähe von Erlangen leider auch ein Gegenbeispiel: In der kleinen Kirche von Kriegenbrunn zischt es vernehmlich, wenn die Orgel nicht spielt; das kann wohl nur an dem Abblasventil liegen!

    Schließlich sieht Reinhold Schafroth große Vorteile im Abblasventil gegenüber dem Rollenventil, und ich erlaube mir, ihn aus dem Kapitel "Intonierlade" zu zitieren:



    "Zu Balg/Balgventil: Ich halte nicht viel von einem Rollventil. Physikalisch-logischer finde ich ein Abblas-Ventil auf der Speicherbalg-Deckplatte, das im ganzen Windsystem den selben Druck gewährleistet und nur die überschüssige Wind-Menge ableitet. Dadurch entstehen auch nur gering wechselnde Drücke auf den Motor. Die Motorleistung muß aber so groß sein, daß das Ventil beim "normalen" Spiel immer etwas geöffnet ist, sich nur beim vollgriffigen Tutti bzw. Staccato mal kurz schließt, besser gar nie."



    Um es vorweg zu sagen: Es freut mich, daß neben dem bereits angeführten Beispiel hier eine gelungene Windregelung durchgeführt wurde. Doch möchte ich für mich an der Regelung mit einem Rollenventil festhalten:



    Ganz gleich, welche Ventilart, besser gesagt, welche Regelungsart, die Abwärts- oder Aufwärtsregelung angewendet wird, das Übel des Windüberschusses beim Piano-Spiel und während der Spielpausen bleibt erhalten, Abhilfe brächte, wie eingangs angeführt und von Ulf erfolgreich praktiziert, der Einsatz eines Frequenzumrichters.



    Sinnvoller halte ich die Drosselung mit dem Rollen- oder Schieberventil, damit erst gar nicht so viel Wind in den Balg hineinkommt, während beim Abblasventil stets die volle Strömung vom Gebläse hereindrückt, was möglicherweise zu den gefürchteten Verwirbelungen führt, die sich über den Kanal bis zur Lade fortpflanzen.



    Es ist richtig, daß das Abblasventil den Gebläsemotor immer gleichmäßig belastet, doch wie? Indem stets die volle Leistung abverlangt wird, während das fast geschlossene Rollenventil in den Spielpausen das Gebläse zuhält und damit den Motor entlastet (!), nicht umsonst steht auf den älteren Ventola-Gebläsen der Hinweis, das Gebläse nicht frei ausblasend zu betreiben.



    Endlich möchte ich noch das Problem mit dem Abblasgeräusch ins Feld führen: Wenn es auch gelingt, das Zischen gerade bei wenig geöffnetem Abblasventil durch Schallschutzmaßnahmen zu dämpfen, ist das eine Arbeit, die sich beim Einsatz des Rollenventils erst gar nicht stellt.



    Habe ich bei der Abhandlung etwas übersehen? Bitte schreibt Eure Meinungen, Eure Erfahrungen!



    Wolfgang.

  • Lieber Wolfgang,

    wir haben an zwei etwa gleichartigen Kleinorgeln einmal mit Rollgardine und einmal mit Ablassventil die Windanlage aufgebaut.

    Funktionell können wir an beiden Systemen keine Unterschiede feststellen. Nachteil des Blasventils: störende Nebengeräusche. Angebrachte Dämpfer haben nicht zufriedenstellend gearbeitet. Deswegen Umbau mit Umleitung eines Teils der vom Gebläse kommenden Luft (vor dem Balg) zurück in die Gebläseansaugung. Der abführende Stutzen hat eine ventilartige Vorrichtung, die mit der Balgfüllung korrespondiert. Damit kommen wir besser zurecht.



    Nachteil Rollgardine: bei Leerlauf vor geschlossener Gardine kam es zum Motortremolieren.

  • Orgelfreunde,



    Ich bin gerade dabei den Schwimmerbalg/ Regulator zu bauen für einen Ventus Winderzeuger von 5 m3/min. Dabei überlege ich folgendes:

    Nicht entweder / oder, sondern Rollgardine und Ablassventiel zusammen anwenden scheint mir eine bessere Lösung.

    Dazu soll die Zuluft-öffnung hinter der Gardine nach unten in eine Spitze auslaufen wie eine umgekehrte Pyramide. Das Ablassventiel soll nun, von aussen, so eingestellt werden dass es erst öffnet wenn der Balg fast oben ist, also bei wenig Windverbrauch und Spielpausen wobei dann auch kaum Ablassgeräusch entsteht. Bei mehr Windverbrauch sinkt die Balgdeckplatte etwas und wird, abhängig vom Gebläse Kapazität, das Ablassventiel wieder schliessen.

    Man behält so eine mehr oder weniger konstante Luftströmung



    Gruss,

    Peter


  • R.S.:

    Es gibt noch eine 3. Möglichkeit der Windregelung, wie sie Orgelbauer Gerhard Schmid, Kaufbeuren, bei kleineren Kirchenorgeln anwandte:



    Ein Schwimmerbalg. Die Balgplatte ist (innerhalb des Balges) mit einem 2-teiligen Hebel verbunden, der ein Tellerventil am Eingang zum Balg bewegt und dabei die Einlassmenge vom Motorgebläse regelt. Die Winkelverhältnisse an den Hebeln sind so gewählt, dass die Bewegung des Tellers nicht linear erfolgt. Die genauen Winkelverhältnisse sind mir leider nicht bekannt. Bei ungünstigen Verhältnissen kommt das System ins Schwingen. Wohl eine Experimentiersache.

    Ohne Wind im Balg ist das Tellerventil ganz offen, der Balg füllt sich beim Einschalten des Gebläses schnell. Erst wenn die Balgplatte 2/3 der Maximalhöhe erreicht hat, macht sich das Ventil bemerkbar und schließt dann nicht linear, sondern stark progressiv. Die Balgplatte kommt dann bei 90% Maximalhöhe zum Stehen. In Folge der unvermeidlichen Undichtigkeiten der Ventile, Windlade, Zuleitungen und eventueller Luftwirbel bewegen sich beim nicht-spielen Balgplatte und Tellerventil nur 1 bis 2 Millimeter. Es wird kein Wind abgeblasen. Beim vollgriffigen Spiel sinkt die Balgplatte schnell (je nach Balggrößenbemessung) auf 50 - 30 % Höhe, steigt aber ebenso schnell wieder auf 70 - 90 % Höhe. In dieser Funktionsweise hat Schmid ebenso Laden-Bälge gebaut. Diese sind aber inzwischen wegen allzu guter Regelung (= "starrer Wind") nicht mehr beliebt.