Gebläsekiste

  • Hallo liebe Orgelbauer!



    Nach einer Woche Konzertreise und Urlaub komme ich frisch gestärkt und voller Tatendrang zurück. Ich habe u.a. in Schwerin auf der dicken Ladegastorgel spielen dürfen (und auch drin herumklettern), und ich kann nur sagen: akustischer 32'-Fuß ? Pa. Dort hat man doch 4 echte 32-Füsse, durchschlagende Zunge, Offen oder Gedeckte Labiale, einen sogar im Manual! Was man dort an akustischen Rafinessen findet sind Sachen wie ein Akustischer 64'! Über den Nutzen dieser "Terz 12 x/y" hat sich der Domkantor allerdings zurückhaltend geäußert *g* (Zitat: "Sehr beliebt bei Gastorganisten").



    Nun zu profaneren Dingen.

    Ich habe ein Gebläse (max. 60mmWS), in einem Kasten (Buche 1cm stark), und einen Schwimmerbalg (50x50cm²) mit Rollventil.



    Beides macht Geräusche: Das Gebläse brummt ein wenig, wenn es nicht alle Luft herauslassen kann. Und der Schwimmerbalg überträgt über die Membran (doppelt Outdoor-Folie, mit der man üblicherweise bei Regen Gartenmöbel abdeckt) die hochfrequenten Strömungsgeräusche des Windes.



    Da das ganze sowieso ausserhalb der Orgel zu stehen kommt, hatt ich nun den Plan, eine Art "Schatztruhe" zu bauen, ca. Grundfläche 60x100cm², Höhe 45cm. Beides Hinein, also Gebläse im Kasten hinein wie auch das Regulierventil mit Balg und Steuerung.



    Die Frage:



    Baue ich massive Bretter, bekomme ich wohl die hochfrequenten Sachen wie Rauschen gut in den Griff, jedoch werden die langen Wände zum mitbrummen mit dem Gebläse neigen. Baue ichda lieber eine Rahmenkonstruktion und dünne Füllungen?



    Nehme ich Sperrholz, Leimholz (Fichte? Buche?) und MDF / HDF-Platten (sieht nicht so schon aus).



    Ich dachte daran, die Kiste unten dock mit Schaumstoff auszulegen, und die Komponenten einfach hineinzustellen, um sie zu entkoppeln. Gibt es da bessere Lösungen?



    Ich habe nämlich die erschreckende Erfahrung gemacht, dass das gebläse (was das brummen angeht) ohne die jetzige Kiste weniger laut brummt als mit Kiste. Unter allen Umständen vermeiden will ich also eine schöne Holzkiste, die den Klang noch verstärkt und den ganzen Raum mit einem Bordumton versorgt...



    beste Grüsse



    Ulf

  • Hallo Ulf,



    hast Du einen Maschinenbauer in Deiner Nähe?

    Ich würde folgendes vorschlagen:

    Gehäuseboden zu Fußboden sowie Gebläse zu Gehäuseboden mit Gummipuffern trennen, wie sie z. B. auch unter Kompressoren zu finden sind.

    Ein möglichst schwerer Gehäuseboden, z. B. also aus einer Stahlplatte wäre dann wohl in sich selbst auch möglichst Schwingungsarm.

    Beim Schallschutz für mich aus Schreinersicht gilt die Regel:

    'Je schwerer desto Dämm'

    Also wären gewichtigere Materialien auf alle Fälle vorzuziehen.

    Schön zu verarbeiten wäre z. B. dreischichtplatte 25mm.

    Oder noch besser: Wasserfest laminiertes Sperrholz ab 19mm stark.

    Die Auskleidung der Kiste würde ich mit speziell Schalldämmenden Materialien vornehmen, wie sie wieder der Maschinenbauer vorrätig haben dürfte.

    Ich habe was, was in Hobelmaschinen eingesetzt wird.

    Ist etwa 3cm stark und in der Oberfläche etwa wie Eierdeckel geformt.

    (Solche waren glaube ich früher schalltechnisch auch recht beliebt)



    Schaumstoff (wenn ich mir das gleiche vorstelle wie Du) würde sich glaube ich unter dem Gewicht des Gebläses ruckzuck zu einer festen - und wieder übertragungsfähigen - Schicht zusammendrücken. Zum Dämmen ist es glaube ich zu porös.



    Schöne Grüße

    Johannes

  • Ulf Zastrau:
    Unter allen Umständen vermeiden will ich also eine schöne Holzkiste, die den Klang noch verstärkt und den ganzen Raum mit einem Bordumton versorgt...





    Lieber Ulf,



    bitte rechne mir meine Sünde nicht an, wenn ich heute einmal ausnahmsweise ironisch antworte:





    Du könntest doch den Besucher einfach weismachen, daß bei Deiner Hausorgel absichtlich ständig ein Bordun-Orgelpunkt 64-Fuß erklingt...





    Ansonsten klingt mir die Ausführung des Johannes sehr erfolgversprechend; aus eigener Erfahrung kann ich nicht so viel beisteuern, bei meinem Jugendwerk anno 1982 stellte ich das alte, viel zu große Gebläse einfach irgendwo unten auf den Steinboden hinter der Orgel. Dadurch wird man zwar das typische "Brummen" gewahr, indes fehlen irgendwelche Resonanzerscheinungen durch abdeckende Gehäuse.





    Bei meinem aktuellen Projekt möchte ich die Windversorgung außerhalb des Orgelzimmers aufstellen, wo das auch immer sein wird - mit neidischem Blick aus Johannes' Möglichkeiten, im Keller sich einen Platz dafür "mehr oder weniger erkämpft" zu haben!





    Es grüßt Euch Euer zur Zeit recht geräuschloser



    Wolfgang



    P.S.: Hast Du, lieber Ulf, die Ferienzeit genützt, die neulich erworbenen alten Hausorgelzeitschriften zu studieren?



  • Hallo Ulf,



    laeuft Dein Geblaese mit 230 V AC, 50 Hz? Und wird die dritte Phase mit einem Kondensator erzeugt?



    Ich moechte Dir vorschlagen das Problem an der Wurzel zu packen: reduziere die Anregungen des Motors. Zu Beginn meines Opus2-Baues hatte ich solche Verhaeltnisse wie Du sie beschriebst auch.



    Eine deutliche Reduzierung der Schwingungsanregungen durch den Motor erzielte ich nach dem Einbau eines Frequenzumrichters (leider etwas teuer, ca. EUR 400). Dieser veraendert die Frequenz des Drehfeldes von ca. 30 bis 60 Hz, sodass auch die Geschwindigkeit der Drehachse und damit die Luftmenge eingestellt werden kann. Ein bekannter Teilelieferant mit L hat ein System, das zwischen hohem und niedrigem Luftverbrauch erkennt und die Drehzahl (= Luftmenge) automatisch anpasst. Der Haupteffekt an Beruhigung mit dem Frequenzumrichter kommt aber aus dem symmetrischen Drehfeld mit 3 Sinusschwingungen je um genau 120 Grad versetzt. Fehlt eine der drei Phasen, oder wird sie durch den oben erwaehnten Kondensator erzeugt, gibt es eine elektrische 'Unwucht' und der Motor regt die Geblaesekiste mit 50 Hz an.



    Eine Verschiebung der Anregungsfrequenz kann auch durch Masseaenderungen erreicht werden. Auf schwere Waende mit Bleiauskleidung oder Fuellungen mit Lautsprecher-Daemmmaterial wuerde ich trotzdem verzichten.



    Bei der Montage des Geblaeses achte auf folgende Randbedingungen:

    1) Das Geblaese vom Unterboden entkopppeln. Eine schwere Platte auf einem weichen Zwischenelement ist guenstig dafuer (siehe Johannes Vorschlag oben).

    2) Den Luftauslass aus dem Geblaese ueber eine flexible Leitung an den Kanal oder das Magazin anschliessen. Es duerfen keine Anregungen des Motors durch mechanische Kopplung weitergegeben werden.

    3) Es soll immer ein wenig Wind verschleichen. Das Rollventil soll nie zugehen. Es gibt sonst in dem kleinen, verbliebenen Loch eine hohe Windgeschindigkeit und viel Geraeusch. Der Zustand mit dem Windverschleich ist durch Undichtigkeiten in den Laden und Kanaelen eigentlich immer gegeben. Ich habe gezielt eine Oeffnung d=12 mm bei der Hauptwindlade gelassen und die Luft durch einen Schlauch in die Ansaugkiste zurueckgefuehrt. Das Geblaese muss zwar mehr Windmenge bringen, aber die Beruhigung des Rollventils war wichtiger.



    Nun wuensche ich Dir noch viel Erfolg beim Leisemachen des Geblaeses.



    Herzliche Gruesse

    Thomas Reinhardt

  • Danke für eure Gedanken!



    Dass ein Frequenzumrichter besser ist als diese "Unwucht" bzw. nichtüberlegerte Phase zwischen Strom und Anker, scheint mir auch logisch. Ich werde wohl mal einen bei ebay kaufen und es probieren.



    Wie ich schon mal schrieb, habe ih irgendwie keinen echten Drehstrommotor mit 6 Strippen, sonder es kommen nur drei aus dem Motor raus, an zweien ist 220VAC dran, an der dritten der Kondensator. Wolfgang hatte ja schon vermutet, dass der Motor inten im Stern verschaltet ist. Nur - wissen tue ich das halt nicht (Meidinger 60mmWS)



    Ich habe jetzt mal eine Kiste gebaut, der Leim trocknet gerade. Ich werde mal alles hineinsetzten, Balg und Motor voneinander mit Schläuchen getrennt und alles zur Kiste getrennt (Dämpfer, Platte, weiches Zwischenmaterial). Ganz gut hat bei mir immer funktioniert: dicker Schaumstoff auf den Boden und dort dann eine Hartholzplatte mit dem Gerät stellen. Ich werde es euch wissen lassen, falls es funktioniert !



    Gruß



    Ulf

  • Normalerweise müßte der Motor bei der beschriebenen Anschlußart im Dreieck verschaltet sein, d. h. daß an den drei Anschlußklemmen jeweils zwei Drähte angeschlossen sind. Da das aber anscheinend nicht der Fall ist, vermute ich eine intern verdrahtete Sternschaltung.



    Wie dem auch sei, wichtig ist bei einem Anschluß an einen Frequenzumrichter, daß der Motor weiterhin nur mit 3 x 230 V~ versorgt wird, also mit einem Frequenzumrichter, der an das Einphasen-Wechselstromnetz 230 V (Steckdose) angeschlossen wird!



    Der Gesichtspunkt des ruhigeren Laufes ist mir neu, bitte teile uns doch mit, ob sich tatsächlich ein verringertes Geräusch beim Betrieb mit dem Frequenzumrichter dank gleichmäßigerer Momententwicklung eingestellt hat;



    mit neugierigem Gruß

    Wolfgang

  • Lieber Herr Zastrau,

    Möglicherweise etwas spät:

    Vielleicht hilft Ihnen mein Beitrag in "Die hausorgel" Nr.15 , Seiten 58 bis 61 zum Verständnis des Problems auch weiter.



    Herzliche Grüße,

    Andreas Richter

  • Hallo Herr Richter,

    selbstverständlich kenne ich ihren Artikel in- und auswendig. Ich habe ihn früher schon gelesen, und jetzt nochmals. Was ich daraus mitgenommen habe, sind die "ergonomisch" geformten Strömungsverläufe. Da ich aber meinen Schwimmerbalg (45x45cm^2) samt Rollventil Balg in die Kiste (mitlerweile fertig, 50x50x100cm^3) integrieren wollte, konnte ich nicht alles so nachbauen.



    Das Problem des Lusteinlasses werde ich sicher auf Ihre Art lösen, mit mehrren "Etagen". Das steht jetzt noch an. Es war aber beeindruckend, ein 30mm-Loch in die Kiste zu bohren (eigentlich für das Netzkabel) und dann zu hören, welchen lauten Pfeifton der eingesaugte Wind macht.



    Die Kiste ist ansonsten ziemlich leise. Ich habe festgestellt, dass das brummen des Motors nur auftritt, wenn eine bestimmte kleine Menge Wind verschleicht: Hält man den Motor ganz zu, ist Ruhe, ebenso wenn viel Wind verschwindet.



    Einen Frequenzumrichter habe ich bisher noch nicht gekauft, da mich mein Kontostand gerade davon abhält, u.U. sinnlose Investitionen zu tätigen



    beste Grüsse

    Ulf

  • Verzeih mir bitte, lieber Ulf, meinen völlig unnötigen Kommentar, doch ich habe selten so herzhaft lachen müssen wegen eines Tippfehlers:



    "Das Problem des Lusteinlasses ... "



    Trostreich finde ich es übrigens, daß ich mit dem Problem investitionshemmender Kontostände nicht allein bin,

    Wolfgang

  • Grüss Gott,



    Einige Ergänzungen zu obigen Ausführungen:

    Wenn Sie schon eine Kiste " mit Innenleben" gebaut haben, bekleben sie doch diese vollflächig, also auch Deckel und Boden mit HAWA - Schalldämmplatten, (Ist eine Kunstoffolie mit Metallfüllung ) stellen diese in eine zweite, gebaut aus BARSONIC ( Ist eine Schalldämmplatte bestehend aus 2 Kunstoff- Schwerschichten mit mittigem Glasfaserkern )auch Boden & Deckel der 2. Kiste muss aus Barsonic bestehen.

    Wenn die Kunstofftaschen der HAWA Platten angeschnitten werden, muss darauf geachtet werden, dass die Füllung (kleine Metallkügelchen) nicht leer läuft.(Schallbrücke für bestimmte Frequenzen) Mit Löffel einfüllen und Klebeband abkleben. Peinliche Sorgfalt in der Herstellung der "Barsonic-Kiste", besonders der Eckpartien und der Luftein- & Auslässe ist zwingend, weil in den allermeisten Fällen hier Schallbrücken entstehen, z.B. wenn die beiden Kunstoffplatten mit Schrauben o.ä. verbunden werden. Pflicht sind wie schon erwähnt Schikanen im Lufteintritt und im Austritt entsprechende Vorkehrungen. Unter das Ganze Gummi-Schwingelemente und bei den nachfolgenden

    Luftkanälen KEINE SCHALLBRUECKEN !!!.

    Seitdem es diese Rohmaterialien im Handel gibt baue ich mir meine Ventilatorkisten auf diese Art. Diese sehr, sehr, sehr schwere Ventilatorkiste besteht zugegeben aus viel "Kunstoff" und zupft am Geldbeutel, doch ich höre dafür das Klaggut und nicht den Ventilator.

    Gutes Gelingen wünscht:



    hermann werlen.

  • Weil gerade ein Frequenzumrichter in unserer Elektrowerkstatt übrig ist, verwendete ich ihn probeweise für das Orgelgebläse. Tatsächlich ergab sich ein ruhigerer Lauf gegenüber dem Betrieb mit dem Kondensator. Allerdings verursachte der Gerätelüfter ein gräßlich-sirrendes Geräusch, so daß ich den Teufel mit Belzebub austrieb.



    Bei Verwendung eines Frequenzumrichters also unbedingt darauf achten, daß dieser keinen Lüfter hat,

    Wolfgang.

  • Angeregt durch Ulfs liebevolle Bezeichnung als "Schatztruhe" und dank Herrn Werlens detailierter Baubeschreibung zimmerte ich mir nun endlich solch eine Kiste zusammen; jetzt hab ich meine Ruhe und Platz im Portativ noch dazu, denn neben dem alten Staubsaugergebläse und den Transformator verbannte ich auch den kleinen Balg in den Kasten, so daß der Erweiterung um die Baßoktave nichts mehr im Wege steht!



    Da die speziellen Dämmstoffmaterialien in den für den Hausorgelbauer typischen Kleinstmengen in Deutschland wohl nicht so ohne weiteres erhältlich sein dürften, kamen als geräuschdämmende Schicht zwischen dem Holzgehäuse des Gebläses und dem alles umgebenden äußeren Kasten drei Zentimeter starke "Akustikdämmplatten" von Isover zur Anwendung, wobei man hier unter Platte keineswegs eine stabile Sache verstehen darf, vielmehr eine stoffartige Zusammenpressung von Glaswolle, beim Hausbau als Dämmung von Hohlwänden und Decken eingesetzt.



    Mit leisen Grüßen,

    Wolfgang