Risse ausspänen

  • Hallo, Orgelbauer!



    Problem:

    Meine historisch rekonstruierten Keilbälge sind aufgerissen!

    D.h. die Ober- und Unterplatte.

    Grund: Ein Heizungsspezi hat an den Raumthermostaten 'rumgefummelt und am nächsten Tag waren's dann rund 26°C auf der Orgelempore!

    Eine Woche später dann die Risse.

    Sonst herrschen rund 14°C in der Kirche.

    Wurde natürlich angemosert, mein Holz sei schlecht, was aber nicht stimmt.

    Nun müssen die Risse wieder geschlossen werden.

    Aber wie auf Dauer ein erneutes Reißen verhindern?

    Hat jemand einen Tipp, wie ich bis in die Ecken die Risse sauber schließen kann?

    Ausspänen, klar...aber, es soll sauber sein und halten!



    Gruß,

    Andreas Keber


  • Hallo, Johannes!



    Habe damals noch nichts ausgespänt.

    Problem an der Geschichte ist, daß diese historisierende Ausführung offenbar extrem klimaanfällig ist.



    Soll heißen:



    Wir haben ca. 10cm breite Fichtenbretter (stehende Ringe, astfrei) zu 1,2m breiten und 2,1m langen Platten verleimt.

    Darüber kamen dann am oberen und unteren Ende Gratleisten. Zusätzlich wurden noch, ca. 15cm vom Rand entfernt, links und rechts an den Längsseiten Eichen-Kanthölzer (8x10cm) aufgeleimt.

    Dadurch bildet sich eine Art "inneres Rechteck", heißt, die Fichtenplatte ist in diesem Bereich vierseitig fest.

    Durch Holzschwund entstehen Risse. Logisch...

    Aber...

    1.) Das verwendete Fichtenholz war absolut trocken und Klasse A!

    2.) In weiser Voraussicht haben wir extra schon 10cm breite Streifen zusammengeleimt und keine breiten Bretter!

    3.) Diese Bauart ist genau nach Stumm nachgebaut anhand noch vorhandener Originalbälge in Armsheim/Rheinhessen (1739).



    Das Klima in der Kirche ist stark instabil. Luftfeuchte rel. von 30 bis 85% innerhalb einer Woche schwankend!

    Deswegen haben wir die Luftheizung auch fest auf 13°C eingestellt, denn nach umfangreichen Messungen haben wir entdeckt, daß bei dieser Temperatur die geringsten Feuchte-Schwankungen auftreten (45-75%).



    Es sind nur an den Bälgen die Risse entstanden.

    Die Windkanäle, die aus dem gleichen Holz gefertigt wurden, haben keinerlei Schäden gezeigt!

    Nun möchte ich die Risse endlich schließen. Allerdings so, daß ich nicht die Belederung entfernen und die Bälge öffnen muß!

    Denn das wäre unverhältmäßig teuer, schließlich könnte ich dann einen Großteil des Leders wegwerfen!



    Nach Schließen der Risse wäre es evtl. angedacht eine Dehnfuge einzubringen...

    Für Vorschläge bin ich dankbar!



    Gruß,

    Andreas

  • Hallo Andreas,



    >Das verwendete Fichtenholz war absolut trocken und Klasse A!



    Also, wir haben immer größte Probleme, bei Fertigungen für Kirchen das Holz in der Werkstatt ausreichend feucht zu halten!

    Die technische Luftbefeuchtung ist oft an den Grenzen, um die Holzfeuchte zu erreichen, die in Kirchen passt.

    Entscheidend ist ja nicht die RLF sondern das Holzfeuchtegleichgewicht. Das ja in Abhängigkeit von der Temperatur, die ja in Kirchen oft kühler ist als an Arbeitsplätzen, eine andere nötige RLF entsteht, als die in der Kirche vorhandene.



    >Das Klima in der Kirche ist stark instabil. Luftfeuchte rel.

    >von 30 bis 85% innerhalb einer Woche schwankend!



    Die Holzgleichgewichtsfeuchte ändert sich ja nur langsam mit, und dürfte deshalb einen einigermaßen gleichmäßigen Mittelwert bilden, auf den die einzubauenden Holzteile einzustellen sind.



    Wobei eine wie oben genannte Änderung schon bedenklich ist.

    Ich gehe mal davon aus, dass das Lüftungsverhalten gemäß den Vorschlägen des BLfD eingehalten werden.



    Ich kann mir kaum vorstellen, dass die restliche Ausstattung der Kirche dies langfristig unbeschadet überstehen kann.

    (Fassungen, Vergoldungen usw.)



    >Zusätzlich wurden noch, ca. 15cm vom Rand entfernt, links und

    >rechts an den Längsseiten Eichen-Kanthölzer (8x10cm)>aufgeleimt.



    Wie ich das vestanden habe, wurde damit das Arbeiten des Holzes unmöglich gemacht. Sind diese Längs-auf-Quer-Verleimungen auch im Original _vollflächig_ geleimt gewesen?

    Wäre es nicht möglich, die Platte im Grat arbeiten zu lassen?



    Nunja, dies ist ja jetzt alles schon hinfällig.

    Aber eine gleichmäßigere Feuchte auf Dauer trotzdem empfehlenswert.



    Zum Ausspänen von mir aus fachlicher Sicht leider keine anderen Vorschläge.



    Schönen Gruß

    Johannes


  • Hallo, Johannes!



    Die Konstruktion meiner Bälge orientiert sich streng am Original.

    Ist sozusagen eine Kopie in verkleinertem Maßstab.



    Auffallend war, daß die Originale in Armsheim ebenfalls Risse hatten, die mit Lederstreifen überklebt waren.

    Allerdings, nach Aktenauskunft, entstanden diese Risse erst nach Einbau einer Luftheizung in den fünfziger Jahren.

    Heute ist diese Kirche durchwegs mit 11°C und 65% rel. LF klimatisiert.

    In meinem Fall werde ich es mal mit einem Luftbe- und entfeuchter probieren.

    Ich habe eben nur bedenken, daß, wenn die Risse ausgespänt sind, wieder neue entstehen aufgrund der LF-Schwankungen!

    Oder ich muß die Platte längs in der Mitte auftrennen, innen mit einem Lederstreifen überkleben und außen Silikon in die künstliche Fuge spritzen.

    Das Verfahren nach Stumm bzgl. seiner Balgkonstruktion ist eine am Mittelrhein übliche Bauart.

    Sie hat sich bewährt. Allerdings offenbar nicht in klimatisch schwierigen Räumen!



    Gruß,

    Andreas

  • Hallo Andreas,



    >Ich habe eben nur bedenken, daß, wenn die Risse ausgespänt

    >sind, wieder neue entstehen aufgrund der LF-Schwankungen!



    Das ist sicher anzunehmen.



    Ich habe gerade beim nochmal lesen gemerkt, dass ich die Konstruktion falsch verstanden habe.

    Die aufgeleimten Leisten sind ja in selber Faserrichtung wie die Platte. Da hakts ja weniger.

    In Querrichtung nur die Gratleiste.

    Ich dachte, Gratleiste und aufs Hirnholz aufgeleimte Nutleiste.

    Aber in Querrichtung sperrt nur die Gratleiste.

    War die denn beim Original vollflächig auf ganze Länge geleimt?

    Das lernen ja heute schon die Lehrlinge anders. ;-))



    >Oder ich muß die Platte längs in der Mitte auftrennen



    Also scheint man mit größeren Bewegungen Leben zu müssen.

    Also besser Vorsorge treffen, die Bewegungen erlauben und neue Risse unterbinden.

    Ich würde eine Nut-und-Feder-Verbindung oder überfälzt vorziehen, weil dann durch die Verbindung bereits eine gewisse Stabilität (gegen verwerfen der Teile gegeneinander und auch als 'Rückhalt' für das Leder).

    Dies wird sich aber im eingebauten Zustand kaum ermöglichen lassen.



    So wie ich mir die Sache vorstelle, würde ich den Riss außen mit der Oberfräse überfräsen (20mm z. B.) und dann ein Füllstück einleimen (Breite dann z. B. 15mm).

    Dadurch bleibt Luft für weiteren Schwund.

    Das Füllstück darf halt nur an einer Seite fest eingeleimt werden, die andere Seite bleibt ungeleimt.



    Dann könnte man von Innen einen Lederstreifen mit Spielraum links und rechts von der Fuge aufleimen.



    Oder wie wäre es, in die 20mm breite Nut

    einen 25mm breiten Lederstreifen einzuleimen.

    Links und rechts vom Riß vielleicht noch mit einer Leiste 7/7 mm gesichert.

    Dann muss man nicht innen in den Balg.



    Silikon würde ich - wie Du ja früher auch schon mal geschrieben hast - rigoros ablehnen.



    Schönen Gruß

    Johannes



    PS.: Manchmal macht uns das streng historische Vorbild schon zu schaffen.

    Auf der einen Seite begrüße ich solche Vorhaben.

    Auf der anderen Seite haben 'die Alten' schon manchmal auch grobe Fehler gemacht, wo wir heute mit den gleichen Materialien andere Konstruktionen verwenden würden.



    Aber wenn man das Prädikat 'nach historischem Vorbild' anwenden will, dann denke ich gibts nur eins:

    Auch die Fehler der Alten, oder das was wir glauben besser zu wissen, muss mit übernommen werden.


  • Hallo!



    Nach langem Hin und Her und viel Klebeband habe ich jetzt eine Lösung gefunden:

    Wenn ich die Bälge dort, wo die zwei Faltenbretter aufeinandertreffen, also im "Maul" des Froschmaulbalges, auftrenne, sprich den Lederstreifen entferne, und noch die Balgzwickel abziehe, dann kann ich den ganzen Balg auseinanderklappen.

    Die anderen Lederstreifen und die Flechsen bleiben dabei verschont.

    Dann kann ich von innen und außen ausspänen.

    Ich möchte dann mittig Ober- und Unterplatte den langen Weg einschneiden, um eine Dehnfuge zu erhalten.

    Innen kommt ein Lederstreifen drüber.

    Außen, zum Füllen der Fuge, wohl oder übel holzfarbenes Silikon :-(

    Oder gibt's was Schöneres?

    Pergamentstreifen?

    Leder fällt ja zuviel auf.

    Problem:

    Wie sägen oder mit was, damit eine feine Fuge entsteht und ich bis zu den Rändern durchkommen. Dort muß nämlich ein senkrechter Schnitt entstehen, nur kann ich dort nicht durchfahren, weil ich einmal im Winkel des Keilbalges ankomme und auf der anderen ein Faltenbrett vor der Nase habe.

    Eine Kreissäge geht schlecht.

    Wohl doch eine geführte Stichsäge mit feinem Blatt?

    Oder ein Multicut von Fein?



    Vorab "Danke" für ein paar Tipps!



    Gruß,

    Andreas Keber

  • Hallo



    >Oder ein Multicut von Fein



    Wäre auch meine erste Idee gewesen.

    Ist nur recht Umständlich gerade zu führen.



    Kennst Du die Stichsäge, mit der man bis genau an die Kante fahren kann? (also nicht die sonst üblichen 4 bis 5 cm Rest)



    Johannes

  • Hallo, Johannes!



    Es gibt ja welche, bei denen das Blatt sehr weit vorne sitzt.

    Aber, daß man ganz durchfahren kann?...

    Welches Fabrikat?



    Im Notfall muß man halt die letzten 1-2cm von Hand sägen.



    Gruß,

    Andreas

  • Hallo Andreas,



    ich selber habe die auch nicht,

    wurde im BM April 2005 vorgestellt.



    Habes mir aber gleich eingemerkt,

    drum habe ichs - ha - sofort wieder gefunden.

    Wir haben oft auch so Fälle, wo man sich dann mit dem Gemurkse auf die letzten cm viel Probleme schafft.

    Drum wäre die für uns vielleicht mal interessant.



    Dewalt, z. B. DW 331 K

    mit Spezialsägeblatt DT 2074.

    http://www.dewalt.de



    Das besondere ist das Sägeblatt, dass mit 30mm breíte randbündiges Schneiden ermöglicht.

    Auf der Abbildung sieht das Blatt so aus,

    als ob es sich in jede Stichsäge einsetzen läßt.

    Dann wäre es natürlich am einfachsten.



    Schönen Gruß

    Johannes