Hallo liebe Orgelfreunde,
gestern habe ich das c0 (die tiefste Innenpfeife) eingebaut. Ich habe etwa eine Woche gebraucht um sie zu intonieren, jeweils nur ein paar Minuten Abends jeden Tag. Während dieser Zeit habe ich einiges an Intonation dazugelernt. Allgemeines zu Intonation habe ich aus folgenden Quellen:
- Homepage von Reiner Janke, Artikel "Grundzüge Intonation": http://www.orgel-info.de/into-ein.htm
- Buch "Heimorgelbau" von Karl Bormann (das Standardwerk)
- Hausorgel Heft 7/1996 "Grundsätzliches über Intonation" von Werner Götz
- Baubericht von "Corno_dolce" hier im Forum, vor einigen Jahren
Die Pfeife ist nicht ganz unproblematisch, denn sie ist erstens eng und zweitens doppelt gekröpft um in das 1m breite Gehäuse zu passen.
Beim Intonieren darf man wirklich nicht aufgeben und nie die Geduld verlieren. Viel Ausprobieren ist da angesagt. Ich sehe mich da immer noch als Anfänger.
Folgende Parameter habe ich herausgefunden die gut funktionieren:
- Kernschräge: Angefangen habe ich, wie Werner Götz es vorschlägt, mit einer Kernschräge von 9°, analog zum Oberlabium. Dabei ging jedoch gefühlt der Wind zu sehr nach innen. Inzwischen bin ich bei 25° angekommen, mit 1-2 mm Kernblatt
- Kernnblatt/blättchen: Dieses habe ich etwas steiler als das Oberlabium gefeilt, so ca. 11°
- Aufschnitthöhe: Ich habe mit 1/5 der Pfeifentiefe (entspricht bei meinen Pfeifen 1/5 wie bei runden Pfeifen) gestartet, das war bei den engen Basspfeifen zu wenig. Habe das etwas höher feilen müssen, so dass ich anstatt 10mm jetzt 11,5mm Aufschnitt habe
- Kernkammer: Ich habe gemerkt, dass enge Holzpfeifen im Bass ganz schöne "Diven" sind die viel Aufmerksamkeit brauchen bis sie gut klingen. Vor allem auch sehr anfällig für Luftturbulenzen. Unschöne Nebengeräusche (sehr hohe Teiltöne) und tremulieren war das Resultat. Habe, um dem entgegenzuwirken, einen Holzsteg in die Kammer geleimt um den Wind zu beruhigen (sie HO, Heft 9/1998, Andreas Richter, "Strömungsmechanische Aspekte in der Kernkammer einer Orgelpfeife) und zusätzlich etwas Papier in die Kammer gestopft, welches später noch durch Gewebe ersetzt wird. Damit gingen alle diese Geräusche weg.
- Schnelle/langsame Ansprache: Die Pfeifen bekam ich zum klingen ohne oktavieren, jedoch war sie dann sehr langsam und tremulierte teilweise noch leicht. Wenn ich das Windband mehr nach innen gelenkt habe, war sie zwar schneller aber hat sofort oktaviert. Abhilfe habe ich durch ein kleines Leitblech vor dem Labium gefunden, ähnlich einem Gaviolibart, nur weiter entfernt vom Labium, somit auch weniger Einfluss auf den Klang. Das Blech ist jetzt 10mm entfernt und steht 8mm über dem Labium. Damit verliert man etwas an Grundton, die Pfeife spricht aber immer schnell und präzise an, ohne zu oktavieren. Ich finde die Lösung jetzt ganz gut, denn ich finde es wichtig, dass die Pfeife zuverlässig funktioniert und nicht so eingestellt ist, dass sie sich bei leichter Änderung der Umgebung anders verhält.
- Kernspalt: 0,7mm, mit Papiereinlage
- Bei den Kröpfungen sind innen 45°-Schrägen angebracht worden um den Klang zu verbessern
Die Pfeife misst innen 39,1mm x 49,8mm und hat damit -14.3 Halbtöne TNM (Töpfersche Normalmensur). Die höheren Pfeifen werden nach und nach weniger eng sein, damit ich einen schönen Prinzipalklang mit ca. -7 HT bekomme. Zum Glück müssen nur noch ein paar Pfeifen gekröpft werden und keine weitere mehr doppelt, somit sinkt der Intonations- und Bauaufwand.
Die Stimmeinrichtung besteht aktuell aus einem Viertelkreissegment aus dünnem Sperrholz, welches man vor die Öffnung drehen kann. Bei dieser Pfeife c0 musste ich eine Aussparung einsägen, weil es sonst mit dem Gehäuse kollidiert wäre.
Hier noch ein Bild und Video mit Ton von der Pfeife:
https://www.youtube.com/watch?v=ezbD7aNQCcg
(Das Gebläse hört man hier noch recht deutlich, das ist aber in der Realität vor dem Gehäuse stehend weniger)
Die Kröpfungen habe ich gemacht, in dem ich die Pfeife mit einer Japansäge aufgetrennt und dann eben geschliffen habe. Davor natürlich mit einem dünnen Bleistift die Sägelinie rundum angezeichnet. Ich habe dann Nuten mit losen Federn (Restabschnitte) angebracht, da die Verleimung von Hirnholz alleine nicht gut hält. Dann habe ich außen einen Streifen Lammleder rings herum angeleimt, einfach nur als zusätzliche Abdichtung. Das Leder ist echt genial: Es legt sich einfach an, ohne Falten zu werfen.
Gruß
Jens