historische Schleifen abdichten

  • An alle erfahren Orgel-Profis!



    Nachdem ich nun bei der Restauration des letzten Registers meiner 280 Jahre alten Stumm-Orgel angelangt bin (eine original erhaltene Trompete 8´), ist bald die ebenfalls originale Windlade an der Reihe.

    Stöcke und Raster sind bereits restauriert.

    Erstaunlicherweise dichten die Schleifen noch recht gut, aber hier und da geht hörbar Wind verloren.

    Das auf die Lade aufgebrachte Leder ist noch sehr gut erhalten und scheint bei der letzten Renovierung dieser Orgel 1955 erneuert worden zu sein. Ich möchte dieses Leder nicht entfernen, vom Aufwand einmal abgesehen.

    Durchstecher ergeben sich keine, da trotz Windverlust an den Schleifen die von Stumm angebrachten "Spanischen Reiter" den Wind sicher ableiten.

    Um eine für die nächsten Jahre höhere Dichtigkeit zu erlangen, dachte ich, es könnte vielleicht genügen, die Schleifen allesamt neu mit Graphit einzureiben, ebenso die Stockunterseiten, und den Velours des Leders aufzubürsten.

    Liege ich falsch?

    Bringt mir ein zusätzliches Einreiben mit Talcum einen Vorteil?

    Für Erfahrungen Eurerseits wäre ich dankbar!



    Mit bestem Gruß aus dem Stumm-Orgelland,

    Andreas Keber

  • Sehr geehrter Herr Keber,

    nach meiner Erfahrung ist das Neubeledern von Schleifen schwierig und störanfällig. Das Leder muß 1a sein, Sie müssen es völlig spannungsfrei aufleimen und hoffen, daß danach alles dicht ist. Manche Orgelbauer beledern ihre Schleifen nicht.

    Wenn Sie bisher noch keinen Windverschleich haben, würde ich das Holz kräftig mit Graphit ausreiben und danach den Velours aufbürsten.

  • Danke!



    Ich habe die Pedallade bereits restauriert und dabei die Schleifenbahnen neu beledert. War eigentlich kein Problem.

    Mußte natürlich alles in historischer Arbeitsweise ausgeführt werden. Funktioniert alles ganz gut.

    Wer Interesse an näheren Informationen interessiert ist, einfach mailen.

  • Hallo Herr Keber,

    mir ist von Joh. Conrad Brandenstein bekannt dass er Pappringe (oder Leder?) unter die Schleifenbahnen leimte, um damit die Dichtstellen zu erhöhen. Ich weiß allderdings nicht ob das überall so üblich war???!!!

    Viel Glück beim weiteren Restaurieren......



    mfg

    D. Seisenberger

  • Liebe Hausorgelbauer,



    Bei "E-bay" wird zur Zeit eine englische Pfeifenorgel angeboten, ich erlaube mir, aus der Beschreibung zu zitieren:



    Auch die Technik entspricht natürlich dem Stand von vor 130 Jahren, d. h. leichte Windgeräusche durch verschleichenden Wind (z. B. willentlich verursacht durch die ‚Spanischen Reiter’ der Schleifen





    Nichtwissend, was man im Bereich der Schleifladen unter "Spanische Reiter" zu verstehen habe, fand ich hier diesen Hinweis:





    Andreas Keber:
    Durchstecher ergeben sich keine, da trotz Windverlust an den Schleifen die von Stumm angebrachten "Spanischen Reiter" den Wind sicher ableiten.





    Hätte jemand die Güte, mich aufzuklären; mir kommt das ein bißchen

    spanisch

    vor,



    Wolfgang
  • Hallo,



    Spanische Reiter sind im Grunde genommen nur Einkerbungen in die Schleifen oder besser in die Pfeifenstöcke um die Bohrungen herum (zB. diagonal zwischen den Bohrungen über die gesamte Schleifenbreite). Wenn aus den Stockbohrungen zwischen Stock und Schleife aufgrund von leichten Undichtigkeiten Wind schleichen kann, so wird dieser über diese Einkerbungen zur Seite hin abgeleitet und wird nicht in ein benachbartes Loch gelangen. Letzteres würde zu Heulern/Durchstechern zur Nachbarpfeife hin führen. Die Spanischen Reiter sind/waren als Alternative zu Schleifendichtungen zB. aus Lederringen/Liegelindringen etc. gedacht. Hoffe, daß deis etwas Klarheit verschafft.



    Grüße, Stefan

  • Ein martialischer Ausdruck für eine harmlose Sache, Spanischer Reiter, vielen Dank für die Aufklärung; es handelt sich also um einen Trick ähnlich dem jener kleinen Auslaßbohrungen in den Tonkanzellen, welche den sich sonst in Heulen oder Säuseln kleiner Pfeifen bemerkbar machenden Ventil- oder Schiedeundichtigkeiten entgegenwirken, im professionellen Orgelbau vermutlich sehr verpönt!



    Eigentlich bin ich überrascht, wie dicht und dabei doch leichtgängig meine Schleifen bleiben mit den auf der Schleifenbahn durchgängig aufgeklebten Lederstreifen, mag es einfach daran liegen, daß ich für meine Hausorgel keine historischen Schleifen abdichten muß, sondern einfache Buchenholzleisten aus dem nächstgelegenen Baumarkt...