Bohrungen für die Pfeifen in der Windlade

  • Sehr geeherte Hobbyorgelbauer!



    Kann mir jemand sagen, wie die Durchmesser der Bohrungen durch das Fundamentbrett, Schleifen und die Pfeifenstöcke (Schleiflade) sein müssen, um dass diese Durchmesser im richtigen Verhältnis zu den darüberstehenden Pfeifen sind.

    Exestieren dazu auch Tabellen?

    Was ist auch bei der Verteilung der Pfeifen auf die Windlade wichtig?



    Ihr dankbarer Johannes

  • Hallo Herr Dürig,

    als ich vor vielen Jahren mit "Das Buch von der Orgel" von Hans Klotz anfing, hatte ich immer noch

    die gleichen Fragen bezüglich "praktischem" Haus-Orgelbau, ähnlich wie ihre Fragen.

    Ein wenig später erwarb ich "Karl Bormann-Heimorgelbau-".Ich kann ihnen nur raten dieses Buch zu lesen(am besten 5mal vorwärts u. rückwärts).Dann klärt sich einiges -wie von selbst- ............



    MfG J.Gruchow

  • Herr Duerig,



    Ihre Fragen verkürzt :

    a) Wie gross müssen die Stockbohrungen bemessen sein ?

    b) Existieren dazu irgendwelche Tabellen ?

    c) Pfeifenstellung auf der Lade ?



    Vorneweg eine exzellente Bemerkung von Herr OBM Johannes Klein, nachzulesen auf " unserer Homepage " am 29.05.02 auf eine Frage von Hr. Strasser.

    Zitat : Für alle: Im Orgelbau niemals irgendwo anfangen, schon gar nicht am Ende. Sondern vom Entstehungsort nach vorn arbeiten. In allen Dingen!!! Zitatende.





    a) Steht die Orgel in einem kleinen oder grossen Raum, d.h. kann sie kräftig oder muss sie leise klingen ? Damit erhalten Sie einen groben Anhaltspunkt über den Druck mit dem die Pfeifen klingen. ( mm WS ) Dabei sollte der Druckverlust in den Kanälen berücksichtigt werden, welcher u.U. nicht unerheblich ist. Was für ein Register ( Mixtur ! ) steht auf der Lade, resp. Kanzelle und wie ist die Kanzelle beschaffen ? ( rechteckig, schmal, länglich, hoch usw ) Welche Form & Dimensionen haben die Ventile - Ventilschlitze und wie gross ist der Aufgang ? Sind die Ventile angeschwänzt, oder haben sie einen parallelen Aufgang ? Gerade diese Aspekte sind wichtig für einen guten Füllungsgrad der Kanzelle und damit auch der Stockbohrung. ( Windgeschwindigkeit ! ) Wie Sie sehen ist die Stockbohrung fast am Ende der möglichen Fragenkette und in Unkenntnis weiterer Parameter nicht so ohne weiteres mit Zahlen zubeantworten.

    Übrigens, zum Fragenkomplex Strömungsmechanik in der Orgel laufen zur Zeit in Dänemark aber auch in Deutschland grössere Forschungsprojekte.



    b) Um den Daumen gepeilt schätze ich in Deutschland, Oesterreich und in der Schweiz 1500 Orgelbau Betriebe, vermutlich existieren soviele unterschiedliche Stockbohrungstabellen. Wenn Sie eine erhaschen empfehle ich mich sehr um eine Abschrift. Bei einem Referat auf der AK Tagung 2001 in Waldkirch wurden ungefähre Angaben gemacht, leider habe ich davon keine Kopie mehr bekommen. Töpfer - Smets gibt in seinem Buch: Lehrbuch der Orgelbaukunst im Bd. II ab Seite 390 ff mögliche Berechnungswege und am Schluss des Kapitels zwei Tabellen an, eine gibt die Durchmesser der Windlöcher, die andere die Luftmengen. Ausdrücklich weise ich daraufhin dass diese Werte auf der Basis der NM errechnet wurden darum für die Hausorgel nicht- oder zumindest wenig brauchbar sind.



    d) Auf " unserer Homepage " wurde über diese Frage schon diskutiert. Grundsätzlich: Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie man die Pfeifenstellung auf der Lade vornimmt, aber im Prospekt sollte man die Aufstellung auf der Lade "erahnen" . Aus Gründen der Tonstabilität würde ich die Terzaufstellung bevorzugen. Im ausgezeichneten Artikel: Die Konstruktion des Schleifladen-Korpus von Herr Walther Laible im ISO Journal Nr. 3 sind verschiedene Möglichkeiten mit den Vor- und Nachteilen aufgezeigt. Leider sind diese hervorragenden Hefte längst vergriffen.



    Viel Freude und schönen Erfolg wünscht

    Werlen Hermann.

  • Ich denke, Tabellen würden Ihnen helfen, in Ihrem Bau erst einmal weiter zu kommen. Aber hat man dadurch die Sache verstanden und begriffen???? Ich denke nein! Dies ist reine Nachahmung und beinhaltet nichts Lehrendes. Daher möchte ich Ihnen keine Tabellen anbieten, sondern eine Abhandlung über die Berechnung der Stockbohrungen, Kanzellenhöhen, Ventilgänge und, und, und. Wie ich schon liebe voll zitiert wurde: Nicht irgendwo anfangen, sondern mit System!!!



    Abhandlung als Word2000-Dokument bei mir erhältlich.



    Johannes Klein

  • Wohl etwas im Übereifer und im ausufernden Überschwall der Nächstenliebe habe ich bei der erwähnten Abhandlung nicht an bestehende Rechte gedacht. Um nicht in Konflikt mit Kollegen oder der Gesetzeshüter zu geraten, muss ich mein Angebot abändern:



    Die Abhandlung finden Sie in der ISO INFORMATION Nr. 32 November 1990 "Der Windbedarf für Tonkanzellen"



    Mein Berechnungsschema stelle ich Ihnen auf unserer Internetseite ab dem 21.7.02 zur Verfügung.



    Johannes Klein

  • Hallo,



    wichtig für die Stockverführungen und Pfeifenlochbohrung ist auch der Winddruck: je höher er ist desto kleiner kann der Durchmesser gewählt werden. Ich gebe im Zweifelsfall einen guten Zuschlag!

  • Hallo Herr Dürig,



    zum Gesamtverständnis dieser Materie kann ich Ihnen den Artikel von Pieter A. Visser "Understandig organ wind" in ISOyearbook 1991, der Ihre Probleme und darüber hinaus den gesamten Windweg ausführlichst betrachtet nur empfehlen.

    Sollten Ihnen die genannten Abhandlungen (ISO) nicht zugänglich sein, ließe sich dies einrichten.



    Mit freundlichen Grüßen



    Thomas Maier

  • "Töpfer - Smets gibt in seinem Buch: Lehrbuch der Orgelbaukunst im Bd. II ab Seite 390 ff mögliche Berechnungswege und am Schluss des Kapitels zwei Tabellen an, eine gibt die Durchmesser der Windlöcher, die andere die Luftmengen." (Hermann Werlen)



    Liebe Orgelfreunde,

    augenblicklich beschäftige ich mich mit der zitierten Literatur; Töpfer untersucht die Verhältnisse an "seiner" Weimarer Stadtkirchenorgel. Nachdem er sein Buch 1855 veröffentlicht hat, könnte es sein, daß es sich bei der Orgel um das "historische Instrument" handelte, auf welcher bereits Bach in seiner Weimarer Zeit spielte; weiß hier jemand von Euch näheres?



    Erschreckt hat mich Töpfers Messung von 33 Loth "cölnisch Maß", um die Taste des großen E zu drücken, das sind 468 Gramm! Zweimal hatte ich die Gelegenheit, etwa 200 Jahre alte Orgeln zu spielen, der Kraftaufwand in der großen Oktave war bei beiden Instrumenten beträchtlich, aber doch nicht gleich ein Pfund, noch dazu, wenn man bedenkt, daß E meist mit dem fünften oder vierten Finger gespielt wird - den Kraftaufwand für das C nannte Töpfer übrigens nicht...



    Wolfgang,

    wie immer leicht schwächelnd.