Ventolix - Winderzeuger Eigenbau

  • Hallo Forum,


    ich bin neu hier - halt! - doch nicht ganz neu. Ich habe früher schon mal mitgelesen.


    Ganz kurz zu mir: Im Rahmen meiner Ausbildung habe ich 2 Jahre in Lübeck gelebt und bin dort auf die Orgel gekommen. Dabei ist mir das Bormann-Buch in die Finger gekommen und schon war ich infiziert. Kurz und gut, nach einigen Vorversuchen habe ich ein etwas erweitertes Bormann-Portativ gebaut (Bild Portativ), allerdings ist es noch nicht ganz fertig, obwohl ich es ca. 1984 (!) angefangen habe. Es kam immer was dazwischen. Doch nun soll es fertig werden.


    Von Anfang an habe ich Probleme mit der Winderzeugung gehabt. Staubsauger zu laut. Lüfterrad aus Staubsauger auf Kleinmotor, Motor brummt. Und so ging es weiter. Nach erneutem Studium des Bormanns bin ich zu dem Schluss gekommen: Ich baue selbst einen Winderzeuger!!! Wenn andere das geschafft haben, schaffe ich das auch.


    Die Lüfterräder aus dem Staubsaugergebläse hatten 10 cm Durchmesser. Drehzahl deshalb hoch, macht Krach. Also muss ein Lüfterrad her, das größer ist und dementsprechend langsamer läuft. 30cm Durchmesser! Dazu habe ich zwei Scheiben aus 4mm Flugzeugsperrholz geschnitten, zusammen geschraubt und auf der Drechselbank rund gedreht (Bild Ventolix_001). In die äußere Scheibe ein Loch mit 8 cm Durchmesser geschnitten. Alle Kanten schön gerundet.


    Großer Kopfzerbrechen hat mir die Form der Schaufeln bereitet. Wie lang, gerade, gebogen positiv oder negativ. Im Web ist darüber nicht wirklich viel zu finden. Und das, was ich gefunden habe, war schwer verständlich. Also Versuch und Irrtum!? Kreisbögen müssen es sein. Dazu habe ich ein Stück Sperrholz unter die Stichsäge geschraubt und ein Loch für den Bogenmittelpunkt gebohrt. Damit habe ich 18 bogenförmige Schlitze in die zusammen geklemmten Platten gesägt (Bilder Ventolix_002 bis 004). In diese Schlitze habe ich Streifen aus 1mm Flugzeugsperrholz eingeleimt und außen glatt geschliffen (Bilder Ventolix_005 + 006). Plattenabstand ca. 6mm, so dass das Rad ca. 14mm breit ist.


    Das Gehäuse besteht aus drei Scheiben Sperrholz 12mm, 18mm, 12mm. Aus der Mittellage habe ich den Platz für das Lüfterrad und den Ausblaskanal ausgesägt und sie dann auf die Rückwand geleimt, in die ich einen Ausschnitt für den Motor geschnitten habe (Bilder Ventolix_007 - 009). Zur Befestigung auf der Motorachse hat mir ein Freund einen Flansch gedreht (Ventolix_010). Der Motor ist ein Lenco Plattenspielermotor, Gleichstrom max. 40V, Drehzahl max. 4000 U/min, 20W. Ich habe keine Ahnung mehr, wo ich den her habe. Aber er läuft fast geräuschlos. Hoffentlich schafft er es!!! Um den Motor zu befestigen, hab ich mir einen hölzernen Bock gebaut. Der wird in den rückwärtig angebrachten Kasten montiert (Bild Ventolix_013).


    Um die Ansaugöffnung in der Frontplatte habe ich einen Gummiring als Abstandshalter geklebt und die Platte aufgeschraubt.


    Sport, Spiel, Spannung: Der Praxistest!!!

    Das Lüfterrad hat einen minimalen Seitenschlag, die Montage im nur 18mm Gehäuse ist sehr kniffelig, aber es geht. Das Rad hat auch eine geringe Unwucht, evtl. versuche ich noch einmal es auszuwuchten. Aber oh Überraschung: Es funktioniert! Der Motor ist stark genug. Bei ca. 1500 U/min liefert das Ventolix ausreichen Druck und eigentlich viel zu viel Luft. Ich hätte leicht noch schmaler bauen können. Wenn ich die Ausblasöffnung verschließe, steigt die Drehzahl auf ca. 1800 U/min. Durch die Unwucht macht das Ventolix ein leichtes Brummgeräusch, das aber mit 25 Hz so niederfrequent ist, dass es kaum wahrnehmbar ist. Natürlich sind die Windgeräusche deutlich wahrnehmbar, aber das wird sich durch eine Schallschutzhaube mit Akustikschaumplatten dämpfen lassen. Das fertige Teil ist im Bild Ventolix_014 zu sehen. Zum Druck regulieren dient ein Faltenbalg mit Gewichtsbelastung, der den Druck auf 50 mmWS hält.


    So, dass war nun viel für meinen ersten Beitrag im Forum, aber vielleicht ermutigt es andere zum Nachbauen.


    Gruß aus dem hohen Norden von der Nordpfeife.


  • Besten Dank für den schönen und detaillierten Bericht! Das ist sicher eine ermutigende Anregung für einige Hausorgelbauer, v.a. weil die Gebläsefrage ja immer ein Kosten- und oft ein Platzproblem mit sich bringt.

    Offen gestanden hätte ich ja nicht gedacht, dass sich ein gut funktionierendes Gebläse in der heimischen Werkstatt bauen lässt, davor wäre ich in jedem Fall zurückgeschreckt - dass es dann auch noch so flach geht, ist schon faszinierend.


    Es grüßt Parzival

  • Mittlerweile habe ich das Ventolix noch in einer ziemlich massiven Kiste zwischen Akustikschaumplatten untergebracht. Dadurch ist es nochmal deutlich leiser geworden. Mein Messgerät zeigt max 43 dBA an. Nur ist es durch die Kiste auch recht voluminos geworden. Macht aber nix. Es steht aufrecht unter meinem Tisch hinten an der Wand, wo es nicht stört.


    Das Brummgeräusch, das ich zunächst hatte, habe ich auch noch weggekriegt, indem ich das Lüfterrad noch ausgewuchtet habe.


    Als nächstes baue ich nun noch einen Schwimmerbalg, den ich oben drauf platziere und vor das ganze kommt dann noch ein Regal. Fertig!

  • "Offen gestanden hätte ich ja nicht gedacht, dass sich ein gut funktionierendes Gebläse in der heimischen Werkstatt bauen lässt, davor wäre ich in jedem Fall zurückgeschreckt - dass es dann auch noch so flach geht, ist schon faszinierend."(Parzival)


    Liebe Hausorgelfreunde!

    Nachdem mir die Anmeldung zu dem Forum nach langer Zeit jetzt wieder einmal gelungen ist, möchte ich mich ganz Parzivals Meinung anschließen: Auch ich wäre "in jedem Fall zurückgeschreckt", ein Gebläse selbst zu bauen, herzlichen Glückwunsch, Holzpfeife, für das gelungene Werk! Ich vermeine mich zu erinnern, daß ich irgendwo einen Bericht mit genauen Maßen gelesen habe, es gibt also durchaus immer wieder Fachleute unter uns, die das schier unmögliche möglich machen.

    "Bei ca. 1500 U/min liefert das Ventolix ausreichen Druck und eigentlich viel zu viel Luft. " Zu viel Luft ist nie ein Schaden, im Gegenteil, ein beruhigendes Gefühl, einen mehrstimmigen Akkord zeitlich unbegrenzt mit allen Registern spielen zu können, ohne daß der Balg mangels schwachem Gebläse "schlapp macht".

    Faszinierend finde ich auch immer wieder die unglaubliche Arbeit, Portative, hier gar mit drei Registern, mit größter Präzision zu bauen, um schließlich ein Instrument zu erhalten, wunderschön anzusehen und vermutlich auch mit edlem Klang, mit zwei-einhalb Oktaven; Bormann in Ehren, auch für mich war vor 40 Jahren das mein erstes Lehrbuch, doch baute ich 3 1/2 Oktaven, um wenigstens einfache Barock-Literatur spielen zu können, das nur als gutgemeinte Anmerkung für Mitlesende, die im Hintergrund erwägen, gleichfalls mit dem Orgelbau zu beginnen...

    Liebe Holzpfeife, jetzt bin ich neugierig auf den angekündigten Bau des Schwimmerbalgs. Herzliche Grüße aus Erlangen in "den hohen Norden", ich sehe im Hintergrund ein Bild von Sönderho, das ist in der Tat sehr weit im Norden,

    Wolfgang.

  • Hallo Wolfgang,


    zu dem Schwimmerbalg, der inzwischen fertig ist, gibt es eigentlich nichts besonderes zu sagen. Ich habe mich für diese Bauform entschieden, weil ich erwartete, dass der Druck konstanter gehalten wird, als bei einem Faltenbalg. Ich habe eine PVC-Tischdecke als Tuch genommen, weil schön dicht. Damit es in den Ecken schön knautschen kann, habe ich dort Dreiecke herausgeschnitten und weißes Schafleder eingeklebt. Belastet habe ich es mit Bleiplatten aus dem Dachdeckerhandel. Funktioniert soweit ganz gut.

    Nun muss ich als nächstes alle Pfeifen neu intonieren, weil ich den Druck mit 45mmWS deutlich niedriger habe als vorher. Der Klang ist jetzt nicht mehr so schaft und "passt" wie ich finde besser ins Wohnzimmer.


    Gruß Holzpfeife

    PS: Ein Bild vom Balg gibts momentan leider nicht, weil der unter dem Tisch versteckt ist.