Erfahrungen akustische Register

  • Hallo zusammen,


    erstmal: herzlichen Dank an die Macher, dass dieses Forum weiterlebt!


    Meine Frage: Welche Erfahrungen habt ihr mit akustischen Registern in kleinen Räumen, in denen es am klangveredelnden Raumklang fehlt?

    Konkret geht es um folgenden Fall: Eine relativ kleine Kirche (ca. 20 x 10 x 9 m) mit einer guten, aber recht trockenen Akustik soll eine Orgel romantischer Prägung erhalten. Für die Pedaldisposition ist ein gedeckter 16' sowie ein nicht zu lauter offener 16' vorgesehen, da m. E. gerade in wenig tragenden Räumen ein solides 16'-Fundament mit ausgeglichenem Obertonaufbau wichtig ist. Wenn nun darüberhinaus ein akustischer 32' realisiert werden soll, dann ist schon klar, dass das nicht mit einer Quintextension aus einem der 16' gehen wird, sondern, dass ein eigenständiger, sehr leiser, in reinen Quinten gestimmter, hoch und rund aufgeschnittener gedeckter 10 2/3' her muss, der selbst möglichst grundtönig und obertonarm ist. Soweit klar. Was aber bietet sich als 16' an?

    Die einen Meinungen gehen in die Richtung offener 16', da dieser einen ausgeglicheneren Obertonaufbau hat und sich die Quinte 10 2/3' dort eher "einfügt". Die anderen Meinungen gehen in die Richtung, möglichst mensuridentische gedeckte Pfeifen zu verwenden. Was nun?


    Auch wenn sich bei unseren Hausorgeln die Frage so nicht stellt, da offene 16' ähnlich selten sein dürften wie akustische 32', interessieren mich eure Erfahrungen. Akustische 16' gibt es ja sicher häufiger, und die Problematik der trockenen Akustik ist noch präsenter. Daher lassen sich diese Erfahrungen sicherlich übertragen. Freue mich also auf eure Antworten!


    Viele Grüße,

    Heiko

  • Lieber Heiko, liebe Akustik-Freunde!

    Bislang "erlebte" ich erst zwei Kirchenorgeln, die in größeren Kirchen stehen, mit 32-Fuß-Register; sie klingen perfekt und ich war jeweils erstaunt, daß es sich um akustische Register handelt, also die von Heiko angesprochene Mischung 16' und 10 2/3'. In wie weit das auf die "kleine" Kirche 20x10x9 m anzuwenden ist, ich glaube schon, denn bereits bei der Simulation eines 16'-Registers aus 8' und 5 1/3' hatte ich in meinem winzigen Kellerraum überraschend gute Klangergebnisse. Ob offen oder gedeckt, ich telephonierte dreist mit der Orgelbau-Meisterschule in Ludwigsburg, und der Lehrmeister dort riet mir zu Gedacktpfeifen für den 5 1/3', für den 8' sowieso, also wird das wohl auch für die Kombination des 32'-Registers gelten.

    Laß einfach "hören", wie die Sache ausgegangen ist!

    Wolfgang, für alles offen.

  • ich kann folgendes dazu sagen:

    In meiner Hausorgel ist ein Subbass 16' verbaut.

    Hatte mal eine Testschaltung gemacht , also C und G zusammengeschaltet.

    Es wird im ein leiser kaum warnehmbarer 32' erzeugt.

    Gemerkt habe ich es als in der Glasvitrine die Gläser anfingen zu vibrieren.

    Nur mit C und c klapperte und klirrte nichts in der Vitrine.

    Der 16' tiefe Ton C ist schon sehr kräftig, auch wenn er sehr leise klingt.

    Ob man in einem Wohnzimmer so eine akustische 32' Tonschaltung braucht ich weiß nicht.

    Im übrigen funktioniert es auch mit einem offenen 8' Holzprincipal (C) und der Quinte (G) 5 1/3' aus dem Holzgedackt.

    Mit Metallpfeifen konnte ich es nicht feststellen.


    Es war also nur ein Experiment.


    Gruß


    Harald

  • Hallo,


    ich finde das Thema auch sehr interessant, vor allem bei Differenztonbildung in tiefen Lagen.

    Laut Wikipedia handelt es sich allerdings bei tiefen Toenen um Residualtoene und nicht um Differenztoene im eigentlichen Sinne. Angeblich sind dabei unterschiedliche Mechanismen unseres Gehoers mit im Spiel.

    Ich frage mich deswegen auch, ob das ganze eventuell je nach Person variiert.

    Ich erinnere mich an eine Situation. in der ich jemandem eine Orgel mit einem 10 2/3' gezeigt habe. Mein Eindruck mit 16' war immer , dass da irgendwas undefinierbares Leises drunter liegt und ich die Quinte einzeln hoere. Fuer ihn war es extrem basslastig und er hat die Quinte nicht wircklich einzeln wahrgenommen.

    Muss aber zugeben, dass ich nicht sicher weiss, ob die Quinte rein oder eine Extension war (vielleicht weiss das Wolfgang, er kennt vermutlich auch die Orgel in der Matthaeuskirche Erlangen, ich selbst hab dort nur ein paarmal geuebt).


    Viele Gruesse,

    Peter

  • Liebe Akustikfreunde!

    In der Tat wird die Wahrnehmung "je nach Person variieren", das ist wohl immer der Fall, auch bei "normalen" Pfeifen: Der eine empfindet den Klang angenehm, der andere dumpf, wieder einer wird sagen: säuselnd usw. Erst recht wird es die verschiedensten Meinungen geben bei den akustisch erzeugten Tönen. Auch das Alter des Hörenden ist entscheidend: Meinem Vater war im Alter alles zu schrill, schon die leichteste Verstimmung beklagte er, während er früher wesentlich toleranter diesbezüglich war. Deshalb sind Vorversuche immer sinnvoll, allerdings sollten diese möglichst am endgültigen Aufstellungsort stattfinden, denn gerade bei tiefen Tönen entstehen in kleinen Räumen Schallabschwächungen, ich glaube, man nennt das "stehende Wellen", wenn der Raum als Resonator wirkt.

    Zur Erlanger Matthäus-Kirche: Die dort bestehende Pedal-Quinte 10 2/3' ist nicht rein gestimmt, sondern mit dem üblichen gleichschwebenden Komma, so daß kein akustischer 32' damit zu gewinnen ist, höchstens ein leicht sägendes Geräusch. Versuchshalber wollten wir einmal eine Quint-Pfeife rein stimmen zum 16', doch waren sämtliche Spunde fest, es war nichts zu machen. Nun je, nächstes Jahr kriegen die eine neue Orgel mit einem echten 32'-fuß, halte ich etwas übertrieben, ist einfach eine Prestige-Sache, Geld spielt anscheinend keine Rolle...

    Frohes Experimentieren wünscht Euch

    Wolfgang, nicht immer ganz rein gestimmt.

  • Interessant... eine eigenstaendige Quinte, die nicht rein gestimmt ist. Seltsam.


    Die Disposition der geplanten neuen Orgel finde ich auch etwas uebertrieben, aber die Kirche ist ja auch relativ gross und hat eine wunderbare Akustik, die mich schon zu Schulzeiten begeistert hat.

    Koennte mir denken, dass das meine Lieblingsorgel in Erlangen werden koennte, mal abgesehen von der barocken Glis-Orgel in der Markuskirche.