Intonation Holzpfeifen

  • Hallo,



    mittlerweile sind eine Oktave und die c-Probepfeifen des Gedackt 8' fuer mein Positiv fast fertig.

    Die Pfeifen sind noch nicht intoniert und die Orgel wird aktuell mit einem Staubsaugergeblaese im Nebenraum mit Luft versorgt (dank Schwimmerbalg und Rollgardinenventil habe ich aber immer genau die geplanten 55mm WS).

    Die Pfeifen haben immer ohne jede Nachbearbeitung mit einem schoenen Ton angesprochen und ich frage mich jetzt, ob ich ueberhaupt intonieren sollte. Ich befuerchte, ich wuerde es eher verschlechtern, da ich jetzt schon relativ zufrieden bin.

    Die Pfeifen habe ich wie folgt gebaut:

    - Waende (Kiefer) auf der Kreissaege zugeschnitten und mit der Dickenhobelmaschine auf die richtige Staerke gebracht.

    - Birnbaumkanteln abgerichtet, mit der Hobelmaschine auf den Pfeifenquerschnitt gebracht und entsprechende Stuecke fuer Kern und Spund abgeschnitten.

    - Kern ausgesaegt/gestemmt, wobei ich eine 2mm Kernkante stehengelassen hab.

    - Pfeifenfussbohrung, Pfeifenfuss, Spund bearbeiten

    - alles bis auf den Deckel verleimt

    - ueberstehende Kanten und Oberseite (inkl. Kernkante) abgeschliffen

    - Labium ausgestemmt, Spund beledert, alles zusammengesetzt und verleimt

    - Papierzwischenlage aufgeklebt, Vorschlag (Birnbaum) aufgeschraubt (grosse Bohrloecher im Vorschlag, um die Hoehe einstellen zu koennen)

    So haben die Pfeifen immer sofort wunderbar funktioniert. Bislang bestand die Intonation nur aus der Justierung der Vorschlaghoehe. Ich frage mich jetzt, ob ich mehr machen sollte, insbesondere ob ich die 2mm starke Kernkante doch winklig abfeilen sollte. Hat jemand Erfahrungswerte?



    Viele Gruesse,

    Peter

  • Hallo Peter,



    ich würd's so lassen wenn es gut klingt. Wenn Du den Kern anschrägst, kann es sein, dass das Luftband dann zu weit außen liegt und die Pfeife "zu spät" anspricht, dann musst Du aber den Kern noch tiefer feilen und evtl. auf die Papierzwischenlage verzichten. Du könntest aber das "Kernblättchen" etwas nach unten hin abrunden (in Richtung Pfeifenfuß) um Turbulenzen klein zu halten, wenn nicht schon geschehen. Das ist ja gerade das schöne an dieser Papierzwischenlagentechnik dass dann alles meisten schon stimmt (zumindest bei offenen Pfeifen).



    Gruß



    Jens

  • Hallo,



    meistens klingen gleich bearbeitete Holzpfeifen immer schon richtig. Intonation heißt nicht, dass man wirklich jede Pfeife bearbeiten muss.

    Meist wird man sich, wenn die Pfeifen am endgültigen Platz (!) stehen, die wohlklingendste Pfeife aussuchen und versuchen, die Nachbarpfeifen anzugleichen. Das ist manchmal schon mit dem Angleichen der Lautstärke getan, wobei auf ein gutes Verhältnis zwischen Fußloch und Kernspalte zu achten ist. Beim Zusammenspiel und in Akkorden machen sich zu starke oder zu schwache Pfeifen bemerkbar. Diese sind dann anzupassen: stärkere Papiereinlage oder Fußloch öffnen oder dünneres Papier, Fußloch verengen. Nicht vergessen: immer nachstimmen! Keine Pfeife sollte herausstechen.



    Viel Erfolg!



    Tobias Rohner

  • Hallo,



    vielen Dank fuer die Antworten.

    Was ich ausprobieren werde ist, die "'Kernblättchen' etwas nach unten hin ab(zu)runden (in Richtung Pfeifenfuß) um Turbulenzen klein zu halten". Das war auch das, was ich mit "die 2mm starke Kernkante doch winklig abfeilen" gemeint habe. Momentan sind die "Kernblaettchen" (2mm x Pfeifeninnenbreite) perfekt parallel zum Vorschlag (also noch nicht abgerundet).

    Die Pfeifen einer Oktave (Gedackt 8', c1-h1) stehen jetzt an ihrem entgueltigen Platz. Eine Pfeife, bei der ich versehentlich weniger als die o.g. 2mm stehengelassen hatte, ist etwas lauter als der Rest, d.h. das koennte wirklich einiges bringen.

    Hab auch mal die Frequenzspektren angeschaut und diese Pfeife hat weniger unharmonische "Rauschanteile" als die anderen.

    Habe jetzt eine Pfeife (E) fuer die unterste Oktave fertig und bin etwas beunruhigt, weil sie mit den Bormann-Mensuren irgendwie eher nach Subbass klingt als nach einem Manual-Gedackt. Allerdings muss ich zugeben, dass ich sie bislang nur mit dem Mund angeblasen hab, da ich erst noch die noetigen Schlaeuche besorgen muss, um sie an der Orgal anzuschliessen. Ich hoffe, dass der Klang nur so kraeftig wirkt, weil ich mit dem Ohr so nah dran war.



    Viele Gruesse,

    Peter

  • Hallo Peter,



    ja, das mit dem lauten Gedacktklängen, wenn man die Pfeife direkt anbläst, kenne ich. Vor allem, wenn man in einer Raumecke steht; da wird der Effekt noch extremer (Reflektion + Wellenüberlagerung). Ich glaube nicht, dass es Dich beunruhigen muss. Leiser geht immer noch, wenn sich der Kernspalt und das Fußloch verengen lässt. Wenn Du hingegen mehr Obertöne erwartest, kannst Du ja noch versuchen, den Aufschnitt etwas zu erniedrigen, z.B. nur temporär mit einem Stück Karton, was Du auf das Oberlabium hältst. So mache ich das bei Probepfeifen, um zu schauen, ob es nicht noch niedriger geht, denn den Aufschnitt zu erhöhen ist einiges einfacher als zu erniedrigen. Aber selbst das geht noch: Profis machen das auch; habe schon an Orgeln gespielt, wo das klar ersichtlich war, dass da an der einen- oder anderen Pfeife noch was aufgeleimt worden ist ;-)



    Gruß



    Jens

  • Hab mir jetzt ueberlegt, dass ich eventuell mal mit ein paar Pfeifen bei einem Orgelbauer in der Naehe vorbeischauen sollte. Ich vermute, das wuerde sich auf jeden Fall lohnen. Vielleicht kann ihn ihn ja sogar beauftragen, mir einen Tag eine praktische Einfuehrung in die Intonation von Holzpfeifen zu geben.

  • Hallo,



    mittlerweile ist der Rest der Diskantpfeifen des Gedackts fertig, jetzt hab ich also c1-d3 und kann kleine Stueckchen darauf spielen.

    Die Pfeifen ab ca g2 sprechen aber nicht gut an, ab h2 kommt praktisch gar kein Ton. Da muss ich auf jeden Fall noch intonieren. Mit der Vorschlaghoehe scheint sich bisschen was machen zu lassen, aber bei derart kleinen Pfeifen hab ich etwas Bedenken, gleich am Kern rumzuschleifen. Hat jemand Erfahrung mit so kleinen Gedacktpfeifen?

    Mein erster Ansatz waere, die Labiumkante schaerfer zu machen, aktuell ist sie eher abgerundet.

    Die Bormann-Mensuren erscheinen mir jetzt wo ich die Pfeifen sehe uebrigens als sehr gross.



    Viele Gruesse,

    Peter

  • Hallo Peter,



    bei den kleinen Gedackten wird wohl das Luftband zu weit außen liegen. Ich habe bei Gedackten immer den Kern eingefeilt und bisher keine Kartoneinlage verwendet (teilweise habe ich einen von außen verschiebbaren Kern in einer Nut verwendet, um die Größe des Kernspaltes einzustellen, was sich aber wegen Undichtigkeit nicht bewährt hat). Gedackte brauchen den Wind mehr innen, da der Deckel dazu führt, dass es bei Luftzufuhr rel. schnell einen "Gegendruck" von innen gibt, der das Luftband nach außen treibt. Bevor Du den Kern zu tief feilst, kannst Du ja mit einer Abschrägung im Vorschlag experimentiern (z.B. Vorschlag zum Test mit Stechbeitel bearbeiten und Schräge anbringen, die das Luftband umlenkt).



    Viel Erfolg beim Experimentieren! Bin schon gespannt auf das Ergebnis! Wo steht denn Deine Orgel?



    Gruß



    Jens

  • Hi!



    Habe heute wieder rumexperimentiert. Es hat geholfen, die Vorschlaege hoeher einzustellen und teilweise eine Schraege in den Vorschlag zu stemmen.

    Die Kernkanten sind jetzt zum Fuss hin auch abgeschraegt und bei ein paar Testpfeifen hab ich etwas der oberen Kante zum Pfeifenkoerper hin leicht abgeschliffen.

    Die Pfeifen sprechen jetzt zwar besser an, haben aber keinen schoenen Klang.

    Eine meiner ersten Probepfeifen funktioniert wunderbar und bei der hatte ich folgendes anders gemacht:

    - den Vorschlag aufgeklebt und nicht geschraubt.

    - die Labiumkante relativ dick gelassen (ca. 1.5mm, die neuen Pfeifen haben eine sehr scharfe Kante)

    Darueber hinaus sollte ich vielleicht generell eine kleinere Aufschnitthoehe benutzen, hab den Tipp mit dem Karton draufhalten um sie testweise zu verringern ausprobiert - mit Erfolg.

    Naja, bin froh dass das Problem nur bei den kleinsten Pfeifen auftritt und ich mit c1-h1 angefangen hatte und da alles passt. Ansonsten waere ich jetzt wohl unzufrieden. Die oberste Oktave kann ich auch nochmal neu machen, jetzt kommen erstmal die restlichen Pfeifen.

    Wegen der Frage wo die Orgel steht: In meinem Wohnzimmer in Erlangen (wobei das Wohnzimmer momentan eher Werkstatt als Wohnzimmer ist).



    Viele Gruesse,

    Peter

  • Hallo Peter,



    dieses Bormann-Positiv habe ich als mein Opus 1 vor ca. 30 Jahren auch gebaut und hatte dabei die gleichen Schwierigkeiten mit dem Gedackt 8' ab c2. Das Urteil eines namhaften Orgelbaumeisters: "Das sind ja Pfeifen für einen Dom!"

    Weil ich jetzt nicht das ganze Register neu bauen wollte, habe ich nur die Pfeifen ab c2 erneuert und zwar mit einem wesentlich flacheren Mensurverlauf und geringeren Aufschnitthöhen. Das Ergebnis: Es war ein voller Erfolg!

    Wenn Du möchtest, kann ich Dir eine Excel-Tabelle mit meinen Mensurdaten zusenden!



    Klaus

  • Hab heute ab e2 kleine Hartholzschnipsel so zurechtgeschnitten, dass ich sie ueber die Labien klemmen kann, um die Aufschnitthoehe zu reduzieren (bin froh, dass ich laenger nicht mehr gesaugt hab ).

    Das war ein voller Erfolg, auch wenn die Stueckchen noch nicht einmal aufgeklebt und ordentlich bearbeitet sind. Schaut halt nicht so toll aus.

    Ich werde bei Gelegenheit mal Probepfeifen mit engerer Mensur machen und schauen, wie das im direkten Vergleich klingt. Das mache ich aber erst, wenn ich den 2' und 4' hab, um den Gesamtklang einschaetzen zu koennen. Ich wuerde mich wundern, wenn diese Monstermensuren im Diskant nicht irgendeinen Grund haetten - Bormann hat sicher auch engere Mensuren ausprobiert.

    Auf jeden Fall hab ich jetzt gelernt, dass ich bei kleineren Pfeifen den Deckel mit dem Labium erst bei der Intonation aufkleben sollte.

  • Bin gerade dabei, mir ein passendes Geblaese zu besorgen. Auch wenn mich der Preis heute etwas schockiert hat, wird es wohl eine neue Mini Ventola werden.



    Habe jetzt auch mal die ersten tiefen Basspfeifen des Gedackt angeschlossen. Der Ausgleichsbalg scheint sich zu lohnen, da er ganz kurz zuckt, wenn viel Wind gebraucht wird.

    Was mir Sorgen macht ist die Ansprache. Ein schneller Triller klingt alles andere als gut, deswegen meine Frage: Wie schnell sollten die Pfeifen ca. C-F im Bass ansprechen? Habe seit Jahren nicht mehr wirklich auf einer Orgel geuebt und kann mich auch nicht mehr erinnern, nur auf einem Gedackt 8' in tiefen Basslagen getrillert zu haben.

  • Darueber hab ich auch schon nachgedacht. Dort hatte ich auch meine Balgfedern bestellt. Das kleinste Geblaese im Angebot ist allerdings schon bisschen ueberdimensioniert und ich haette das Problem, dass das Geblaese gerade so in die Orgel passen wuerde (vermutlich muesste ich von der Grundplatte des Oberkastens an einer Stelle sogar ein bisschen was wegstemmen).

    Ich denk noch drueber nach, aber jetzt wo ich schon so viel in Werkzeug und Material investiert hab, sollte ich wohl nicht am Geblaese sparen. Andererseits koennten mir mit dem groesseren Geblaese vermutlich Undichtigkeiten die ich ggf. noch garnicht entdeckt hab ziemlich egal sein.

  • Je laenger ich darueber nachdenke, desto mehr tendiere ich zu dem Geblaese von "organparts.info", da ich damit definitv auch genug Wind haette, wenn ich noch ein Pedal mit eigenen Pfeifen an das Positiv baue.

    Hat schon jemand Erfahrung mit den Geblaesen dieses Herstellers? Sind die leise genug?

  • Hallo Peter,



    Wenn mich nicht alles täuscht, sind das gelabelte Laukhuff-Gebläse, zumindest vom Aussehen her, und weil Laukhuff ein gewisses Monopol im Bereich Orgelgebläse hat. Organparts.info ist sehr nett, habe da auch schon bestellt, allerdings muss man als Privatkunde die ungarische Mehrwertsteuer noch draufrechnen, und die sind Spitzenreiter in Europa mit 27 %!!!. Also kostet das günstigste Gebläse 550€ * 1,27 = 698,50€, plus Versandkosten von Ungarn aus. Wenn Du ein Unternehmen hast, kommst Du eventuell günstiger davon, weil dann andere Steuergesetze gelten.



    Gruß



    Jens

  • Also zumindest die Masse der Geblaese stimmen nicht exakt mit Laukhuff ueberein, das spricht etwas dagegen, dass das die gleichen sind.

    Was mir auch noch aufgefallen ist: Die Geblaese scheinen alle fuer horizontalen Einbau ausgelegt zu sein, am besten schreib ich erstmal eine Mail hin.