Bormann-Positiv

  • Was mir noch aufgefallen ist: Der Klang veraendert sich je nach Stellung des Spunds.

    Die Spunde sind unten abgerundet, ich kann sie in gewissem Masse quer stellen, zwar nicht viel, aber es tut sich ein kleines bisschen was.

    Dicht sind sie, das hab ich ueberprueft, also nehme ich an, dass die Stellung des Roehrchens den Klang beeinflusst.

    Ich muss zugeben, dass mir trotz Physik-Studiums nicht ganz klar ist, was im Roehrchen eigentlich passiert und wie dessen Ausrichtung den Klang beeinflusst.

    Ich wuerde vermuten, dass sich am unteren Ende ein Schwingungsknoten des Grundtons ausbildet und ggf. leicht unharmonische Oberschwingungen durch das Rohr "hindurch".

  • Hallo Peter, wenn Du ein wenig experimentieren möchtest, empfehle ich Dir die Befolgung der folgenden Anleitung. Zumindest erhält man dabei eine gute Vorstellung, was die Konstruktion mit mit dem Röhrchen genau bewirkt.



    Anleitung:

    Ermitteln der Rohrmaße für den Bau einer Rohrflöte

    Ausgehend von einer Gedacktpfeife (Metall, zugelötet) wird in deren Deckel ein kleines Loch gebohrt. Danach spricht die Pfeife zunächst nicht mehr an. Das Loch wird jetzt solange erweitert, bis der Ton sich wieder sammelt und die Pfeife in Höhe der verminderten Quinte über dem ursprünglichen Grundton neu erklingt. Durch die Bohrung hat sich die Stimmung der Pfeife um 6 Halbtöne erhöht! (Der Klang kann dabei etwas rauh oder rauchig sein.)

    Jetzt wird ein Rohr mit Überlänge und dem Innendurchmesser der ermittelten Bohrung eingesetzt; dazu muss die Deckel-Bohrung entsprechend erweitert werden. Die Tonhöhe der Pfeife wird durch das Rohr wieder abgesenkt. Durch ein stufenweises Verkürzen des Rohres erhöht sich die Tonhöhe wieder. Das Ziel muss sein, mit der Rohrlänge einen Pfeifenton einzustellen, der endgültig um 2 Halbtöne über dem Ton der ursprünglich gedackten Pfeife liegt. Mit anderen Worten: Das Rohr soll die durch die Bohrung erreichte Erhöhung der Tonhöhe von 6 Halbtönen um 4 Halbtöne absenken. Mit dieser Abstimmung stellt sich der typische Rohrflötenklang ein - mit einer deutlich hervortretenden Oberton-Terz über der 2. Oktave des Grundtones.



    Interessant ist die Erkenntnis, dass sich bei dieser Vorgehensweise Rohrmaße ergeben, die auch Silbermann verwendet hat.



    Anmerkung:

    Die obige Beschreibung habe ich dankenswerter Weise vom OBM Bartelt Immer erhalten - mit seiner ausdrücklichen Genehmigung zur Veröffentlichung.



    Die Anleitung bezieht sich auf die Vorgehensweise bei Metallpfeifen. Bei Holzpfeifen muss berücksichtigt werden, dass eine Bohrung durch den Spund ja schon ein Rohr ergibt. Abhilfe: In einen „Testspund“ ein möglichst großes Loch bohren, dieses eventuell noch rechteckig vergrößern, den Spund an der Unterseite mit einem dünnen Sperrholzbrettchen oder Blech verschließen und darin die oben beschriebene Bohrung anbringen. Alternativ kann auch mit Pfeifen experimentiert werden, die oben mit einem dünnen Sperrholzbrettchen zugeleimt sind. Nach Ermitteln der Rohrmaße kann das endgültige Rohr durch eine maßgenaue Bohrung durch den Spund mit dem eingesetzten Spundgriff angefertigt werden. Die Bohrung kann am oberen Ende, also im Spundgriff, auch durch eine großzügige Querbohrung abgeschlossen werden.



    Klaus Suhr

  • Vielen vielen Dank. Diese Beschreibung ist Gold wert. Genau so etwas habe ich schon laenger gesucht. Ich werde das an einer Probepfeife ausprobieren.



    Heute wurden die Pfeifen der Floete 4' fuer die Tasten C bis A fertig. Diese sind vollgedackt und sollen wie ein Pommer klingen.

    Derzeit klingen sie ohne Drosselung des Winds wie eine extreme Quintade. Die Quinte ist viel lauter als der Grundton. Wenn ich mit der Schleife drossle, kann ich aber genau den gewuenschten Klang erreichen (auch wenn ich die Pfeife mit dem Mund anblase, dann ergibt sich das praktisch von selbst).



    Da das im Prinzip genau den Problemen entspricht, die bei der Floete in den Bereichen aufgetreten sind, in denen sie eine Rohrfloete ist, denke ich darueber nach, den Winddruck komplett zu reduzieren.

    Dafuer sprechen auch andere Gruende wie die extreme Lautstaerke der Zimbel und mein bereits angesprochenes Problem mit der Aufschnitthoehe des Prinzipals. Ausserdem geben momentan einige Pfeifen der Terz aufgrund von Ventilundichtigkeiten einen kaum hoerbaren aber nervigen Ton, wenn die Terz alleine gezogen ist und keine Taste gedrueckt ist.



    Derzeit habe ich ca. 60 mm WS. Ueber die Rollgardine kann ich regeln, bis wohin sich der Balg fuellt (Laenge der Seile und/oder ggf. eine Aenderung der Uebersetzung durch einen Seilzug). Ich habe bemerkt, dass ich bis ca. 50 mm WS runterkomme, wenn der Balg im Bereich 1/2-2/3 Fuellmenge arbeitet (liegt wohl an den benutzen Harmoniumbalgfedern). Da das Gedackt und die Floete bis auf wenige Pfeifen fertig sind und ein C-E-G-c-e-g-c1-Akkord den Balg nur kurz minimal absinken laesst, scheint es auch nicht noetig zu sein, die Fuellmenge voll auszunutzen.

  • Nach dem Schneiden der Basspfeifen der Floete auf Laenge hat sich das Problem erledigt.

    Bormann hat wohl Recht mit der Aussage, "dass schon beim Abweichen von 1 bis 2 Halbtoenen die Grenze erreicht ist, wo eine gewuenschte Klangfarbe nicht in genuegender Lautstaerke mit sicherem Ansatz zu erhalten ist" (im Bezug auf Mensurierung).



    Am Wochenende wird vermutlich der Rest der Floete und der Zimbel fertig, dann fehlen nur noch die Pfeifen des Principal 2'.

    Ich plane gerade den Bau dieser Pfeifen. Ab Taste c1 kann ich auf die Erfahrungen mit der Zimbel zurueckgreifen, bei den beiden Oktaven darunter nicht.

    Mich interessiert vor allem, wie gross das Fussloch sein sollte. Entsprechend Bormanns Empfehlung habe ich bis jetzt ueber Messingfuesse (die der Prinzipal auch haben wird) Loetzinn geloetet und mit 2mm aufgebohrt. Bei der Intonation haben ich das dann teilweise vergroessert, wobei das in der Regel nur bei sehr kleinen Pfeifen passiert ist, da diese teilweise mehr Wind gebraucht haben um gut anzusprechen.

    Bei den tiefen Pfeifen des Principals bin ich mir jetzt nicht sicher, wie ich vorgehen sollte.

    Wenn ich mit einem 2-3mm Fussloch intoniere bzw. im ersten Schritt erstmal die Aufschnitthoehe mit dem verschiebbaren Labium ermittle, koennte das komplett falsch sein, wenn ich das Fussloch danach noch extrem erweitern muss, wovon ich ausgehe.

    Hat jemand Richtwerte fuer derartige Pfeifen?

  • Prinzipal bei meinem Bormann-Positiv:

    Ton c1: Fußbohrung 2,4mm, Aufschnitt 5,8mm

    Ton cis1: Fußbohrung 2,4mm, Aufschnitt 4,9mm

    Der Aufschnitt bei der c1 ist beim anfänglichen Experimentieren etwas größer geworden als die Vorgabe von Bormann, aber ansonsten konnte ich die Bormann-Angaben weitgehend einhalten.

    Winddruck: 40mm WS

    Viel Erfolg!

    Klaus Suhr

  • Vielen Dank fuer die Informationen.



    D.h. also, dass die Fussloecher auch bei den groesseren Principalpfeifen relativ klein sein sollten. Haette ich nicht erwartet.



    Was mich noch interessieren wuerde: Wie unterscheidet sich der Klang der c und cis Pfeifen, bei denen der Aufschnitt schon ziemlich abweicht. Ich frage deswegen, weil ich momentan eher groessere Aufschnitthoehen habe als von Bormann empfohlen.



    Ich hoffe, ich schaffe am Wochenende neben dem Rest der Floete auch die Pfeifen c1 und c2 des Principals.

  • Der Ton c1 mit dem zu hohen Aufschnitt ist weniger obertönig als cis1 und die folgenden Töne.



    Eine schnelle und saubere Ansprache dieser Prinzipal-Pfeifen bei den vorgegebenen Aufschnittmaßen erreicht man durch die folgende Maßnahme:

    Eine -jeweils in der Breite angepasste- Sandpapierfeile auf das Oberlabium legen und mit dieser quasi eine Verlängerung dieser Schräge auf der Kernkante anbringen und mit feinem Schleifpapier nacharbeiten!. Sehr gut ist das auch in dem Buch "Bau eines Orgelpositivs" von John Boersma beschrieben.



    Klaus Suhr

  • Mittlerweile sind alle Pfeifen der Floete fertig. Je tiefer der Ton, desto schlechter klingen die Pfeifen, bei denen das Register eine Rohrfloete ist. Die vollgedackten Pfeifen der untersten Oktave klingen gut, die halbgedackten und offenen ab ca. Ton a1 auch.

    Hab heute bisschen rumprobiert, allerdings hatte ich nicht besonders viel Zeit, am Wochenende gehts weiter.



    Habe testweise beim g1 den Aufschnitt um ca. 1mm erhoeht. Der Ton wurde nicht wirklich besser, eher "unbestimmter", also lasse ich die Aufschnitte erstmal so wie sie sind.



    Das Rohr des c1 hat derzeit einen Innendurchmesser von 10mm und da ich noch Messingrohr mit dem Durchmesser da hatte, hab ich damit mal die Rohrlaenge vergroessert.

    Der Klang hat sich dadurch leicht verbessert, aber nicht merklich. So kann ich aber erreichen, dass die Pfeifenlaenge (bzw. Abstand Kern/Spund) der einer 2 HT tieferen Gedacktpfeife entspricht (der Beschreibung die Klaus Suhr geschrieben hat entnehme ich, dass das am Ende die gewuenschte Laenge sein sollte).

    Deswegen gehe ich jetzt mal davon aus, dass das Rohr einfach einen zu grossen Durchmesser hat. Werde morgen mal ein paar Rundhoelzer mit verschiedenen Bohrungen vorbereiten und diese in das Rohr stecken, mal schauen was passiert...



    Hier noch ein Bild des aktuellen Zustands. Die Pfeifen hab ich erstmal mit Schnueren gesichert, da ich momentan keine Chance hab, die Pfeifenbaenke festzuschrauben (dazu muss ich erstmal wieder alle Pfeifen abbauen):



  • Habe jetzt das aus der Anleitung zum Ermitteln der Rohrdimensionen ausprobiert.

    Habe ans obere Ende der c1-Pfeife ein duennes beledertes Holzbrettchen gedrueckt und ein kleines Loch gebohrt, das ich schrittweise erweitert hab. Der Klang mit der beschriebenen Quinte wurde bei einem Durchmesser von 12mm stabil.



    Allerdings muss man bedenken, dass der Spund am Ende wesentlich tiefer sitzen wird als die Pfeife aktuell lang ist. Decke ich die Pfeife einfach ab, habe ich den Ton gis0, also 4 HT unter dem gewuenschten c1.

    Deswegen vermute ich, dass der von Bormann angegebene Rohrdurchmesser von 10mm passt.



    Hab deswegen nochmal mit verschiedenen Rohrlaengen rumprobiert und hatte auch da den besten Klang bei ca. 50mm, also auch genau das, was Bormann angegeben hat.



    Also muss ich wohl am Kern rumfeilen oder den Wind drosseln. Ich vermute, den Wind zu drosseln ist der richtige Weg. Habe die Verbindungsschlaeuche testweise mit einer Zange zusammengedrueckt und kann so einen schoenen Klang herstellen, allerdings schon bedeutend leiser als vorher. Andererseits ist leiser vielleicht garnicht so schlecht.

  • Habe nach den ganzen Problemen mit der Rohrfloete mit dem Bau des Prinzipals begonnen.



    Die tiefste Pfeife ist jetzt fertig. Mit den Hinweisen von Klaus Suhr und dem Abschnitt ueber Intonation von Bormann habe ich es geschafft, die Mensuren (insb. die Aufschnitthoehe) einzuhalten. Habe eine sehr feine Metallfeile benutzt, um den Kern zu bearbeiten. Hat teilweise etwas Ueberwindung gekostet, weil ein kaputter Kern bedeutet u.U., die ganze Pfeife neu bauen zu muessen.



    Das Ergebnis ist ein relativ leiser, streichender Klang. Die Ansprache ist sehr weich.

    Das ganze erinnert mich irgendwie an solche Stimmen wie "Dulciana" aus romantischen Orgeln. Ich bin noch etwas skeptisch, weil ich ein eher barockes Positiv moechte, andererseits schreibt auch Bormann, dass der Prinzipal im Bass "salizionalhaft" klingen darf.

    Vielleicht ist das ja wirklich ganz gut so - wenn der Prinzipal zu laut werden wuerde, wuerde ich ihn vermutlich sehr selten benutzen.

    Mal schauen, wie das ganze am Ende klingt, wenn das Register fertig ist.

  • Ich haette eine Frage bzgl. der von Bormann angegebenen Wandstaerken fuer den Prinzipal:

    Ist es klanglich sinnvoll, diese einzuhalten? Ich tendiere dazu, die Pfeifenwaende nach Augenmass nach Fertigstellung der Pfeifen wegzuschleifen und eher mehr als weniger stehenzulassen (das Holz das ich verwende ist auf 4mm gehobelt, vor dem Zusammenbau der Pfeifen will ich das nicht duenner machen, das Verleimen der Gedacktpfeifen mit 3mm Wandstaerke war schon schwierig, da hatte ich die Waende vorher auf die 3mm gehobelt).

    Bei der Zimbel habe ich die Waende mit einem Tellerschleifgeraet auf die angegebene Dicke geschliffen, aber bei den groesseren Prinzipalpfeifen stelle ich mir schwierig vor, damit auf eine einheitliche Dicke zu kommen.

    Und ich befuerchte, dass mein kleiner Dickenhobel die Pfeifen in Stuecke reissen wuerde.

  • Hallo Peter



    Bezüglich aushobeln dünnster Brettchen (nehme an, dass Du wie ich die kleine Proxxon Dicktenhobelmaschine hast): Lass das Holz auf einer entsprechend zugeschnittenen, 10 cm dicken, beschichteten Spanplatte als "Beifahrer" durch die Maschine. Ich habe so die Tastenbeläge aus Ebenholz zugerichtet (unter 3 mm).



    Gruss Thomas

  • Hi,



    ja, hab auch diese Dickenhobelmaschine (brauchte eine, die wohnzimmertauglich ist -- groessere Sachen lass ich beim Schreiner hobeln).



    Ich hab damit auch schon sehr duenn gehobelt, allerdings moechte ich die Pfeifenwaende nicht vor dem Verleimen hobeln, weil ich es schwierig finde, duenne Waende genau senkrecht anzuleimen und dabei noch den entsprechenden Druck mit Zwingen aufzubauen.



    Und eine fertige Pfeife durch den Hobel zu schieben traue ich mich nicht.

  • Bin gerade dabei, die Pfeife c5 des Principals zum Klingen zu bringen. Irgendwie verhaelt die sich ueberhaupt nicht wie erwartet.



    Zunaechst hab ich erstmal versehentlich versucht, sie so zu intonieren, dass sie fast eine Oktave zu tief (!) anspricht, trotz der von Bormann angegebenen sehr kleinen Aufschnitthoehe von ca. 1 mm, wobei das Unterlabium da auch einen knappen Millimeter unter der Kernkante stand.

    Das muss an der relativ extremen Ueberlaenge liegen, die die Pfeife hat. Der Schlitz, auf dem der Stimmschieber gleiten wird ist wohl so klein, dass sich oben ein Schwingungsknoten ausbilden kann.



    Als mir mein Fehler aufgefallen war kam die naechste Ueberraschung. Mit weniger (!) Luftzufuhr war es einfacher, zu verhindern, dass der Ton zu tief ist. Normalerweise bin ich gewohnt, dass viel Luft zum Oktavieren fuehrt, aber hier handelt es sich wohl nicht um Oktavieren im eigentlichen Sinne, da der tiefe falsche Ton eine "Gedacktschwingung" ohne 1. Oberton sein muss und diese Schwingung wohl mehr Energie braucht um in Resonanz zu kommen.



    Finde das auf jeden Fall ziemlich interessant...

  • Zu den kleinsten Pfeifchen habe ich mich "von unten" herangetastet, also von c2 aus immer einen Halbton höher, da merkt man dann schon, auf was es ankommt; indes scheint mir es in der Tat sehr interessant, wenn man sprungartig die höchste Pfeife baut, sozusagen ohne daß man sich durch jeweils geringste Verkleinerung, 8 Prozent, in den Maßen von einer Pfeife zur nächsten "nach oben windet"!

  • Da ich mit den c-Probepfeifen mittlerweile zufrieden bin, hab ich mit den restlichen Prospektpfeifen angefangen.

    Die Rohlinge sind jetzt fertig geworden:







    Bei den kleineren Pfeifen werde ich die Wandstaerke nach dem Aufleimen des Deckels noch mit dem Schleifgeraet verringern.