Pfeifen Verständnissfragen

  • Hallo liebe Orgelbauer,



    ich habe einige unkonventionelle Fragen. Ich hoffe damit sprenge ich nicht den Rahmen dieses Forums.



    Ich habe das Vorhaben, eine Orgel zu bauen die etwas anders ist als die Gewöhnlichen. Vielleicht könnte man es eher als Skulptur bezeichnen. Alle Fragen beziehen sich auf eckige Holzpfeifen.

    Nun erst einmal meine Fragen, ich werde diese unterhalb erläutern:



    -Kann man eine Orgelpfeife wie ein Schneckenhaus bauen? Also so, dass man sie der Länge nach einrollt bzw. einklappt?

    -Was passiert wenn die Orgelpfeife sehr breit ist?

    -Wie erhöht man die Lautstärke bei einer Pfeife?

    -“Überbläst“ eine Pfeife ab einem gewissen Winddruck?

    -Könnte man eine Pfeife bauen die eher wie ein Würfel aussieht? Wie würde diese Klingen? Denkbar wäre ein Labium über die gesamte Breite oder eines, dass nur einen kleinen Ausschnitt hat.

    -Könnte man durch einen Umbau eine Pfeife auch nicht mit Druck sondern mit Zug spielen?



    Bitte entschuldigen Sie meine etwas unkonventionelle Begrifflichkeit, ich befasse mich noch nicht so lange mit diesem Themenkomplex.



    Ich recherchiere gerade die Möglichkeiten verschiedener Orgelpfeifen Formen und Ihre Auswirkungen auf Klang und Lautstärke und versuche die Grenzen dieses Bereiches abzustecken.



    Im Grunde interessiert mich inwieweit ich die Form einer Orgelpfeife variieren kann, so dass sie noch klingt. Wenn ich das richtig verstanden habe, beeinflusst die Länge die Tonhöhe und die Breite bzw. der Umfang beeinflusst den Klangcharakter. Somit ist das Volumen einer Pfeife kein Indiz für die Tonhöhe. Was passiert aber nun wenn ich die Pfeife wie oben beschrieben, nach einer gewissen Distanz einklappe. Ich habe dieses Vorgehen bei einer Heimorgel beobachtet, dort wurde aus Platzgründen bei einer tiefen Pfeife oben ein Stück zur Seite geklappt.

    Inwieweit verändert sich dadurch der Klang? Die anderen Fragen erklären sich eigentlich von selbst. Ich hoffe meine unkonventionelle Herangehensweise stört niemanden. Vielleicht findet sich ja Jemand der schon mal ähnliche grenznahe Fragen bezüglich der Pfeifen im Kopf hatte, und derjenige kann mir ein paar Tipps geben.



    Grüße

    Robert Grah

  • Hallo Robert!



    Herzliche Glückwünsche für das Vorhaben! Orgelskulpturen gibt es, versuche mal Rieger Österreich und durchforste systematisch (Bilder) google, es lohnt sich (variiere die Orgelbegriffe).



    zu deiner Fragen:

    -Kann man eine Orgelpfeife wie ein Schneckenhaus bauen? Also so, dass man sie der Länge nach einrollt bzw. einklappt?

    Yep, gibts, im Prinzip, die Luftsäule, unabhängig vom Windung wird erregt und ergibt den Klang. An dem Klang ändert es mehr oder minder: nichts



    -Was passiert wenn die Orgelpfeife sehr breit ist?

    Abhängig von der Tiefe. Mit gleichbleibende relative Tiefe: wird sehr grundtönig. Dies kannst du gegenbalanzieren (teilweise) mit einer niedrigere Aufschnitt



    -Wie erhöht man die Lautstärke bei einer Pfeife?

    Bei der Konzeption: breiteres Labium, auf der Windlade: mehr Luft im Fuß



    -“Überbläst“ eine Pfeife ab einem gewissen Winddruck?

    Ja, abhängig vom Verhältnis Labiumhöhe-Druck-Weite



    -Könnte man eine Pfeife bauen die eher wie ein Würfel aussieht? Wie würde diese Klingen? Denkbar wäre ein Labium über die gesamte Breite oder eines, dass nur einen kleinen Ausschnitt hat.

    Ja, gibts auch. Ich habe es versucht, hat nie klingen wollen, aber anderen schaffen es. Stichtwörter: Okarinabaß, und Cubus



    -Könnte man durch einen Umbau eine Pfeife auch nicht mit Druck sondern mit Zug spielen?

    Wollte ich immer probieren. Pfeife ein einem Kasten einsperren, Pfeifenfuss allein ist Windeineinlass, von dito Kasten den Luft absaugen.



    Der Volum der Pfeife beeinflusst wohl der Klang! Schon allein aufgrund der Mündungskorrektur (die Luftsäule ist grösser als die Pfeife, desto grösser mit aufnehmenden Querschnitt.



    Dir würde helfen das Experimentieren. Schau auch das Mensurenrechner. Bei -20HT (sehr eng) klang das bei mir bei hohe Aufschnitt (1/2 und 2/3) sehr füllig (Gedackt) und reich. Weiter war ich nicht. Überweit habe ich nicht probiert.



    Und eine Bitte: halte uns informiert. Mir interessiert deine Orgelskulpturidee sehr.!

  • Hallo Troll,



    vielen Dank für die schnelle und hilfreiche Antwort. Von Rieger gibt es mitunter sehr schöne bauten. Danke für den Tipp, durch die Vielfalt kann man da wohl mit der Recherche einige Zeit verbringen.



    Danke für die Beantwortung meiner Fragen. Das Bringt mich sehr viel weiter.

    Auch die Stichwörter Okarinabaß, und Cubus waren mir nicht bekannt und sind sehr interessant.



    Eine Pfeife mit Zug zu spielen Hatte ich mir auch genau so gedacht, ich werde es irgendwann mal ausprobieren. Da wäre noch die Frage wie laut das ganze ist und wie sich der Schall verhält.



    Der Mensurenrechner habe ich direkt mal angeworfen und damit herumexperimentiert. Allerdings ist mir das Verhältnis von Länge und Hz in Bezug auf die Schallwellenlänge nicht ganz klar. Anfangs dachte ich das eine Schallwelle genau in die Pfeife passt, bzw. bei einer gedackten zur Hälfte und dann reflektiert wird. Aber da scheint es noch andere Dinge zu beachten geben.



    Sobald ich etwas Hörbares oder Ansehnliches zustande gebracht habe werde ich das gerne hier veröffentlichen.



    Grüße

    Robert

  • Hallo Herr Grah,

    den Cubus 16' hatte die Firma Oberlinger "entwickelt" und in kleineren Orgeln verbaut, um Platz zu sparen. Ich finde das Klangergebnis nicht befriedigend, kein vergleichbarer Ersatz für einen Subbass 16'.

    Man kann sich das Ergebnis im OrgelARTMuseum in Windesheim/Nahe ansehen/anhören.

    Gruss

    Markus Schmitt

  • robert_grah:


    Der Mensurenrechner habe ich direkt mal angeworfen und damit herumexperimentiert. Allerdings ist mir das Verhältnis von Länge und Hz in Bezug auf die Schallwellenlänge nicht ganz klar. Anfangs dachte ich das eine Schallwelle genau in die Pfeife passt, bzw. bei einer gedackten zur Hälfte und dann reflektiert wird. Aber da scheint es noch andere Dinge zu beachten geben.





    Der Gedanke, dass die Wellen "in die Pfeife passen muessen" oder genauer gesagt, dass an bestimmten Stellen Wellenknoten und Wellenbaeuche sein muessen stimmt nur im idealisierten Fall.



    Bei offenen Pfeifen gibt es eine Art "Kopplungszone" am offenen Ende (eigentlich auch am Labium, aber das kann eigentlich vernachlaessigt werden), d.h. der Schwingungsbauch ist etwas ueber der eigentlichen Oeffnung. Dadurch wird der Ton tiefer als eigentlich erwartet. Dieser Effekt verstaerkt sich mit zunehmender Querschnittsflaeche.



    Nach meinem Wissen ist diese sogenannte Muendungskorrektur frequenzabhaengig (Obertoene) und dadurch laesst sich wohl auch teilweise begruenden, warum die Querschnittsflaeche den Obertonaufbau veraendert.





    Peter

  • Hallo Peter,



    ich denke so einigermaßen versteh ich diene Informationen. Gibt es eine Internetseite die dieses Thema ausführlich behandelt? Ich denke da muß man sich in Ruhe einlesen. Das ist doch ein sehr komplexes Thema.

    Achja und speziell zu Pfeifen die bis in den Infraschall bereich hinein reichen habe ich bisher wenig gefunden. Natürlich machen diese nur in großen Räumen Sinn, aber alleine das Thema finde ich hoch interessant. So langsam infiziere ich mich mit dem Orgelvirus.

  • Eine Website kann ich auf die schnelle nicht nennen. Aber ich koennte wenn ich Zeit habe eine aeltere Arbeit von mir hochladen, die das ausfuehrlicher behandelt und auch Quellen nennt (auch wenn einige Sachen nicht so ganz korrekt sind - ich wollte sie schon laenger mal ueberarbeiten).

  • "So langsam infiziere ich mich mit dem Orgelvirus"



    Bei vollständige Infektion wirst du bestimmt traditioneller Orgeln bauen wollen. Damit will ich dich aber von deinem Projekt nicht abbringen.



    Hier

    http://www.orgel-info.de/

    gibts es einiges über Intonation und Pfeifenforschung. Die Seite wird von Reiner Janke betrieben, ein begabter Intonateur und sehr lieber Mensch. Fällt mir auf die Schnelle ein.

  • Hallo Zusammen,



    ich habe nun verschiedene Orgelpfeifen bzw. Mensur rechner Probiert allerdings verwirrt mich immer noch der zusammenhang zwischen umfang und länge der pfeifen, Gibt es da eine goldene Regel die einem einen guten "durchschnittlichen" Ton liefert und dabei möglichst laut ist?

    Mir geht es speziell um Subbass Pfeifen. Vielleicht bin auch etwas verloren bei den ganzen Fachbegriffen.



    Grüße

    Robert Grah

  • Hi Robert,



    Pfeifenbau ist eine Kunstwerk, keine industrienormgeregeltes Technik! Es gibt ja Regeln und Erfahrungswerte, aber zum Schluss geht es um Musikalität, gebildetes Gehör und Händen...



    Lautstärke ist Ergebnis der Parameter: Labiumbreite, Abweichung von NM, Winddruck und -menge (Unterlabiumschlitzdicke - sozusagen), Labiumhöhe, ggf. bis hin zum Wändungsdichte...

    Aaaabeeer, wenn du an einem Parameter schraubst, änderst du die Klangfarbe, evtl. die Durchsetzungsvermögen/Tragfähigkeit)...



    Da gibts nur das Ausprobieren! Dafür aber die gute Nachricht: das macht Spass und den gewonnenen Erfahrungen sind auf grösseren Pfeifen gröstenteils übertragbar. Ich mache meine Versuche normalerweise auf c0 (bis zur a0) für Gedeckte.



    Gruß, Francois