Truhenorgel fertig

  • Liebe Leute



    inzwischen ist meine Truhenorgel fertiggestellt. Hier gibt es Bilder.

    http://www.rinck.ch/joomla/index.php/orgeln/truhenorgel

    Bauzeit mit zum Teil langen Unterbrüchen Weihnachten 2003 bis Mai 2009. Diese Tage habe ich noch die Federnspannung ausgeglichen.



    Ich habe das Instrument nach der Bauanleitung von J. Boersma gebaut, damit bin ich recht gut gefahren. Einiges habe ich aber auch abgeändert.

    - Die Traktur habe ich etwas anders gebaut und verschiebbar eingerichtet. Problem dabei ist, dass wenn ich die Stecher um einen halben Ton verschieben, das schon reicht um die Tasten in einer kleinen Berg- und Talbahn anzuordnen. Bedeutet, die einen Tasten kommen tiefer zu liegen die anderen höher, je nach Neigung der Stecher... Also doch besser Tastatur verschiebbar gestalten.

    - Lange hatte ich Mühe die Ventile ganz dicht zu bekommen. Alles ist bei so schmalen Kanzellen doch recht eng. Ich habe schlussendlich sämtliche Kanzellen angebohrt. Inzwischen sind alle Ventile so dicht, dass mit kleinen Bohrlöchern nix mehr heult.

    - Den Motorenkasten habe ich in ein Untergehäuse gabaut. Das ganze ist nun so, dass ich selber gut stehend spielen kann. Eine Bank soll noch dazu entstehen.

    - Eigentlich habe ich vorgesehen noch ein Regal oben einzubauen. Der Registerzug besteht schon, ob es noch dazu kommt weiss ich nicht. Eher nicht.

    - Als Federn habe ich einfach geschwungenen Stahlfederdraht 1.4mm genommen. Die doppelt gewickelten Messingfedern waren zu lahm.

    - Die Registertraktur habe ich weitgehnd aus Holz gebaut und die Schleifen aus PVC-Platten (Diese habe ich dick mit Graphit eingerieben, nun laufen die Züge schön leicht und trotzdem ist alles dicht).



    Einige weitere Details findet man auf meiner Homepage.



    Zu weiteren Problemen kann ich noch anführen.

    - Nachdem das Instrument fast fertig war, musste ich es noch einmal komplett zerlegen um es zu reinigen (Es stand relativ lange herum und zu oft musste ich da noch ein Loch bohren und hier und da etwas schleifen).

    - Die etwas längeren Federn haben im Bereich von E,F,Fis bewirkt, dass wenn die Tasten gedrückt wurden, die Feder die Drosselklappe zugedrückt haben... also immer wenn ich eine dieser Tasten brauchte brach der Wind zusammen.

    - Dass die kleinen 2' Pfeifen direkt hinter den Stechern und unter der Tastatur liegen ist zwar platzmässig ganz gut, aber zum Stimmen ist es sehr mühsam, da man von hinten zum Teil schlecht dazu kommt und vorne sind die Stecher im Weg. Es hat also durchaus seine Berechtigung, wenn bei den meisten Truhen es gerade umgekehrt ist.

    - Die relativ engen Mensuren im Bassbereich des Gedacktes und die beengenden Platzverhältnisse machen bei einzelnen Basstönen in der grossen Oktave recht Mühe beim intonieren. Ich musste lange mit Bärten etc. laborieren, bis die Ansprache direkt kam.

    - Das Gewicht wird bei den von Boersma angegebenen Dimensionen und Dicken der Hölzer sehr schwer, hier könnte man einiges sparen. Ich habe unter die eigentliche Truhenorgel Kufen aus Hartholz eingebaut, so kann das Instrument auf ebenem Boden geschoben oder gezogen werden. Der Unterbau ist mit Lenkrollen versehen. So kann das Instrument im zusammengebauten Zustand einfach geschoben werden. (Die Rollen habe ich vertieft angebracht, so dass das Gehäuse nur etwa 7 mm über dem Boden "schwebt"



    Im Grossen und Ganzen bin ich ganz zufrieden mit meinem Erstling.



    Soviel für den Moment. Im Kopf gibt es zwar Pläne für eine 2 manualige Uebeorgel. Aber ob daraus was wird. Ich weiss es noch nicht.



    Herzlich Thomas

  • Ich gratuliere Dir auch zu diesem Erfolg, das sieht ja prima aus. Eine Frage zu Deinem Untergehäuse: Hast Du das so konstruiert, daß man die Truhe einfach heruterheben kann, oder muss man eine Kondukte o.ä. abschrauben? Wie dichtest Du dann den Übergang von Unter zu Obergehäuse ab? Ich plane etwas ähnliches und wollte einen flexiblen Kanal mit Federdruck auf eine passende Bohrung im Obergehäuse drücken lassen, abgedichtet mit Leder auf der Fläche. Bin mit jedoch unsicher, ob das zuverlässig dicht wird. Eigentlich müsste es schon halten, wenn die Federn stark genug drücken. Wenn es von der "Windanlage" Fotos gibt würde mich das sehr interessieren.



    Grüße und Viel Erfolg für die folgenden "großen" Projekte,



    Stefan

  • Auch von mir herzlichen Glückwunsch; eine tolle Arbeit, die mich wieder anspornt! Kirschbaum geölt sieht verdammt gut aus!

    Frage: Wurden die Mensuren bei Rohrflöte 4' von Boersma 1:1 übernommen und ist der Klang einwandfrei? Wieso 2 verschiedene Hölzer und welches für welche Töne?

    Gruss

    Werner

  • Ich versuche hier Antworten auf die Fragen.

    - Man kann die Truhenorgel einfach vom Untergehäuse heben. Allerdings ist das Teil (zu) schwer, man braucht dazu also mindestens zwei kräftige Personen. Der viereckige Windkanal aus zwei Lagen Birkensperrholz ist am Uebergang getetrennt und greift quasi in Nut und Feder ineinander. Der Uebergang ist an beiden Enden mit einer doppelten Lage aus weichem Leder abgedichtet. Damit beim "Zusammenbauen" nichts verkantet werden kann, habe ich unten an den Oberbau vorstehende Kufen aus Hartholz angebracht, die passgenau in das Untergehäuse einrasten.

    - Rohrflöte 4': Ich habe für die Kerne, die Deckel und die Vorschläge ausgewähltes Buchenholz verwendet. Die obersten zwei Oktaven habe ich auch die Vorderseite der Pfeifen mit dem Labium aus Buchenholz gefertig. Die übrigen Seiten habe ich aus feinjähriger Fichte gebaut. Begründen kann ich es damit, dass ich es aus dem "richtigen" Orgelbau so kenne, und dass ich selber fand, dass sich bei diesen kleinen Teilen das Buchenholz einfacher und vor allem genauer bearbeiten lässt. Mit dem klanglichen Resultat bin ich zufrieden. Ich habe die Rohrflöte relativ kräftig mit einem hörbaren Vorläuferton intoniert. Das Instrument habe ich in erster Linie für Begleitaufgaben gebaut. Gedackt klingt fast etwas nach Quintatön und ist recht leise. Damit kann man also sehr gut feine Kammermusik begleiten. Die Rohrflöte ist recht kräftig und zeichnet sehr schön. Zusammen mit weiteren Continuoinstrumenten sollte damit auch eine Bachkantate zu begleiten sein. Der 2' ist nur als feine Klangkrone und Farbregister gedacht. Die Mensur ist noch etwas enger als bei Boersma und er ist leise. Nicht ganz geglückt ist der Uebergang von der grossen Oktave in Holz auf die Zinnpfeifen im 2'. Beim solistischen Spiel hört man diesen gut. Im Plenum oder beim Begleiten stört es mich aber nicht.



    Ich habe auf meiner Truhenorgelseite noch einige zusätzliche Bilder platziert.

    http://www.rinck.ch/joomla/index.php/orgeln/truhenorgel



    Danke für Eure Reaktionen und liebe Advents-Grüsse

    Thomas

  • Auch ich möchte mich den Glückwünschen anschließen und freue mich, von einem komplett fertiggestellten Instrument zu erfahren. Erst neulich hat unser Ulf Zastrau seinen fertiggestellten Bauabschnitt gemeldet, ich sehe schon, daß demnächst alle ihre prachtvollen Orgeln stehen haben werden, während ich mich weiterhin mit unserem Portativ-Kästlein werde begnügen müssen



    Um unser Portativ erträglich zu halten, verbannte ich die Windversorgung in den Untertisch, auf welchen, durch eine Anschlagleiste geführt, das eigentliche Instrument zu stehen kommt. Den Luftdurchlaß dichtete ich nicht mit Leder ab, allein die breitflächige ebene Tischplattenauflage im Verein mit dem Gewicht des Instruments verhindert ein merkliches Ausweichen des Windes, zumindest hier bei nur 25 Millimeter Wassersäulen-Druck.



    Viel Freude am neu gebauten Instrument und frohes Schaffen an den im Bau befindlichen Orgeln wünscht Euch Euer leicht wehmütiger W.