Prospektgestaltung

  • Hallo!



    Ich habe wiedereinmal ein Frage: Gibt es bei der Prospektgestaltung einer Orgel eine Faustregel für die Bemessung der Zwischenräume zwischen den Prospektpfeifen, um einen optimalen Schallaustritt zu ermöglichen? Gibt es dabei Unterschiede zwischen Kirchen- und Hausorgeln und wenn ja, welche? Es wäre wirklich sehr schön, wenn mir jemand helfen könnte, da ich mich gerade in der Planungsphase befinde und ohne eine Richtschnur hier nicht so richtig weiter komme, schließlich möchte möglichst viele Fehlplanungen vermeiden.



    Gruß,



    Raphael Knoop

  • Hallo,

    ich glaube der sicherste Weg ist ein gutes Augenmaß. Das ist der optische Aspekt. Beim Klang spielt eine Rolle wieviel hindurchkommen soll, denn der Effekt ist ein bischen wie bei einem Schweller. Aber selbst ein Schweller, der nur wenig geöffnet läßt schon fast alles durch. Also ist der Abdämpfungseffekt bei Pfeifen nicht sehr groß wenn sie genügend weit auseinander stehen. Als Anhaltspunkt möchte ich einen Mindestabstand von etwa 1/5 des Pfeifendurchmessers der runden Pfeife vorschlagen.

    Bei meinem Opus 2 (http://www.hausorgel.de) sind in den Türmen Holzpfeifen im Prospekt. Diese baue ich dicht aneinander (Abstand wenige mm), um gerade dort eine "abdichtende" Wirkung zu bekommen. Der Klang soll in der Prospektmitte gesammelt heraustreten.

    Von Hausorgelbauern höre ich immer wieder, sie wünschen sich eine leise Hausorgel. Das ist mit einem Pfeifenwerk in einem Schwellkasten gut zu erreichen. Ich habe aber eine solche Anordnung noch nicht gesehen. Gibt es sie irgendwo ?

    Viele Grüße

    Thomas Reinhardt

  • Ein andere Anhaltspunkt, dass sich mit vorige deckt: Beim berechnen der Öffnung eines Glockenkammers berechnen (ca.) die Glockenexperte 1,5 bis 3 % der gesamtinnenfläche des Glockkenkammers. Das habe ich für ein kleine Kirchenorgel und das scheint zu funktionnieren.

    Grüsse

  • Grüss Gott,



    Die Antworten zu Ihrer Frage stimmen alle weitgehend. Für mich sind jedoch zwei weitere Kriterien beachtenswert.



    a) Wie ist die Aufstellung der Pfeifen im Prospekt ?

    b) Wie ist der Frontverlauf des Prospektes überhaupt ?



    Zu a)

    Bei einer chromatischen Pfeifenstellung im Prospekt, ist der Zwischenraum gewiss grösser zu wählen als z.B bei einer Terzaufstellung. Die Begründung ist: wenn zwei nebeneinander liegende Töne gleichzeitig erklingen und die Pfeifen sind in chromatischer Aufstellung zu nahe, dann ist die Gefahr des "anziehens" sehr gross. Dies gilt übrigens auch für die Ladenteilung. Generell meine ich, sollte man die Aufstellung welche man auf der Windlade wählt, auch im Prospekt verwenden.

    Zu b)

    Bei einem flachen Prospektverlauf ist die Angabe von Hr. Reinhardt gewiss gut. Wenn Sie einen konvexen, oder versetzten Prospektverlauf, oder sogar Türme in Spitz- oder Rundform wählen, glaube ich kann man jeglichen Abstand weglassen, weil ja der Versatz in der Tiefe u.U. die notwendige freie Fläche ergibt.



    Wie Sie sehen kann man Ihre Frage so ohne weiteres nicht exakt beantworten. Ich bin der Meinung, dass der Werkaufbau auch bei einer Hausorgel ein wenig im Prospekt ersichtlich sein sollte. Kommt noch das persönliche ästhetische Empfinden hinzu und als wichtigstes die Masse der Orgel.

    Damit haben wir die wesentlichsten Faktoren zusammen welche einen schönen Prospekt ergeben : Masse, Werkaufbau, ästhetisches Empfinden. Diese drei Komponenten und wie Hr. Reinhardt schon schrieb; ein gutes Augenmass, diktieren die Pfeifenabstände im Prospekt. Ich empfehle Ihnen sehr das Buch von Martin Kares, Kleinorgeln Geschichte-Typen-Technik aus dem Evangelischen Presseverband für Baden. Hier erhalten Sie unter anderem auch eine Fülle von Anregungen (Farbbilder) für Ihre Prospekt-Gestaltung.



    Ich wünsche Ihnen von Herzen gutes Gelingen und wenn Sie soweit sind berichten Sie uns davon.



    Viele Grüsse,



    Hermann Werlen

  • Zuerst einmal vorweg möchte ich Herrn Werlen voll und ganz zustimmen.

    Was manchmal, so geht es mir oft, recht praktisch ist, ist die Beschäftigung mit alten Instrumenten, soweit diese noch recht original vorhanden sind.

    Mir ist dabei gerade bei der Prospektgestaltung aufgefallen, daß zum Beispiel die Orgelbauerfamilie Stumm fast ausschließlich die Terzteilung verwendet hat. Ihre an sich schon recht kompakt gebauten Orgeln konnten dadurch besonders in der Breite reduziert werden, da die Pfeifen, wie Herr Werlen bereits erwähnte, enger gestellt werden können. Natürlich ist für die Prospektgestaltung und die letztendliche Breite auch der innere Aufbau und die "zu versteckende" Technik verantwortlich.

    Die Stumm und die meisten alten Meister machten sich eigentlich wenig Gedanken, wie wirkungsvoll die Klangabstrahlung durch die Abstände der Prospektpfeifen zueinander beeinflußt würde; Stumm verschloß die Türme von oben her mit Brettern, die Zwischenfelder aber bespannte er von oben her mit Sackleinen. Ebenso verschloß er die Rückwand mit leinenbespannten Rahmen, die wie Türen zu öffnen waren.

    Erfahrungen im Rahmen von Restaurationen haben gezeigt, daß besonders diese leinenbespannte Rückwand einen viel größeren Einfluß auf den Gesamtklang hat, als die Frage, ob der Prospekt genug hindurch läßt.

    Also, Prospektpfeifen nach ästhetischen Empfinden stellen, nicht zu eng, des Anziehens wegen, aber auch nicht zu weit, der Optik wegen.

    Mit bestem Gruß und viel Spaß beim Planen,

    Andreas Keber