Hörbeispiele einzelner Register

  • Hallo,



    kürzlich stolperte der folgende Link auf meinen Bildschirm:



    http://orgue-stpothin.com/MUSIQUE/ANIMATION/index.php



    Es handelt sich um eine Seite mit dem Spieltisch der Merklin-Orgel von St. Pothin in Lyon, wo man durch Anklicken der verschiedenen Registerzüge eine 10 bis 20-sekündige Demo des Registerklanges anhören kann. Eine nette Idee. Kennt jemand noch andere Interneseiten, die so etwas bieten?



    Schöne Grüße

    Ulrich Reinhardt

  • Hallo Thomas,



    auf http://www.aeoline.de/ gibt auf den Seiten "Flöten" und "Gedackte", jeweils ganz unten, so etwas ähnliches. Die Registerwippen kann man anklicken und dann etwas längere und qualitätiv erträgliche mp3s anhören.



    Frohes Neues Jahr wünscht



    Ulf

  • Mir kommen die Klangfarben alle ziemlich ähnlich vor. Ich habe einige ältere Schallplatten mit solchen Registervorführungen. Alle kranken daran, dass die Tonaufnahmen nicht optimal sind (zu weite Entfernung des Mikrofons zur Pfeife, störende Nebengeräusche, viel zu schwacher Bassanteil, die Quintaden in C-H-Lage sind meist kaum zu hören). Es wäre eine dringende Aufgabe, die 100 häufigsten Orgelregister an neuen (!!!) Orgeln unter optimalen Bedingungen aufzunehmen - keine historischen Orgeln, keine Konzert-Klangbeispiele, keine 10-Register-Gruppenmischungen, nur ein Lauf über das ganze Manual, einige homophone Klangtrauben, höchstens jeweils (dasselbe!) 10-Sekunden-Musikstück.



    Aber: Wer hat schon die Zeit und das technische Verständnis, dessen Kostenaufwand wenigstens teilweise (wie?) gedeckt werden kann?

  • Die Schwierigkeit ist natürlich, das jeder Orgelbauer den Registernamen etwas anders interpretiert. Den Prinzipal 8' gibt es eigentlich nicht, er hört sich von Orgel zu Orgel / von Orgelbauer zu Orgelbauer verschieden an.

    Warum sollte man alte Orgeln herausnehmen?

    Ich finde es gerade interessant ein und das selbe Register auf verschiedenen Orgeln (aus verschiedenen Zeiten) vergleichen zu können, besonders bei Zungenstimmen oder Streichern.



    Viele Grüße

    Markus Schmitt

  • Vielen Dank für den Hinweis!

    Diesen Artikel kannte ich bereits, und hier sind die Mängel genau so, wie ich es beschrieben habe.

    Für den weniger bewanderten Orgel-/Orgelbau-Fan wäre eben eine internationale und zukunftsweisende verbindende Nomenklatur und Sonoklatur (letztere gibt es glaube ich noch nicht) zweckdienlich.

    Eben weil historische Orgelbauer sehr individuelle Register-Bezeichnungen und Intonationen verwendeten, wäre es gut, ein mehr verbindliches System zum Nachsehen und arbeiten zu haben. Man sollte sich eben einigen, dass ein "Nachthorn" (bei Neubauten) ein sehr weites zylindrisches offenes Flötenregister mit schmaler Labiierung ist - und kein schmal labiierter Gedacktpommer mit hohem Aufschnitt, letzteres ist mit "Musiziergedackt" (schon bei Mahrenholz) für jeden eindeutig bezeichnet.

    Ein "Harfenprinzipal" ist nun in Anlehnung an eine Harfpfeife ein leicht konisches engeres etwas zurückhaltendes Prinzipal und kein Salizional prinzipalischer Prägung. Und auch eine "Äoline" kann man nur auf 1 Art bauen und so klingt sie dann auch. Und eine neugebaute "Mixtur" mit Terz ist keine Mixtur, sondern eine Terzmixtur, ein Terzianscharff, eine Kornettmixtur oder dergleichen. Ein "Kornett" (ohne Zusatz) sollte immer weit und terzhaltig sein, ansonsten ist es ein Prinzipalkornett usw. Und jeder weiß dann, wie es in etwa klingt.



    Bei optischen Farben und in der Mode-Branche hat man sich auch auf ziemlich verbindende Bezeichnungen geeinigt, jeder weiß, wie "smaragd" oder "achat" ausschaut.



    Eine Vereinheitlichung würde das Lesen und klangliche Verstehen einer (neuen) Disposition wesentlich erleichtern.



    Soweit meine Überlegung.



    Viele Grüße

    und viele interessante Artikel im neuen Jahr

    wünscht

    Reinhold

  • Hallo,



    sie schreiben



    Reinhold_S:
    ... einigen, dass ein "Nachthorn" (bei Neubauten) ein sehr weites zylindrisches offenes Flötenregister mit schmaler Labiierung ist - und kein schmal labiierter Gedacktpommer mit hohem Aufschnitt, letzteres ist mit "Musiziergedackt" (schon bei Mahrenholz) für jeden eindeutig bezeichnet.



    Das extrem weite Nachthorn mit enger Labiierung ist eine Erfindung von Jahnn und Mahrenholz und historisch durch nichts zu belegen. Ich verweise auf die neueste einschlägige Literatur, die entgegen Mahrenholzens Buch wissenschaftlich fundiert ist und vieles von Mahrenholz in völlig neuem Lichte zeigt:



    Dr. Roland Eberlein: Die Orgelregister, erschienen 2008.





    Viele Grüße



    Ulrich Reinhardt

  • Hallo,



    ich finde es nicht richtig, jemandem Vorgaben fuer Registerbezeichnungen machen zu wollen (oder ueber eine Vereinheitlichung nachzudenken) - wir reden hier von einer Art von Kunst (Bitte den vorangegangenen Satz nicht falsch verstehen - ich moechte hier bewusst uebertreiben).

    Jeder, der auf einer Orgel spielt muss diese zunaechst "kennenlernen".

    Ein "exakt formulierter" Registername wuerde bedeuten, dass wir statt "Aeoline" einen Aktenordner voller Mensuren etc. an den Registerzug haengen muessten.



    Viele Gruesse,

    Peter

  • Eben - um bei neuen Orgeln zur eindeutigen Bezeichnung einer bestimmten Klangfarbe nicht einen Aktenordner mit Mensuren dranhängen zu müssen, sollte sich der Organist und Konzerthörer anhand der Disposition schon eine ziemlich genaue Klangvorstellung machen können, erfahrungsgemäß liegt das aber manchmal sehr daneben. Eine Äoline klingt nun mal typisch; nicht nach Salizional, nicht nach Geigenprinzipal, nicht nach Gambe. Die Richtmensur einer Äoline (als engstes offenes nicht überblasendes Streicher-Register im Orgelbau überhaupt) liegt - je nach Raumakustik und -größe bei minus 20 HT (Domorgel in einem weiträumigen Raum) bis minus 40 HT unter NM (neoromantische Orgel in einem kleinen oder schmalen hohen Raum). Mit entsprechendem Winddruck und Labien-/Aufschnitt-Mensur kann die Klangfarbe noch besser angepasst werden. Damit klingt sie in beiden Räumen in etwa gleich. Der erfahrene Hörer tippt auf "Äoline", und nicht auf Orchestergeige oder Harfenprinzipal. Natürlich wäre es unkünstlerisch, den Klang bis ins kleinste Detail zu bezeichnen: "Hölzern Violprinzipalflöte" finde (auch) ich übertrieben. Es existieren mehrere hundert Registernamen, die sich maximal aus 2 Begriffen zusammensetzen.

  • Lieber Reinhold,



    ich kann Deine Argumentation nicht verstehen. Wünscht Du Dir so eine Art Festlegung für den Pfeifenbau in Abhängigkeit von der Intonation? Soll es dadurch möglich sein, eine Disposition zu lesen und damit einen Höreindruck zu gewinnen?

    Diese Bestrebungen hat Abbè Vogler verfolgt, Töpfer hat sie kultiviert und- mit welchem Ergebnis?



    Ein Beipiel: die gleiche Blockflöte, vom gleichen Musiker, das gleiche Stück; gespielt auf einer weiten Wiese, in einer Dorfkirche, einem engen Zimmer und einem Dom. Stell Dir die Klangfarben vor! Immer Blockflöte und doch immer anders!



    Aus der eigenen Orgelpraxis muss ich Dir mitteilen, dass vor Benutzung eines neuen Instrumentes stets eine Register-Hörprobe erforderlich ist. Wenn möglich, nehme ich jemanden mit, der mir ein paar Läufe oder Akkorde vorspielt, damit ich einen Klangeindruck bekomme. An vielen Orgeln ist es schwer, schön intonierte Register zu finden, manche Orgel hat davon vielleicht gerade 10 bis 20%. Wenn ich an meiner "Stammorgel" (Kirche, 25 Register, 2 Man,Ped.)ein Vortragsstück in Plenumregisterierung ausgearbeitet habe, kann es durchaus sein, dass das an der Dorfkirchenorgel in XX überhaupt nicht vortragsfähig ist und mit einer Mischung aus Salicional und Aeoline (sic!)vorgetragen werden muss (so kürzlich erlebt). An dieser Kunst der Registrierung messe ich oft auch die Qualität eines künstlerischen Vortrages. Nach Deinem System müsste der Organist mit der einstudierten Mischung an jede entsprechende Orgel herantreten können und könnte ohne Hörprüfung vortragen. Sollte das wirklich möglich und vor allem wünschenswert sein?

    Ich halte es für unmöglich, nur anhand der Registernamen einen gedanklichen Höreindruck zu vermitteln, denn, selbst wenn die Orgelbauer Deinen Wunsch nach der normierten Bauweise bei den Pfeifen noch berücksichtigen könnten, wäre die Gleichmachung der Rahmenbedingungen (Raum, Klangabstrahlung, Schallverhältnisse etc.pp.) unmöglich.



    Letztlich liebe ich die Variabilität der Registernamen in Bezug auf die Bauweise. Nimm nur mal das Beispiel Rohrflöten: von lieblich-süß bis staubsaugerartig kann alles vertreten sein- auch, wenn die Mensurenlisten korrekt eingehalten wurden!Aus meiner Sicht macht das den Charakter der Orgeln aus.

  • Ja, an dieser Betrachtungsweise ist schon was dran!

    Vielleicht sehe ich das alles etwas zu einseitig.



    Man kann den Orgelbau mehr von der technisch-informatorischen Seite oder mehr von der musikalisch-intuitiven Seite sehen.

    Von der 2. Möglichkeit waren vor allem die alten italienischen Orgeln geprägt.

    Ein ausländischer Organist konnte mit den Registerbezeichnungen keinerlei klangliche Beziehung verbinden, wenn er z.B. nur "XXVIII" las.

    Da blieb dann nur übrig, einen Notizblock zu nehmen, alle Registerzüge nacheinander durchzuprobieren und und das ganze Registertableau in eine gewohnte Disposition mit Klang und Höhenlage umzuschreiben. Für einen Nur-Organisten, dem es vor allem auf ein einigermaßen stilgerecht registriertes und möglichst fehlerfrei gespieltes Stück ankommt, eine (unumgängliche) Möglichkeit, für einen Orgel-Monographien-Leser mit Interesse an Klang und Klangfarben und landschaftlich und entstehungszeitlichen orgelbaulichen Besonderheiten, aus der Ferne, zu wenig bzw. umständliche Information.



    Wenn ich ein Orgelkonzert besuche, habe ich gerne dabei eine Disposition vorliegen und versuche mir dann an Hand dieser die jeweilige Registrierung der gespielten Stücke zu vergegenwärtigen. Und treffe dann für mich so Erkennungen/Urteile: schön intonierter Prinzipal 16', zu schreiende Mixtur, warum Vox coelestis bei Buxtehude?, gute Schwellerwirkung des Bordun 16', typische Holzgedackt-8'-Vorläufertöne, aha, Spaltklang Koppelflöte 8' mit Spitzoktav 2', enges Kornett 8' . . .



    Ohne eine dabei vorliegende Disposition habe ich (hinterher festgestellt) manchmal total daneben gelegen: "Das war ja gar kein Kornett, sondern eine Schwellwerk-Zunge mit Sesquialtera". . .

  • die sache wird ja noch vielfältiger:

    es gibt ja nicht nur die "nur-organisten" hier und die orgelkenner und -liebhaber da - sondern es soll tatsächlich organisten geben, die soetwas wie einen klangsinn haben - und denen mag es als ein grosses glück erscheinen, wenn die orgeln nicht alle gleich klingen.



    ich hatte das grosse glück, vor jahren an einer schnitger-orgel zu spielen, in welcher pfeifen aus zwei vorgängerinstrumenten verbaut waren- die oktave 2' und teile der oktave 4' im HW waren etwa aus der zeit um 1530 - das war ein nachdrückliches erlebnis, und ähnlich klingende prinzipale hatte ich anderswo zwar schon gehört, nicht aber selbst gespielt - ich fühlte mich beschenkt und erhoben.



    letztlich können wir doch nur gewinnen, wenn vielfalt im klang erhalten bleibt- das macht die sache doch spannend und erlebnisreich.