Schimmelbefall auf Orgelleder?

  • Mit Schrecken gewahrte ich neulich auf der Lederoberfläche alter, achtlos in einem unbelüfteten Kellerwinkel abgestellter Schuhe schimmelartige Stockflecken, sogleich umschlich mich ein großes Unbehagen, ob nicht auch unsere Orgeln von diesem gräßlichen Problem betroffen sein könnten; freilich werden wir unsere Instrumente in trockenen Wohnräumen aufstellen, indes bleibt die Ungewißheit, ob nicht vor allem die Lederbahnen auf den Schleifen doch zumindest ansatzweise stockig werden könnten.



    Könnte es gar sein, daß beim Spielen nach längerer Standzeit aus den Pfeifen neben den Tönen ein unangenehmer Geruch heraustritt, nun je, es tröstet mich der Gedanke, daß selbst in feuchten Kirchenmauern die alten Orgeln ruchbar funktionieren ...

  • Schimmel habe ich noch nicht entdeckt, dagegen hilft vermutlich nur Trockenheit! Andererseits wird in der Schuhindustrie das Leder kühl, aber nicht trocken gelagert, so bei 5-15 Grad Celsius und 50-70% realtiver Feuchte; es soll allerdings gut gelüftet gehalten werden, vom Boden weg und Stapelware immer mal wieder umgeschichtet werden. Wahrscheinlich handelt es sich aber bei Deinem Beispiel nicht um Schimmel, sondern um Fleckenbildungen, die sich bei großen Temperaturschwankungen bilden.



    In einer Schublade mit Lederresten entdeckte ich mal so etwas wie Läuse, die vermutlich auch ein bestimmtes Klima oder ein bestimmtes Leder lieben. Nach dem ich alles ausgeräumt, abgesucht und manuell einzeln vernichtet habe hält sich das Problem jetzt offenbar in Grenzen. Falls jemand eine gute Methode weiß, was man da noch in die Schublade dazulegen sollte, wäre es eine gute Ergänzung zum Problem Lederlagerung, bzw. Flecken-, oder Schimmelbildung.



    Werner

  • Hallo Wolfgang,

    aus meiner Sicht kann ich hier nur begrenzt Entwarnung geben. (Bitte bremse mich, wenn ich abschweife, Baubiologie ist ein Lieblingsthema von mir)

    Schimmelpilze brauche zum _Wachstum_ bestimmte klimatische Bedingungen, von denen die Relative Luftfeuchtigkeit die Entscheidende ist.

    Eine RLF von 65% wird hier als Obergrenze angesehen.

    In einer Arbeitsanweisung für Kirchenmaler steht z. B. dass Arbeiten nur mit Schutzmasken durchgeführt werden sollen, wenn die RLF auch nur _kurzzeitig_ 65% übersteigt.

    Da die Schimmelpilze nicht absterben wenn die Luft trockener wird, sondern einfach abwarten und wieder wachsen wenn die Feuchte wieder steigt, sind Schimmelsporen eigentlich immer vorhanden.



    Vor Allem Kellerräume werden oft 'intuitiv' gelüftet, also dann die (ohnehin meist geringen) Fensterflächen öffnen, wenn es draußen warm ist.

    Wenn es kalt ist, dann werden die Fenster geschlossen. Damit wird ein Teufelskreislauf in Gang gesetzt, weil ständig Feuchtigkeit nach Innen transportiert wird.

    Trotzdem konnten früher in feuchten Kellerräumen wunderbar Kartoffeln gelagert werden.

    Nur früher hatten die Keller eine Öffnung, die im Winter ständig mit der Außenluft in Verbindung stand.

    Heute wird wegen dem Wärmeschutz diese Öffnung geschlossen, und der Feuchtegehalt steigt ständig.



    Im modernen Wohnraum sieht es genau so aus.

    Zum Sparen von Heizkosten werden die Häuser wie Kühlschränke gebaut. Dicht bis zum letzten.

    Und genau so schnell schimmeln sie auch. Wie ein Kühlschrank der ausgeschaltet und geschlossen ist.

    Wer Fenster verbaut hat mit dem Standard wie er etwa seit einem Jahr gilt, der muss _alle_zwei_Stunden in allen Räumen Stoßlüften.

    Wer kann das schon.

    Als Alternative gibt es technische Lüftungen, die sind aber für Allergiker... (jetzt schweife ich ab, ich merke es)



    Schimmelwachstum wird ab 65% RLF begünstigt, und das ist in einem Haus in dem gekocht, geduscht und gewohnt wird schnell beisammen.

    Bei der Orgel würde ich ggf. hinzufügen: In einer Orgel finden (bei regelmßiger Benutzung) ständig Luftbewegung statt. Das ist dem Klima förderlich und verhindert die Anlagerung von Schimmel.



    Etwas anderes zur Verringerung der RLF als einen elektrischen Lufttrockner kann ich nicht empfehlen.

    Alle 'Trockenpakete' usw. sind nicht in der Lage, in ausreichender Menge Wasser auf Dauer abzuführen.

    Eine gut durchlüftete Lagerung wäre auf alle Fälle empfehlenswert.



    In Kirchen entstehen die größten Probleme durch den Wunsch, auf der einen Seite Heizkosten zu sparen, auf der anderen Seite beim Gottesdienst ausreichend Temperatur im Raum zu haben. Dadurch schwankt die Temperatur in kurzen Zeiträumen sehr stark, was sehr schädlich ist. (Warme Luft kühlt ab: Feuchtigkeit kondensiert)



    Was hier steht:

    http://www.holzfragen.de/seiten/lueften_von_kirchen.html

    kann auch für Wohnräume verwendet werden.



    Schöne Grüße

    Johannes

  • Hallo Johannes,



    genau die von Dir genannte Seite auf http://www.holzfragen.de habe ich auch "verinnerlicht" auf der Suche nach einer guten Lueftungsstrategie fuer unseren Keller. Sie gibt sehr gute Informationen, wann gelueftet werden darf und bei welcher Witterung nicht.



    Unser Keller in einem Energiesparhaus-Neubau mit KFW60-Standard (Massivwaende mit 12cm Aussendaemmung bis zur Bodenplatte) ist mit durchschnittlich 17 - 18 Grad C sehr warm. Die Feuchte liegt bei etwa 50 bis 65% r.H. (dank der Lueftungsstrategie auf holzfragen.de). Wir machen bei kaltem Wetter die Fenster auf fuer Durchzug und halten sie geschlossen bei warmem Wetter. Ein Hygrometer laesst die Ueberwachung der Feuchtigkeit zu.



    Noch lagert das restliche Leder aus dem letzten Orgelbau in einem anderen, sehr gut getrockneten Keller. Hier besteht vielleicht das gegenteilige Problem des Austrocknens. In all den Jahren meines Orgelbaues habe ich dort keine aehnlichen Probleme wie Wolfgang erlebt. Im neuen Keller gibt es noch keinen Orgelbau :-(



    Gruesse

    Thomas Reinhardt