Optimaler Windeinlaß in die Lade

  • Was ich schon immer wissen wollte, nachdem meine Planungen für die Unterbringung von Balg und Windladen allmählich anlaufen, wird es aktuell:



    Wo sollte sich in bestmöglicher Weise in den Windladen der Einlaß für den Windkanal befinden, in der Mitte, am Baß-Ende oder am Diskant-Ende; mir wird einfach nicht klar, was für die Strömung und den Druckabfall am günstigsten wäre:



    a, Einlaß bei den Baßventilen, dann wären die größten Windverbraucher am besten versorgt,



    b, Einlaß bei den Diskantventilen, dann hätten die druckempfindlichen Pfeifchen auf jeden Fall dirkt ihren Wind, während sich ein möglicher Druckabfall längs der Ventilkammer zu den Baßventilen hin nicht so bemerkbar macht,



    c, Einlaß in der Mitte der Lade, dort sind die Ventile der Pfeifen angeordnet, die man beim Spielen am häufigsten braucht.



    Am liebsten wäre mir freilich die Antwort: Ist vollkommen gleichgültig, dann könnte ich bedenkenlos bei den sich gegenüber liegenden C- und Cis-Laden an den jeweiligen Stirnseiten "einspeisen"; könnte ich gar die Cis-Lade als Durchgangskanal verwenden, daß bei ihrer linken Stirnseite, also der Diskantseite, der Wind für die C-Lade austritt?



    Bei meinen Modellaufbauten speiste ich jeweils in der Mitte ein, problemlos, indes sind die Modelladen eben nicht ein Meter fünfzig breit und mit allerhand großen Registern bestückt, hat jemand Erfahrung mit derlei luftigen Dingen, wie machen es die "echten" Orgelbauer für die großen Kirchenorgeln?



    Es grüßt Euch Euer planender

    Wolfgang.



    (Planen heißt, den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen)

  • Hallo Wolfgang!



    Das ist eine spannende Frage. Und sehe ich das richtig, dass Du auch gerade wieder in die Bauphase eingetreten bist, nachdem ich schon vor einiger Zeit Bilder deiner Pedallade bewundern durfte? Mir geht es ähnlich, nach meinem Jahresurlaub und etlichen Konferenzen bin ich mal wieder länger zuhause, und habe mich angesichts Regen und früher Dämmerung ganz in meine Werkstatt verkrochen.



    Ich bin wahrscheinlich quasi an derselber Stelle wie du, ich baue gerade das Ventilbrett zu einer Lade zusammen. Dabei habe ich aus praktischen Gründen garnicht lange überlegen können, wo der Wind einsrömen wird. Bei mir wird er an der baßseite einströmen, aus einem 10x8cm² Querschnitt Kanal, und nach nur 40cm Windkanal direkt aus dem Hauptschwimmer.



    Das ergab sich so, weil der Standort der Orgel 2 Etagen hoch ist, und ein Teil der Raumen eine Zwischendecke auf 2m Raumhöhe besitzt. Dort oben drauf steht schon das Gebläse mit Gebläsekiste, und auf 2m Höhe ist auch die Manuallade. Soviel zur Begründung...



    Ich habe mir aber einige Sicherheiten (hoffe ich) ausgedacht. Erstens ist der Weg zum Schwimmerbalg kurz und der Kanal breit. Die Reaktion schnell zuströmenden Windes wird hoffentlich promt sein, die Lade hat nämlich keinen Ausgleichsbalg (die sind ja schon fast in Verruf geraten, als "Totmacher" für lebendigen Klang). Windstössig will ich aber auchnicht werden, ich baue keine ausgesprochene Barockorgel.



    Deshalb ist die Windkammer, also der windführende Teil unter der Lade, genauso tief wie die ganze Lade. Die Maße der lade sind 2m breit und 40cm tief, und so groß ist auch die Windkammer. Es liegen Ventile für 2 manuale darin, und noch 10cm freier Platz.



    Die lichte Höhe ist 10cm, ich habe mir zu Herzen genommen, dass Du gesagt hast, das Einpassen der Federn sei eine Fummelei. Dieser recht große freie Raum ist lediglich unterbrochen von 3 breiten Stützstreben innerhalb, die aber Löcher tragen um den Windstrom nicht zu sehr zu verlangsamen.



    Mit diesen Vorkehrungen hoffe ich, eine ruhige Strömung in der Lade zu bekommen, auch bei vollem Spiel auf gekoppelten Manualen (theoretisch können dann 20 Ventile geöffnet sein *g*).



    Etwas anderes macht mir mehr Sorgen, ich habe zwar einen neuen (alten) Ventola gekauft, der mehr 'Wumms' und Reserven hat als mein altes Meidinger Gebläse mit maximal 59,999 mmWS, aber meine Balggröße... Dazu werde ich wohl mehr schreiben, wenn ich den jetztigen Balg, der viel zu klein ist, an der neuen Lade ausprobiert habe (40x40cm²), aber ich habe bei den Alten Spezialisten (W. Supper o.ä.) gelesen, das man 1mx10cm pro Register vorhalten sollte (was ist 'ein' Register? 16'? 1'? Sicherlich ein Mittelwert). Da ich dann 5 haben werde (MI:842,MII:88), muß ich also 50cmx1m vorsehen, das wird auch gerade so klappen, aber mehr darf dann nicht kommen (und es gibt noch ein Pedal...842).



    Wenn ich mir aus http://www.hausorgel.de bei Thomas die Skizze und die Fotos vom Gebläse ansehe, Frage ich mich, ob der Balg nicht kleiner ist als diese Maße. Vielleicht kann Thomas hier dazu etwas schreiben, es ist ja beim Thema 'Windversorgung' nicht ganz 'off-topic'.



    Ich bin aber sehr gespannt, was die Experten und Erfahrenen zu diesem Thema beisteuern können.



    Allzeit gute Einfälle

    und glückliche Lösungen!




    Ulf

  • Richtigstellung: Im Beitrag vom 27.09.06. war die

    Bezeichnung von "luftleeren " Tonkanzellen

    nicht richtig. Der normale Luftdruck bleibt immer da, auch wenn das Ventil wieder geschlossen ist. Diesen Irrtum hat mir mein verstorbener Freund Scheffler geklärt. Deshalb muß das Ventil nie soweit geöffnet werden. Wegen dem immer bestehenden Luftdruck ist das mit dem Luftwirbel auch nicht tragisch. Bei großen Windladen sollte evtl. jede Lade

    eine eigene Windzuleitung haben, überhaupt wenn die

    offenen 16´ er drauf stehen. Ob der Windauslass in

    die Kanzellen oder in die Pfeifen als Sog bezeichnet werden kann ist mir nicht bekannt.



    Gruß Igel


  • Hallo Ulf,



    zum Balg im Opus II, der in der Skizze auf http://www.hausorgel.de/technik/balganlage/index.htm zu sehen ist: der Kasten hat Aussenmasse von 50 x 70 cm. Die mit Gewichten belastete Platte geht parallel auf und hat einen Luftraum von ca. 15 bis 20 cm unter der Platte. Etwa 5 cm davon koennen nicht zum Regeln benutzt werden, da die Platte beim Absinken unten auf Puffer zu liegen kommt. Der Balg regelt im Spielbetrieb nur auf wenigen Zentimetern Hoehe.



    Der Balg hat die Aufgabe den Luftdruck zu regeln. Er ist weniger als Luftvorratsspeicher anzusehen, aehnlich einem Magazinbalg. Dazu ist er zu klein dimensioniert, der Windkanal von 10 x 10 cm Querschnitt ist zu lang (ca. 5 m) und durch die Massentraegheit der Steine ist er auch zu langsam.



    Ein Ausgleichsbalg in der Orgel direkt vor der Basslade uebernimmt die Ausregelung von Luftdruckschwankungen beim Ventiloeffnen und -schliessen. Er hat eine senkrecht angeordnete Platte und ist mit Harmoniumsfedern belastet, wodurch er schnell ausgleichen kann. Diese Details sind im Artikel nicht beschrieben. Aus dem Ausgleichsbalg gibt es dann drei Abgaenge: fuer Bass-, Diskant- und Pedallade.



    Die Anordnung hat sich im Laufe der Bauzeit ergeben. Ein grosser Balg (grosse Flaeche, wenig Aufgang) in der Naehe der Laden waere fuer starren Wind die beste Wahl, aber das war damals nicht das Ziel.



    Viele Gruesse

    Thomas Reinhardt


  • Danke, Thomas. Vermutlich hatte mich der etwas irreführende Satz auf deiner Homepage auf diese Bahn gelenkt:



    Die Balganlage der Hausorgel Reinhardt besteht aus einem Gebläse, einem Regler und einem Magazinbalg.





    Ich erinnere mich jetzt, dass du das schon einmal vor längerer Zeit geschrieben hast, dass in der Orgel noch ein Stoßfänger ist. Ich habs vergessen.





    Eine Frage: Bist du denn zufrieden, wenn Du schreibst, starrer Wind war nicht das Ziel? Atmet der Wind so wie du es dir vorgestellt hast, oder geht es einem manchmal auch auf die Nerven? Vielleicht ist es auch interessant, den Stoßbalg in der Orgel feststellen zu können, um den Unterschied zu erleben?





    Wolfgangs viel interessantere Frage nach dem Lufteintritt in die Lade haben wir indes immer noch nicht erhellen können...





    Ulf

  • Hallo Ulf, liebe Hausorgelfreunde!



    Ob das nun wirklich "eine spannende Frage" ist, der optimale Windeinlaß in die Ventilkammer, sei einmal dahingestellt, immerhin wird die Anordnung von Balg und Laden dadurch wesentlich bestimmt.



    Auch weiß ich nicht recht, ob die Bilder meiner Pedallade tatsächlich zu "bewundern" seien, ich werde die Pedallade in einem ersten Bauabschnitt an der Rückseite aufstellen, ähnlich wie bei der Reinhardt-Orgel und die Traktur über Winkel waagrecht unter dem Spielschrank hindurch führen. Auf eine Pedalkoppel über Schläuche und Rückschlagventile ("Baßventil") werde ich wohl lieber verzichten, das schlaucht denn doch zu sehr...



    Das ist freilich eine ideale Anordnung, wenn Du nur 40 Zentimeter Windkanal hast, da wirst Du dich wohl kaum über Ausgleichsbälge an den Windladen unterhalten müssen; überhaupt scheint das eine urtümliche Konstruktion zu werden, sozusagen auf zwei Etagen, die Manuallade mit Balg und Gebläse in zwei Meter Höhe!



    Was die Größe des Balges anbetrifft, so rät Altmeister Bormann dazu: "Er soll den höchsten Windbedarf in Liter je s für 2 bis 3 s aufnehmen", für ein Positiv 8' 4' 2' 1 1/3' empfiehlt er als Balgmaß 400 x 600 bei 100 Millimeter Aufgang. Er geht also bei der Größenfestlegung wesentlich genauer vor und läßt den größten zu erwartenden Windbedarf bei vollgriffigem Spiel einfließen.



    Nach meiner Erfahrung an Modellversuchen kommt man wohl mit wesentlich kleineren Bälgen aus, das hängt aber sicherlich auch davon ab, ob man windempfindliche Register vorsehen will oder eher überwiegend grundstimmige Dumpfbacken; ich kann mir vorstellen, daß vor allem Aliquote einen sehr stabilen Winddruck bräuchten, um nicht nach kürzester Spieldauer das Gehör wegen zusätzlicher Dissonanzen zu ermüden.



    Wenn Du also genug Platz hast, dann lieber großzügig den Balg dimensionieren, das kann nichts schaden, andererseits hat mich erst soeben wieder einmal an einer Stelle von Bachs Französichen Suiten eine merkliche Windstößigkeit unseres Positivs erfreut, als im Diskant ein hoher Ton über einen Takt lang ausgehalten wird, während im Baß von kurzen Pausen unterbrochende Akkorde zu spielen sind.



    Mit dem Wunsch nach einem gesegneten Feiertag grüße ich alle Hausorgelfreunde,

    Wolfgang.

  • Hallo, Herr Spitz,

    ich versuche einmal auf Ihre ursprüngliche Frage zurückzukommen: Windeinspeisung auf der Diskant- oder Bass-Seite?

    Rascher und beträchtlicher Windbedarf lässt den vom Gebläse versorgten Windbalg nicht zur Ruhe kommen. Im Prinzip gilt dieses eher für die Bass- als für die Diskant-Seite, da der Windbedarf bei Basspfeifen größer und (deshalb für das gesamte Windsystem)stoßartiger erfolgt als bei Diskant-Pfeifen.

    Daraus folgt, dass eine Windeinspeisung auf der Bass-Seite beim Spielen den Windbalg wesentlich mehr und häufiger mit Druckänderungen beaufschlagt, was für eine kontinuierliche Luftversorgung nicht gerade optimal ist.

    Besser ist eine Einspeisung auf der Diskant-Seite, da während des Luftbedarfs auf dieser Seite über einem notwendigen Druckniveau lediglich kleinere Schwankungen überlagert werden. Die Windversorgung und damit das Luftdruck-Angebot zur Bass-Seite hin kann dadurch optimiert werden, indem (ich habe dieses so konzipiert)zwischen Diskant- und Bass-Seite eine Wand eingezogen wird (geteilte Lade), die strömungsgünstige Durchtrittssöffnungen (Kanten gut gerundet) bei einem Verbau von mindestens 50% aufweist. Das hat den Vorteil, dass die Bass-Seite nicht konzentriert an einer Stelle die Luftzufuhr hat, sondern gleichmäßig verteilt über die gesamte Tiefe der Windlade.



    Herzliche Grüße,

    Andreas Richter

  • Das ist wirklich eine interessante Sache, vielen Dank, Herr Richter, darauf wäre ich nie gekommen, daß man die Baß-Seite sozusagen etwas abdrosselt und damit abkoppelt; die Wand mit den Durchbrüchen werde ich herausnehmbar einfügen, um notfalls Korrekturen an den Durchlässen anzubringen.



    Das erinnert mich an die Empfehlung eines Orgelbauers, für das Positiv ruhig ein großes Gebläse zu verwenden, welches ohne Balg mit einem langen Schlauch direkt mit der Lade zu verbinden ist ohne beträchtliche Tonschwankungen befürchten zu müssen!



    Wolfgang.

  • Eine weitere Möglichkeit wäre noch, die Windlade im Bereich der großen Oktave C-H und zusätzlich im Bereich c1-c2 mit einem Luftkanal zu versorgen.



    Gruß, Reinhold