Angehängtes oder selbständiges Pedal?

  • Beim Bau eines Positivs mit Pedal bin ich auf die noch nicht diskutierte Frage gestoßen, ob eigentlich ein angehängtes Pedal mit 3 Halb- bzw. Baßregister: Gedackt 8", Rohrflöte 4", Prinzipal 2", oder ein selbständiges Pedal mit lediglich Subbaß 8", die prinzipiell bessere Lösung ist. Die Frage stellt sich mir beim Lesen von "hausorgelbau 2 (Boersma)", weil dort ein Subbaß-Pedal als erstrebenswert vorausgesetzt wird. Vielleicht geht die Frage zuerst an die Organisten und danach käme für mich das Problem "wie Bauen?".



    Wäre nett, wenn ich dazu verschiedene begründete Meinungen hören könnte.

    Gruss Werner

  • Hallo Werner,



    die Beantwortung der Frage haengt sehr davon ab, was mit dem Instrument gemacht werden soll. Ein >mehr Register< bedeutet >mehr klangliche Abwechslung beim Spielen<. Ein selbstaendiges Pedal bringt fuer den Spieler vielfaeltigere Klangmischungen. Dazu braucht es keine Koppeln: Am Beispiel der Hausorgel Hendrik Kooiker (AK-Mitglied) mit drei selbstaendigen, voll ausgebauten Werken kann das studiert werden. Dort gibt es keine Koppeln, obwohl die Orgel ueber ein Ober-, Unter- und Pedalwerk verfuegt.



    Soll eine Truhe zum Ueben der Fusstechnik mit einem Pedalregister versehen werden, reicht eigentlich ein etwas weiteres 8'-Fussregister ohne Koppel zum Manual.



    Vom Aufwand beim Bauen betrachtet ist ein selbstaendiges Pedal ohne Koppel meine erste Wahl. Eine Koppel ist so aufwendig zu bauen wie ein Register. Ich wuerde lieber >mehr Klang bauen<, als >in Technik investieren<. Auch ist der Platzbedarf in einem kleinen Instrument zu beachten: Die Verbindungen zwischen Pedal und Manual verbrauchen Innenraum, der vielleicht besser in einen groesseren Magazinbalg umgesetzt werden sollte.



    Gruesse Thomas Reinhardt

  • "Vielleicht geht die Frage zuerst an die Organisten..."



    Ja wo sind denn nun die vielen anderen Organisten; auch wenn ich als solcher gleichfalls wie beim Orgelbau selbst lediglich Laie bin, wage ich die Antwort, daß ein eigenständiges Pedal die vorzuziehende Alternative wäre gegenüber dem rein an die Manuallade angehängten, auch wenn es nur über ein einziges Register verfügte: Wenn es als 8-Fuß-Register nur ausreichend weit mensuriert ist, als 16-Fuß-Subbaß indes durchaus auch eng-quintig, erfüllt es seine Rolle als tragende Funktion, um dem sich darauf aufbauenden Klang jene einzigartige Würde zuverleihen, wie sie nur die Orgel hervorzubringen vermag!

  • Hier nun ein Organist ;-)



    Ich würde nach Möglichkeit selbstredend zu einem selbständigen Pedal raten, je nach Platzverhältnissen.

    Bei eines Positivs für den heimischen Bereich genügt ein Gedackt 8´, weitmensuriert und natürlich auch mit Koppel ans Pedal! Die ist nämlich für eine größtmögliche Verwendungsmöglichkeit und Spielvariation unerläßlich. Es "geht" natürlich auch ohne, aber ich empfände dies als unbefriedigend.

    Möglich wäre auch, die Manualregister bzw. ein Teil derer ins Pedal zu transmittieren, dann würde sich die Koppel erübrigen, die Variatonsbreite wäre zudem um ein weiteres vergrößert.



    Ein rein angehängtes Pedal ohne eigene Register ist natürlich nicht so das Gelbe vom Ei, aber:

    Besser als nichts!

  • Lieber Werner, ich wage nicht, mich als Organisten zu bezeichnen, versehe aber solchen Dienst. In der Mecklenburgischen Landeskirche haben wir eine Vielzahl von Orgeln, die nur mit angehängtem Pedal an 8'disponiert sind. Diese Lösung ist aus meiner Sicht absolut probat und wird vielen Anforderungen gerecht. Zu Hause haben wir eine Truhenorgel: 8',4', Ped. angehängt, an der ich fast alles einübe. Beim Bau der Truhe habe ich damals bewußt auf ein eigenes Pedalregister verzichtet, um Platz zu sparen, mir aber die Option auf Nachrüstung vorbehalten. Bisher fehlt mir das Pedalregister nicht.

  • Liebe Orgelfreunde,



    vielen Dank für alle 4 Antworten. Die Entscheidung bleibt zwar noch schwierig für mich, aber die fachliche Vertiefung ist auf jeden Fall schon ein Gewinn.



    Bisheriges Fazit:

    Keine der Alternativen läge einfach "daneben", das ist auch schon mal wichtig. Wenn man räumlich und sonst noch kann, dann eigenständiges Pedal, auch wenn es nur 1 Register ist und dieses dann als Subbaß 8" gebaut würde. Wenn dies nicht geht, dann ist auch ein angehängtes Pedal schon ein brauchbares Mehr an einem Positiv, besonders gut gelöst, wenn die Option auf nachträgliche Erweiterung gleich berücksichtigt wird.



    Dennoch weitere Fragen:



    1. Zum Eigenständigen:

    Warum wählt man einen Subbaß 8", da dieser doch sehr nahe bei dem schon vorhandenen Gedackt 8" liegt oder warum nimmt man dann nicht gleich eine etwas weitere Mensur für das sowieso schon vorhandene Gedackt 8" durchgehend auch im Diskant?

    Wie könnte die von Patrick angesprochene ergänzende Transmission konstruktiv aussehen, hier habe ich bautechnische Lücken.



    2. Zum Angehängten:

    Sollte man nur 8" Gedackt anhängen oder auch den 4" und 2" (einfach über die Stecher)? Und wie geht man dann mit der Registrierung um, wenn die Registerteilung bei h0/c1 liegt, das Pedal aber darüberhinaus bis d1 (27-er) geht?



    Vielleicht ist jemand so nett und schreibt mir nochmal einen Kommentar dazu.



    Vielen Dank und viele Grüsse

    Werner

  • Lieber Werner,



    Die Subbass 8 kann wohl wesentlich grundtöniger (hohes Labium) und etwas lauter (breiter) intoniert werden. Hinzu kann noch mehr vertiefung kommen, was zu mehr tragfähigkeit führt. Umgekehrt kann das Manual-Gedackt recht obertönig Richtung Quintade klingen.

    Du kriegst nur Problemen in der Stimmführung, wenn der Bass 8 oberhalb von Tenor liegt. Beim improvisieren stört das. Stimmt aber die Balnce wie oben ist das schon ganz gut.



    Sonst sehe ich das wie Thomas: ein Koppel zu bauen ist viel weniger interessant als ein Register...



    Francois

  • W_Bogenschuetz:
    2. Zum Angehängten:

    Sollte man nur 8' Gedackt anhängen oder auch den 4' und 2' (einfach über die Stecher)? Und wie geht man dann mit der Registrierung um, wenn die Registerteilung bei h0/c1 liegt, das Pedal aber darüberhinaus bis d1 (27-er) geht?



    Hallo,





    eine der von mir regelmäßig bespielten Orgeln hat ein Manual, vier Register (8' 8' 8' 4') und ein angehängtes Pedal. Teilnehmer des AK-Treffens 2001 in Waldkirch haben die Orgel gehört. Das angehängte Pedal greift einfach mit in die Manualtraktur ein. Das geht natürlich auch oberhalb des Teilungspunktes, will sagen, es gibt keinen zwingenden Grund, dass sich das Anhängen für den Teilungspunkt interessiert. Das Pedal ist wie eine dritte Hand für den Bassbereich und spielt auch oberhalb des Teilungspunktes einfach die dortige Traktur und damit die dort gezogenen Register.





    Viele Grüße



    Ulrich Reinhardt

  • Es ginge auch, das Pedal über die Teilungspunkt laufen zu lassen: dafür sollte die Diskanttöne des Pedals ihre eigene Mechanik, Kanzellen und Pfeifen dazu gebaut werden (z.B. am Rande der Lade, wenn von vornherein geplant wirds in der Manuallade integriert).



    Also werden die Töne z.B. c1-f1 2 mal gebaut, einmal mit Bass Disposition (Pedal-Koppel), einmal mit Diskant (Manual).



    Es ist nur die Frage, ob sich der Aufwand lohnt.



    Ob wer und wo es schon gebaut hat, weiss ich es nicht. Das war nur eine von viele theoretische Überlegungen von mir für meine B-Prüfung

  • Zu meinem Selbständigen:

    Zuerst wollte ich auch eine große Orgel bauen. Ich baute nach Bormann die Lade mit Löchern für 5 Registern. Zuerst den 8` Ged., dann den 2`Prinzipal. Jetzt war im Sonntagsblatt eine Anzeige, daß auf der Alb ein 8`Ged. Holzpfeifen und ein Pedal aus einer abgebrochenen Orgel zu verkaufen seien. Als ich wieder beruflich in die Nähe kam, erstand ich beides zu einem erschwinglichen Preis, baute zu Hause eine Pedallade dazu. Diese Lade hatte Platz unter der Orgel, der 8`Ged. auf einem Podest neben derselben. Jezt kam noch ein 2`Prinzipal auf die Lade. Das ist mein Pedal bis auf den heutigen Tag. Für die Manuallade baute ich später dann noch eine Rohrflöte.

    Später kam dann die große Orgel dran mit angehängtem Pedal, diese stellte ich zurück als ich am Wellenbrett angekommen war und begann ein Positiv mit 3 Registern. Dieses ist jetzt fertig.

    Jetzt geht es wieder an die 2-manualige.



    Ist noch nicht sicher ob mit " Angehängtem"



    Gruß



    Igel


  • Nachdem ich zwischenzeitlich eine Subbaß 8"-Pfeife in C gebaut habe fühle ich mich von ihrem wunderschönen Nur-Grundton so angesprochen, dass ich nicht mehr gerne auf ihn verzichten möchte. Das heißt, dass ich somit zu einem selbständigen Pedal tendiere. Grundsätzlich werde ich aber alles noch einmal konstruktiv und vom Platz her durchdenken müssen.

    Auch für die letzten Beiträge von troll/U.Reinhardt/igele nochmals vielen Dank!

    Werner

  • Zum Überlegen:



    Wenn ich ein selbständiges Pedal-Register haben will und aus Platzgründen nur einen weitmensurierten Subbass 8' bauen kann/will:



    Was ist im Manual dann besser:



    1. Ich verwende diesen weitmensurierten Subbass 8' (etwa durch doppelte Spielventile) von C - H bzw C - bo auch im Manual und führe dieses dann mit enger werdenden eigenen Gedackt-Pfeifen weiter.



    2. Ich baue im Manual ab C ein Gedackt 8', ein paar Halbtöne enger als der Subbass 8', und eventuell auch ein paar Halbtöne schmäler labiiert in Richtung auf 2/9, und etwas leiser.



    3. Ich baue ein weitmensuriertes Gedackt 8', aber nur 1/5 labiiert, d.h., die Holzpfeifen sind doppelt so tief wie breit.

    Durch die schmalere Labiierung klingen sie etwas leiser und durch den erforderlichen höheren Aufschnitt etwas flötiger als der Subbass 8'.



    4. Ich baue eine Quintade 8' als Gegensatz zum Subbass 8'. Ist diese dann aber als 8'-Grundregister des Manuals noch genügend laut und schnell genug ansprechend ?



    5. Ein Kompromiss aus Nr.3 und Nr.4 wäre ein "Musiziergedackt 8' ": Changiernde Mensur von eng ("Quintviola") nach mittelweit ("Pommer") ansteigend, Labiierung von 1/5 ( = von C-H nicht quintierend) nach 1/4 anwachsend (co-c2/g2 quintierend, darüber nicht quintierend).



    Grüße, R.S.