Runde Holzpfeifen

  • 1.

    Hat jemand Erfahrung mit der Fertigung und dem Klang von runden Holzpfeifen?



    Habe gehört, dass sie sehr schön klingen sollen.

    Mich würde gedackt interessieren...



    2.

    Kennt sich jemand mit den Ausdehnungskoeffizienten der verschiedenen Holzarten aus. Ich suche die Holzarten, die sich nur sehr wenig ausdehnen und schwinden. (Ahorn?)



    Mit freundlichen Grüßen,



    Thilo

  • Hallo Thilo,



    zu 2)

    schau mal hier:

    http://testadoo.de/CADSD/holzdaten/holzdaten-frameset.htm



    aus meiner Erfahrung sage ich Dir jedoch:

    das sind alles nur theoretische Werte.



    Wuchs und Einschnittart bringen so große Toleranzen,

    dass die angegebenen Werte eigentlich kaum Bedeutung haben.

    Grundsätzlich kann man über alle Holzarten mit 10%/5% rechnen.

    Am ehesten Einfluss nehmen kann man wohl über die Wachstumsgeschwindigkeit des Holzes.



    Für runde Pfeifen gehe ich davon aus, dass die Fertigungsart den entscheidenden Einfluss auf die Holzauswahl haben sollte.



    Ich gehe übrigens davon aus, dass Du nicht den Ausdehnungskoeffizienten meinst. Denn der bezieht sich auf Temperaturänderungen.

    Hier kenne ich keine Werte, die verschiedene Holzarten unterscheiden, aber selbst wenn, dann sind sie hochtheoretisch.

    Holz hat ein Schwundmaß, dass vom umgebenden Klima abhängig ist. Die Temperatur spielt hier zwar mit, aber nur eine untergeordnete Rolle. In erster Linie ist es die relative Luftfeuchtigkeit des umgebenden Raumes



    Schöne Grüße

    Johannes

  • zu 1)

    Im Laufe der Abhandlung zu Holzprinzipal 4' hat uns Stefan Burth seine gedrechselten Holzpfeifen aus Ahorn vorgestellt.



    Ich krieg die Krise, wenn ich dabei erinnert werde, welch schöne Klangrohre man bauen könnte, hätte ich denn die Zeit dazu, dagegen muß ich demnächst Rohre für die Heizung verlegen ...





    Viel Freude beim Pfeifenbauen wünscht

    Wolfgang.

  • Ich kann mir nicht so recht vorstellen, daß der "schöne Klang" von der Rund-Bauweise herstammt.



    Von der Optik her sind runde Holzpfeifen zweifelsohne etwas besonderes. Aber lohnt sich der fertigungs-technische Aufwand?

  • Danke für Eure Antworten!



    Der Link zu den runden Holzpfeifen ist wirklich interessant. Auch aufschlußreich ist z.B.:

    http://www.nicolaikirche-markneukirchen.de/Infos.pdf



    Der Aufwand ist.... tatsächlich immens.



    Habe in einem Heimwerkerforum (woodworker.de) nachgefragt, wie man Holzrohre herstellen kann. Die Antwort war eindeutig: drechseln, drechseln, drechseln. Entsprechend lange Drechselbänke gibt es, und die sind auch bezahlbar.



    Ob runde Holzpfeifen besser klingen, muß ich noch herausbekommen. Da es sich bei der Schallwelle um eine Longitudinalwelle handelt, könnte ich mir schon vorstellen, dass die runde Form besser ist als die viereckige. Weniger Verwirbelungen. Alle Blasintrumente sind rund gebaut...



    Grüße, Thilo

  • Gabler hat in Weingarten 1740 eine gedrechselte Querflöte 4' gebaut. Aus der Form (außen konisch, oben gedrechselte Zierformen) ist zu schließen, daß es ihm (auch) auf die Optik ankam, aber diese Pfeifen sieht ja von aussen niemand - Spielerei?.



    Die Pfeifen der "Bambus-Orgel" von Las Pinas (Philippinen) wurden weitgehend aus Bambusrohren gebaut. Das war dort wohl der billigste Werkstoff - die Arbeitszeit eines Missionars spielte 1820 keine Rolle - , aber die Zungenstimmen sind aus Metall. Vielleicht wäre es mal ganz interessant, Versuche mit Bambusrohren anzustellen, aber die (gewohnte) Optik lässt etwas zu wünschen übrig.



    In England und USA wurden/werden auch 3-Kant-Holzpfeifen gebaut. Den Grund kenne ich nicht, man erhält damit zwar ein Labium von 1/3, was bei runden Pfeifen nicht möglich ist, wohl aber (und noch beliebig breiter) bei viereckigen Pfeifen.



    Ein Hersteller bietet das Musikinstrument "Subbass-Blockflöte" aus Holz-Vierkant gefertigt an. Ich nehme an, daß es schwierig ist, lange Rohre zu drechseln, sofern sie nicht aus kürzeren Einzelrohren zusammengesteckt werden (Fagott).



    Ich nehme an, daß die runde Form von Metallpfeifen vor allem fertigungstechnische Vorteile hat, während bei den großen (4-eckigen) Holzpfeifen der Materialpreis ausschlaggebend war/ist. Bis 1850 war es sehr arbeitsaufwändig, durch hand-hobeln gerade Bretter zu erhalten, die ferner zum Verwerfen neigen. Aber es wurden auch optische Kompromisse eingegangen, indem man dickwandige 4-eck-Pfeifen fertigte und diese außen abrundete und zum Teil mit Zinnfolie überzog.



    Grüße



    Reinhold

  • Hallo Thilo,



    Herr Sebastian Kölle,

    der über keinen Account für das Hausorgelforum verfügt, bat mich, Dir noch folgende Information mitzuteilen:



    ...dass vor ca. 100 Jahren eine Firma runde Holzpfeifen durch das Biegen und Verleimen mehrerer Holzfurnir-Schichten auf einer Zylinderform erzeugte. Die Bauart entspricht also der von Metallpfeifen.





    Schöne Grüße



    Johannes

  • Sehr erstaunlich, dass man Holzfurniere dermaßen stark krümmen kann. Ich finde den Hinweis sehr interessant! Vielen Dank. Mehrere Schichten sind wahrscheinlich notwendig, um eine glatte Innenwandung zu erzeugen ohne Anfangswulst einer Spirale.



    Diese Konstruktionsweise erbringt sicherlich wesentlich genauere Ergebnisse als das Drechseln.



    Ich werde mich mal damit beschäftigen.



    Mit den besten Grüßen, Thilo

  • Hallo Thilo,

    dazu muss ich Dir gleich als Schreiner noch was schreiben:



    - mehrere Schichten sind deshalb erforderlich,

    weil eine Schicht sich ja wieder rückformen würde.

    Mehrere Schichten mit dem entsprechenden Leim verleimt (früher war es sicherlich warmer Leim, und der wird glashart, also eine gute Wahl) versperren sich in der Form, in die sie gespannt sind, während sie aushärten.



    - Furnier kannst Du um einen Bleistift wickeln, wenn es entsprechend warm gewässert worden ist.



    - es wird vermutlich nicht als Spirale erzeugt worden sein. (zumindest nicht bei Pfeifen ab einem Durchmesser von mehr als drei cm. Ich vermute eher - denn so würde man das auch heute noch fertigen, wenn man wert auf möglichst hohe Präzision legt - dass zwei dreiviertelwendungen zu halbschalen geschnitten worden sind, und diese beiden Halbschalen dann zur Pfeife verleimt worden sind. Das würde auch das einbringen des Kernes wesentlich erleichtern.



    - die Präzision wird bei einer solchen Pfeifenbauart sicher leiden. Denn Formverleimungen haben trotz Allem immer mal wieder das Bestreben, sich anders zu biegen, wenn sie von der Schablone genommen werden.

    Und je kleiner der Durchmesser, desto schwieriger.

    Aber gewisse Abweichungen dürften für den Pfeifenbau unerheblich sein.



    - Das Drechseln dürfte die präzisere Bauart sein bei Pfeifen bis 4'-Größe,

    insofern aber schwieriger, als bei Halbschalen auch das Innere bereits sauber gefertigt ist.

    Außen schön gedrechselt sagt noch lange nichts darüber aus, wie man Innen vorgehen will. Hier vermute ich ebenfalls ein Aufschneiden in zwei Hälften und dann ausfräsen.



    - Einen wesentlichen Unterschied sehe ich in der Oberflächenstruktur:

    . gedrechselt aus dem vollen Holz wechselt von schlicht nach fladrig und zurück

    . Vollholz kann während des Drechselns Holzfehler zutage treten lassen, die man am Block nicht gesehen hat



    Schöne Grüße

    Johannes

  • Ist eigentlich schon einmal jemand auf die Idee gekommen, den zylindrischen Hohlraum einfach durch Ausbohren herzustellen? Ich könnte mir vorstellen, daß man auf diese Weise zumindest sehr kleine Pfeifen recht schnell anfertigen könnte, indem man den Kern einfach als Rundholz gleichen Durchmessers einschiebt, für längere Pfeifen müßte man einen Schlosser bitten, die Bohrer zu verlängern; in gleicher Weise fertigte ich mein Diskantregister 2-Fuß aus Kupferröhrchen, der eingeschobene Hartholzkern dient gleichzeitig als Pfeifenfuß, den gewölbten Aufschnitt konnte ich nicht als klanglichen Nachteil erkennen.



    Daß alles rund läuft wünscht Euch

    Wolfgang.

  • Ja, alles schon ausprobiert.



    Auch die Fertigung von Pfeifen aus Kartonpapier (auch konisch und tricherförmig), aus mehrlagig gewickeltem Packpapier und aus fertigen Papprohren, ferner aus Bambus- und Schilfrohr und Kunststoffrohren. Solch gefertigte Einzelpfeifen funktionieren zwar auch noch nach 30 Jahren, aber eine ausgeglichene Reihe über 2 Oktaven hinaus erscheint mir problematisch.

    Das Problem liegt meist am Pfeifenkern bzw. den Ober- und Unterlabien und deren späteren klimabedingten Veränderungen sowie am Übergang Pfeifenfuß/Pfeifenrohr.



    Und vor allem die Breite des Luftspaltes ist schwierig zu fixieren und kann sich immer wieder verändern.



    Das exakte Bohren von Holz über 15 cm Länge erfordert eine gute Drehbank und präzises Arbeiten sowie einer gestaffelten Anzahl von Bohrern über 10 mm Durchmesser (teuer, selten), konisch bohren ist für den Laien fast unmöglich. Auch die Fertigung mittels zweier Halbschalen (halbrund ausgefräst) ist ein größerer Zeitaufwand als die Herstellung von Viereckpfeifen.