Orgelprojekt - Mensurberechnung?

  • Liebe Orgelbegeisterte!



    Ich bin dabei eine Orgel zu konzipieren, die man in Echtzeit umstimmen kann. Mittels Linearmotoren werden per Computer die Deckel von gedackten Pfeifen in sehr kurzer Zeit umgestimmt. Es wird ein "Reininstrument". Bei Interesse dazu mehr...



    Ich beabsichtige, erst einmal nur ein einziges Register zu bauen oder bauen zu lassen: 8' gedackt, Holzpfeifen, G1 bis g4, enge bis mittlere Mensur, mittlere Lautstärke. Es soll ein Instrument werden zum Begleiten von kleinen Ensembles A Capella oder Instrumentalensembles, tragbares Orgelpositiv für den Konzertbetrieb für kleine bis mittlere Kirchen.



    Meine Frage: Wie errechnet man die Mensur des Registers? Gibt es fertige Mensurtabellen?



    Ich strebe den Klang einer Barockorgel an: obertonreich, klar, gute Ansprache.



    Vielen Dank für alle Hinweise.



    Thilo

  • Hallo, Thilo,



    die Idee an sich finde ich gut.



    Aber ich kann mir die Technik dazu nicht vorstellen. Wird jeder Linearmotor extra gesteuert oder über ein zentrales mechanisches?/elektronisches? Steuerwerk?



    Die Pfeifen müssten 100% unverrückbar stehen, die Deckeldichtung dürfte so gut wie keine Elastizität haben, das Arbeiten der Teile zwischen Pfeifenstock und Linearmotorbefestigung müsste gegen temperatur-/feuchtigkeits-bedingte Veränderungen weitgehend konstant sein.



    Falls jede Pfeife individuell angesteuert wird, müsste der Stimmweg in Zehntel-Millimeter für alle vorgesehenen Stimmungen ausprobiert und gespeichert werden.



    Eine proportionale Stimmdeckelveränderung für alle Pfeifen gleichzeitig ist nicht möglich, da die gewünschte Stimmtonhöhe nur grob nach einer (komplizierten!) mathematischen Formel für die Pfeifenlänge errechnet werden kann. Zu viele nicht-lineare - auch sich zeitlich und örtlich verändernde - Faktoren beeinflussen das Verhältnis von Tonhöhe zu Pfeifenlänge.



    Ich hatte vor Jahren eine ähnliche Idee, um aus einer offenen 4'-Holzpfeifenreihe wahlweise ein schwebendes Register zu haben:



    Die Pfeifen wurden so aufgebänkt, dass sie oben alle in der gleichen Höhe endeten. Es handelte sich um schmal labiierte, stark vertiefte Pfeifen ( 1 : 5 .... 1 : 3). Sie besaßen einen Stimmdeckel in 1/2 Länge der Pfeifentiefe. Zusätzlich befand sich über der Pfeifenreihe ein Drehstab, an dem sich für jede Pfeife ein zweites Stimmblech befand. Durch drehen des Drehstabes konnten diese Bleche den Pfeifenöffnungen genähert werden, sie wurden dadurch im Ton etwas tiefer und schwebten. Jedes Blech musste bei arretiertem Drehstab individuell auf eine proportionale Schwebung aller Pfeifen eingestellt werden. Aber nur in dieser Stellung war die Schwebung gleichmäßig. Bei anderer Stellung schwebten die Pfeifen zwar generell langsamer oder schneller, aber es entstand eine nicht-lineare Verzerrung: Je nach Größe der Stimmbleche schwebten die Pfeifen zum Diskant hin zu schnell oder zu langsam. Man hätte eine Ewigkeit damit zubringen können, diesen Zustand durch individuelles Verändern der Stimmplatten auszugleichen. Der Zeitaufwand hätte sich nicht gelohnt.



    Dies nur als Beispiel für meine Bedenken, eine Pfeifenreihe in Stufen bzw. stufenlos umstimmen zu können.



    Viele Grüße und eventuell nähere Informationen.



    Reinhold

  • Reinhold_S:


    Falls jede Pfeife individuell angesteuert wird, müsste der Stimmweg in Zehntel-Millimeter für alle vorgesehenen Stimmungen ausprobiert und gespeichert werden.

    (...)





    Das sehe ich auch als ziemlich problematisch (unmöglich?) an.





    Ich hätte da noch eine andere Idee, vielleicht war das im ursprünglichen Beitrag auch so gemeint:



    Wenn sowieso ein Computer zur Verfügung steht würde ich noch ein Mikrofon anschließen und versuchen, ein Programm schreiben, das wirklich stimmen kann, indem es die Deckelhöhe solange ändert, bis das Ergebnis stimmt, das mit dem Mikrofon überprüft werden kann.



    Bei dem elektrischen Aufwand der sowieso nötig ist sollte es ja keine große Sache sein, noch Magneten zum Ventilansteuern einzubauen.





    Viele Grüße,



    Peter

  • Danke für Eure Antworten!



    Ja alle Pfeifen sind in einer fixen Position und können über Stellschrauben in horizontaler und vertikaler Position verändert werden.



    Stange zum Deckel muß möglichst kleinen Ausdehnngskoefizienten haben. (Kuststoff)



    Alle oktavgleichen Töne werden über einen Linearmotor gestimmt. Also werde ich 12 LM brauchen. Alle Faktoren zur Errechnung der korrekten Position werden natürlich vom Computer errechnet und dann vom Linearmotor ausgeführt.



    Danke für Eure Beiträge. Erst einmal gehe ich von der Machbarkeit aus. Muß ich, sonst finde ich keine Lösungen.



    Heutige Linearmotoren sind unglaublich schnell und präzise: 0,01 mm Schrittgenauigkeit. Da wäre man dumm sie nicht für solche Zwecke einzusetzen. Die Umstimmung soll in Echtzeit stattfinden. Der Stimmvorgang wird mit heutiger Technik maximal 200 ms dauern.



    Mein Problem: Ich weiß nicht wie man eine Mensur für ein Register errechnet. Mensurtabellen? Gibt es die fertig oder wenn nicht, wie berrechnet man sie???



    Danke für konkrete Hinweise.

  • Hallo Thilo,



    finde das Thema auch sehr interessant. Habe mir auch schon gedanken gemacht, wie eine "Reinstimmungs-Orgel" gebaut werden könnte. Meine Idee war 24 Pfeifen pro Oktave; zwei mal gleichstufig mit 12 Schritten, die zweite Reihe um 14 Cent nach unten versetzt. Damit hätte man reine Terz plus Quinte, die um 2 Cent schwebt, was ja fast rein ist; optinal dazu auch noch die ganz normale Gleichstufigkeit für romantische Musik, wo die Modulationen durch Umstimmung gestört würden.



    Ich frage mich allerdings, ob sich der Aufwand bei einem Gedackt lohnt. Stimmungsunterschiede hört man erst bei obertönigen Pfeifen recht gut (Streicher, Prinzipale, Mixturen), da wünsche ich mir auch eine reinere Stimmung als Gleichstufig (Ich setze auf dem Clavichord/meiner elektr. Orgel wechselnd eine abgemilderte Mitteltönigkeit oder eine wohltemperierte Stimmung ein mit kosinusförmigem Terzen-Schwebungsverlauf ein). Ausserdem geht mit der absoluten Reinheit auch etwas Lebendigkeit am Klang verloren. Ich selbst empfinde Terzenschwebungen bis 7 Cent als recht angenehm, bei Quinten bis zu 4 Cent, danach klingts für meine Ohren verstimmt. Kommt wohl auf den Klang des Registers an. Am besten Du experimentierst mit verschiedenen Querschnitten und Vertiefungen. Meine quadratischen Gedackten (breite=tiefe) klingen nicht gar zu dumpf, sie "singen" eher, gegen Quintade/Rohrflöte gehend. Wäre so etwas eine Idee? Mit Rohrflöten hätte man sogar die Option, direkt am Rohr eine Stimmvorrichtung anzubringen ohne den ganzen Deckel verschieben zu müssen (Röhrchen mehr- oder weniger abdecken durch ein Blech, oder Querschnitt/Länge variabel).



    Gruß



    Jens

  • Hallo Jens!



    Super Ideen von Dir! Die Terzen und Quinten lassen sich im Computer ohne Weiteres verstimmen bis einem die Ohren abfallen und die LM führen es aus, ob sie es wollen oder nicht. Also habe ich alle Stimmungen zur Verfügung.



    Warum schreibst Du: Ich frage mich allerdings, ob sich der Aufwand bei einem Gedackt lohnt? Meintest Du die Klangschönheit ist mit gedackten Pfeifen nicht gegeben?



    Gedackte Pfeifen lassen sich einfach und sehr leicht umstimmen. Keine Mündungskorrektur etc... Außerdem soll es unbedingt ein tragbares Instrument werden. Deshalb hatte ich mich für gedackte Pfeifen entschlossen (halbe Länge). Dein Vorschlag/ Die Stimmvorrichtung für die Rohrflöte ist mir nicht klar. Könntest Du mir das nochmal erklären?



    Auch ist mir nicht klar, wie man den Querschnitt zur Länge variabel einrichten/ bauen kann! Wäre sehr dankbar für Hinweise.



    Wichtig für eine ausreichende Stimmgenauigkeit ist ein ausreichend langer Weg für die Umstimmung!!! Deshalb scheiden Zungenregister schon einmal aus. Dort könnte ich nur über eine Mechanik (Hebel) die entsprechende Stimmgenauigkeit erreichen. Diesen Aufwand wollte ich mir sparen. Auch weiß ich nicht, ob Zungenregister überhaupt eine Umstimmung mitmachen, ohne ihren spezifischen Klang sofort aufzugeben.



    Ich denke auch an eine Proportion der Pfeifen von ungefähr Breite = Tiefe. Aus Platzgründen wäre natürlich eine Proportion von Breite < Tiefe besser. Habe aber Angst, dass die Orgel dann zu leise wird.



    Wenn ich mich zum Beispiel für Breite = Tiefe entscheiden sollte und sage, dass das große C 15 cm breit und tief sein soll, woher weiß ich dann wie breit und tief das große Cis sein soll?



    Grüße aus Bayern, Thilo

  • Thilo:
    Meine Frage: Wie errechnet man die Mensur des Registers? Gibt es fertige Mensurtabellen?



    Hallo Thilo,





    Mensurtabellen gibt es. Ein Beispiel für ein Gedeckt findet sich auf der

    Mensurseite von hausorgel.de

    . Dort gibt es auch den Mensurrechner von Arndt Brünner, mit dem alle Zwischenwerte ermittelt werden können. Weitere Mensurvorschläge finden sich im Buch "Bau von Kleinorgeln mit einem Register", zu finden unter den

    Veröffentlichungen des Arbeitskreises

    .





    Viel Erfolg



    Ulrich Reinhardt

  • Hallo Thilo,



    das mit dem "lohnen" meinte ich im Bezug auf grundtönige Register, wie die meisten Standard-Gedackte. Dort stören mich "Unstimmigkeiten" nicht sehr, auch Gleichstufigkeit hält man da ganz gut aus. Bei den Rohrflöten dachte ich an zwei ineiandergesteckte, verschiebbare Röhrchen zum Stimmen. Ansonsten würde ja für offene Pfeifen ein bewegliches Stimmblech für ein paar Cent Verstimnmung schon reichen. Gedackte haben übrigends auch Mündungskorrektur nötig. Manche oben zugelöteten Gedackte kann man nur über die Bärte an der Unterseite stimmen, das wäre aber auch noch eine Möglichkeit für variable Stimmung.



    Eins verstehe ich nicht:



    Du schreibst:



    "Alle oktavgleichen Töne werden über einen Linearmotor gestimmt. Also werde ich 12 LM brauchen".



    Wie soll das verlässlich gehen? Eine Oktave höher oder tiefer hat man doch ganz andere Stimmwege (baust Du Übersetzungen mit Zahnrädern ein?). Und ausserdem können kleine Geometrieunterschiede an kleinen Pfeifen ein gemeinsames Stimmen über Linearmotor schon unmöglich machen.



    Sonst fällt mir zu dem Thema noch die 53-tönige gleichschwebende Temperatur und die 1/3-Komma Zarlino-Stimmung (fast gleich wie die 19-stufige gleichschwebende) ein. Literatur dazu findet man bei Wikipedia. Wäre interessant, sich auch damit mal zu befassen. Dann benötigt man "nur" noch einen Rechner mit Software, der zwölf Tasten den 53- oder 19 Ventilen pro Oktave zuweist.



    Gruß



    Jens

  • Hallo Jens!



    Ausführliche Beschreibung der technischen Detaillösungen möchte ich noch nicht geben, da ich noch am forschen und ausprobieren bin.



    Meine Vorstellung war bis jetzt, dass die Tonhöhe bei gedackten Pfeifen alleine von der Pfeifenlänge (schwingende Luftsäule) abhängt. Ein vollkommen lineares Verhältnis... Liege ich da nicht richtig?



    Ich merke, dass mir noch sehr viel Basiswissen fehlt.



    Wie verhält es sich bei Rohrflöten? Wenn zwei Röhrchen ineinander gesteckt werden... gibt es dann eine Mündungskorrektur oder nicht zu berücksichtigen.



    Höchste Priorität für mein Projekt hat die Stimmgenauigkeit! Je weniger Fehlerquellen, desto besser. Natürlich strebe ich einen schönen, ansprechenden, weichen Klang an. Rohrflöte wäre da sicherlich eine gute Wahl. Wie lang sind denn Rohrflöten im Verhältnis zu gedackten Pfeifen?



    Grüße, Thilo

  • Hallo Thilo,



    ich würde vorschlagen: Baue doch mal drei Gedacktpfeifen, z.B. c0, c1, c2. Bis die mal richtig klingen wirst Du schon einiges dazugelernt haben: Wie man das Luftblatt richtig einrichtet, dass der Deckel ohne Undichtigkeit fest sitzen muss damit die Pfeife nicht heult, wie der Aufschnitt und die restlichen Parameter den Ton verändern etc. Wenn Du das geschafft hast, würde ich mir Gedanken zur Ansteuerung der Motoren und deren Montage an der Pfeife machen. Dann kennst Du das Problemumfeld besser (zur Ermittlung einer Lösung muss man die Probleme richtig kennen, sonst kommt meist nur eine unbefriedigende Lösung zustande).



    Die Gedackten kann man leicht zur Rohrflöte machen, die Pfeifenlänge muss aber etwas länger sein, ca. ein Ganzton (so wars bei mir). Dann kannst Du mit verschiedenen Röhrchenlängen- und Durchmessern experimentieren, damit die Pfeifen schön anfangen zu singen. Je länger und dünner das Röhrchen, desto mehr geht der Klang Richtung Gedackt. In einem bestimmten Bereich hat man einen schönen Rohrflötenton; wenn das Röhrchen zu weit oder zu kurz ist bekommt man einen eher "klingelnden" Ton (Rohrschelle).



    Frequenz- und Wegmessung der Pfeife/des Stöpsels werden Dir zeigen, ob die ganze Sache mit der Umstimmung linear verläuft. Dazu habe ich leider keine Erfahrung. Ich weiss nur dass eine Pfeife recht komplex ist; wenn sie einmal richtig intoniert ist freue ich mich und versuche dann sowenig wie möglich wieder dran zu ändern, ausser evtl. Stimmen wenn sie sich verstimmt hat.



    Gruss



    Jens

  • Hallo Thilo,



    ich finde, dass die Stimmung einer Pfeife von so vielen Faktoren zusätzlich abhängig ist, dass es schwer werden wird, über eine 'Berechnung' die Umstimmung vornehmen zu lassen.

    Eher würde ich vorschlagen, die Stimmung einmal selbst vorzunehmen, und dann die Position zu markieren. (So wie bei einem Lackierroboter in der Autoindustrie, der seinen Weg auch einmalig von einer menschlichen Hand gezeigt bekommt)



    Als weiteres Problem stelle ich mir jedoch weitaus schwerwiegender vor, dass der Deckel einer gedackten Pfeife ja relativ stramm sitzen muss, weil er sonst möglicherweise bei leichten Klimaveränderungen (ist der Raum im Winter beheizt?) locker werden kann.

    Dann steht die unverrückbare Positionierung der Pfeife und die Kraft, die aufgewendet werden muss um den Deckel zu verschieben, sowie die Präzision die erforderlich ist zueinander in Widerspruch.



    Ich könnte mir eher folgende Variante als leichter umsetzbar vorstellen: Eine Offene Pfeife mit Stimmschieber. Dieser Stimmschieber wird mittels des Motores verschoben. Denn hier wird viel weniger Kraft ausgeübt.



    Mein persönlicher Weg zum Umstimmen: Midifizierung, Pfeifenorgel in der jeweils als wichtigsten angesehenen Stimmung, bei Bedarf an anderer Stimmung einfach Hauptwerk-Samples laden.

    Achtung, dieser Tipp weicht von klassischen Weg ab. Bitte nicht zuhause nachmachen. ;-)



    Schöne Grüße

    Johannes

  • Hallo Thilo,



    ich habe jetzt die verschiedenen Beiträge und deine Fragen und Stellungnahmen zu deinem Projekt gelesen und komme danach zu folgendem Resume:



    Der Weg, eine Gedackt-Pfeifenreihe durch eine elektronisch gesteuerte Mechanik variabel zu stimmen, scheint mir vom Prinzip her zu zeitaufwändig und störanfällig zu sein.



    Ich glaube, eine prinzielle Trennung von mechanischer Pfeifenorgel und vollelektronischer Orgel ist der einfachere, stilmäßig "echtere", und kosten-/-zeit-/störungs-mäßig weniger problematische Weg. Allzuviele Unwägbarkeiten führen wohl zu keinem befriedigenden Ergebnis.



    Ein (kleiner) Kompromiß wäre - wenn du erst mal Erfahrung im Bau einer kompletten Pfeifenreihe gemacht hast - diese Reihe modifiziert mitteltönig zu stimmen, also so, daß die Tonarten ohne Vorzeichen sehr rein klingen, die mit 1 - 2 Kreuz und Be noch gut, und je weiter entfernt, umso unreiner. Dann baust du eine Tastatur, die sich nach links und rechts um mehrere Halbtöne verschieben läßt. Das nennt sich "Transponiervorrichtung". Du benötigst dann auch auf jeder Seite ein paar Pfeifen mehr. Du spielst dann tastenmäßig z.B. in C-Dur, es klingt aber z.B. DIS-/ES-Dur, die Tonhöhenlage hat sich dabei etwas geändert, aber vor allem die individuellen Halbton-Frequenz-Unterschiede, man erhält also verschiedene interessante mehr oder weniger in Richtung "scharf-hell" bzw. "feierlich-getragen" -verstimmte Lagen. Dies nur ein Gedankenanstoß.



    Mit einer vollelektronischen Anlage hast du bestimmt die besten, schnellsten, variabelsten . . . . -sten Möglichkeiten, freilich um den Preis des authentischen Pfeifen-Klanges. Hier gilt es abzuwägen - oder beides getrennt zu haben . . .



    Gruß

    Reinhold

  • Ganz herzlichen Dank für die vielen Beiträge!



    Die rein elektronische Lösung existiert bereits. Unsere selbstgeschriebene Stimmungssoftware steuert einen Softwaresynthesizer. Dort gibt es zwar noch einige Aufgaben zu lösen, wir sind aber auf einem guten Weg.



    Ich bin von Beruf klassischer Sänger (Tenor) und bin deshalb nicht wirklich offen für Kompromisse in Sachen Klang. Es geht nichts über eine real schwingende Saite oder Luftsäule... Deshalb komme ich um ein analoges Instrument nicht drumherum. Die sich hier bietenden Schwierigkeiten sind anscheinend aber weitaus größer als ich angenommen hatte. Danke für das Anmelden eurer vielen Bedenken.



    Durch die Beiträge von Peter Friedrich und Reinhold S. habe ich folgende Überlegung angestellt:



    Angenommen es sollte mir gelingen, einen Deckel zu bauen der reibungsarm, vollkommen dicht und formstabil ist, dann gäbe es die Möglichkeit bei den von mir favorisierten LinearMotoren den Teach-In-Modus zu benutzen: Der Motor wird von Hand zur Zielposition geführt. Ist die Position einmal erreicht, kann sie abgespeichert werden und mit Hilfe von externen Wegstreckensensoren sehr exakt reproduziert werden. All das ist Standard der heutigen Fertigungstechnik. Um die Zielposition so genau wie möglich zu bestimmen, braucht es natürlich gute Ohren, aber auch ein Mikrofon und ein Frequenzmessgerät. Auf diese Weise erliege ich nicht den vielen Unwägbarkeiten einer mathematisch nicht erfassten Beziehung zwischen Pfeifenlänge und Tonhöhe.



    Nachteil des Teach-In-Modus: ich muß alle Positionen abfahren und einspeichern. Bei fixen Stimmungen ist das kein Problem. Mich aber interessiert die "Reine Stimmung". Und die hat bekanntlich sehr viele Tonhöhen. Um genau zu sein... unendlich.



    Falsch! Mir ist beim Schreiben klar geworden: Ich brauche nicht die gewünschten Positionen mit der Hand anfahren, sondern es müssen ALLE vorhandenen, ALLE möglichen Positionen des Linearmotors mit den dazu gehörigen Frequenzen der Pfeife als Tabelle bzw. Datenbank vorab abgespeichert werden. Dies, so meine Vorstellung, wäre mit einem zusätzlichen Programm möglich.



    Beispiel: Ein Linearmotor hat eine Schrittauflösung von 0,01 mm. Bei einem angenommenen Stellweg von 20 mm sind somit 2000 Positionen möglich. Bei 12 Linearmotoren entstehen also 24.000 Messwerte (Frequenzen). Für einen heutigen Computer ist diese Menge gut zu bewältigen und könnte auch in den RAM eingelesen werden.



    Aus dieser Liste könnte wiederum ein Mathematiker eine mathematische Beziehung ableiten. Aber das ist vielleicht sehr naiv gedacht...



    Frage: Gibt es eine wissenschaftliche Untersuchung dieser Beziehung (Pfeifenlänge - Tonhöhe), die für die Praxis hinreichend genaue Ergebnisse (Formeln) liefert?



    Für meine Zwecke, dürfte die Formel ruhig auch sehr, sehr kompliziert sein. Wen kümmert's? Der Computer kann auch die schwierigsten Berechnungen in Windeseile (Echtzeit) herstellen und weitergeben.



    Mit der weiter oben beschriebenen Methode, wäre ich frei, jedes erdenkliche Register umzustimmen. Ich bin bis jetzt beim Gedackt-Register hängengeblieben, weil es Platz spart und ich eine Truhenorgel bzw. Positiv verfolge.



    Viele Grüße, Thilo

  • Hallo,



    es sollte nicht vergessen werden, dass sich Holzpfeifen auch von selbst verstimmen. Daher kann es zumindest langfristig unmöglich ausreichend sein, Positionen zu speichern. Wie gesagt würde ich den Computer wirklich echt "stimmen" lassen (mit Mikrofon und einem entsprechenden Programm).



    Vielleicht könnte man auch über komplett andere Stimmvorrichtungen nachdenken. z.B. so etwas in die Richtung wie gekröpfte Pfeifen, die auf der geschlossenen Seite mit Wasser gefüllt werden (habe aber ehrlich gesagt keine Ahnung wie sich das auf den Ton auswirkt).



    Zu der exakten Berechnung der Pfeifenlänge: Ich habe vor einigen Jahren eine Facharbeit über Orgelklang geschrieben, die allerdings aus meiner heutigen Sicht als Physikstudent alles andere als gut ist - man sollte sich also nicht darauf verlassen

    Dennoch könnte das Kapitel "3.7 Mündungskorrekturen" für Dich interessant sein, insbesondere die Quelle "Jürgen Meyer: Über Resonanzeigenschaften und Einschwingvorgänge von labialen Orgelpfeifen, Dissertation Braunschweig, 1960" (leider habe ich damals in meiner Arbeit sogar falsch zitiert, das Kapitel verweist glaube ich auf den falschen Eintrag im Literaturverzeichnis)...

    Die Facharbeit ist (UNKORRIGIERT!) unter http://pm-friedrich.com/~unixfan/arbeiten/facharbeit.pdf zu finden. Vielleicht arbeite ich irgendwann mal daran weiter und korrigiere die Fehler.



    Viele Grüße,

    Peter