Orgelpfeife 8' überflüssig?

  • Beim Studium der Unterlagen "Bau einer Hausorgel in Bildern" von J.Boersma, A.Wilschut(übrigens ausgezeichnet!) stieß ich auf die Notiz, dass die Pfeife "holpijp 8'" überflüssig sei.

    Da ich selbst kein Orgelspieler und Neuling im Orgelbau bin, erhebt sich für mich die Frage, ob es ohne diesen Ton (Cis) möglich ist, auch komplexere, größere Orgelwerke ohne Klangverlust zu spielen.

    Ich ersuche daher Kenner und Könner dieser Materie um eine Erklärung.

    Danke

  • Hallo!



    Was meinen Sie denn damit, eine "Orgelpfeife 8´" sei "überflüssig"?



    Ich glaube, Sie meinen ein komplettes labiales 8´-Register bzw. das Cis in einer kleinen Hausorgel, richtig?


  • Hallo!



    Also ich würde sagen, man braucht auf jeden Fall mindestens einen 8', außer man möchte ein winziges Portativ bauen. Der 8' ist die Äquallage und damit das Fundament des Klangs - man zieht immer mindestens einen 8' wenn man in normaler Tonlage spielen will.



    Auf das tiefe Cis kann man schon eher verzichten. Früher war es sogar sehr üblich, dies zu tun (z.B. ist das auch so bei der bekannten Silbermann-Orgel in Freiberg). Einfach mal Orgelliteratur durchgehen und schauen wann das Cis gebraucht wird - ich erinnere mich an kein Stück, bei dem ich es gebraucht hätte.

  • Hallo,

    in der Mensurliste der holpijp ist in der Cis-Zeile 'überflüssig' vermerkt.

    Überflüssig scheint mir etwas übertrieben zu sein,

    aber in der Tat eine Pfeife auf die man durchaus verzichten kann, was ja auch in vielen Orgeln früherer Zeiten zu verzeichnen ist.



    Eine wirkliche Platzersparnis, auf diese große und selten notwendige Pfeife zu verzichten.



    Johannes

  • Hallo,



    in barocken Werken wird das Cis höchstselten auftauchen. Bach vermeidet es z.B. explizit in der Fantasia G-Dur, BWV 572, wo am Ende des Grave-Mittelteiles der 9-taktige Orgelpunkt D eine halbe Note vor dem Ende eine Oktave höher auf d wechselt, damit das anschließende cis erklingen kann.

    Dass es nichstdestotrotz natürlich Unmengen von Orgelstücken gibt, die ein Cis enthalten, ist unbestritten. Ein kurzer Griff in die Notensammlung zeigt es etwa in Günter Raphaels Fantasie über den Choral "Christus, der ist mein Leben", aber auch im 18. Jahrhundert bei dem Bach-Schüler Johann Christian Kittel im Cis-Dur und cis-Moll-Präludium aus seinen Großen Präludien für die Orgel.



    Grüße von Uli