Windladen aus Massivholz

  • Hallo Orgelfreunde!



    Ich bin gerade am Bau einer Windlade für ein Positiv und verwende dazu ausschließlich Massivholz (Eiche). Massivholzwindladen scheinen in den Baubüchern von Bormann und Boersma allerdings nicht das bevorzugte Material zu sein. Auch nach Meinung vieler Orgelbauer ist Mehrschichtholz das bessere Material. Dann gibt es noch Orgelbauer, die Massivholz und Multiplex kombinieren. Man kann sich bei Multiplexplatten natürlich sicher sein, dass sich hier nichts verzieht. Massivholz dagegen arbeitet ständig entsprechend der Luftfeuchtigkeit. Dennoch wird seit über 400 Jahren Massivholz verwendet, und das sehr erfolgreich, wie viele historische Instrumente es beweisen. So schlägt Dom Bédos beispielsweise vor, die Spunde zwischen den Kanzellen aus Querholz zu machen um ein Reißen der Lade zu verhindern.



    Was für Materialien verwendet ihr für eure Windladen und was für Erfahrungen habt ihr damit gemacht?



    Viele Grüße

    Stephan Burth

  • Hallo Stephan,



    ich selbst habe Multiplex und Massivholz Fichte kombiniert.



    Grundsätzlich sehe ich das so:

    In einer Orgel sind sehr viele Teile verbaut, die auf eine Änderung der relativen Holzfeuchte sehr empfindlich reagieren.

    Man denke nur an Wellen, Führungen und vielleicht vor Allem die gedackten Pfeifen.



    Deshalb ist eine Änderung der relativen Holzfeuchte wohl am Besten komplett zu vermeiden. (Was eine Änderung der Relativen Luftfeuchte im Raum ja nicht ausschließen muss)



    Deshalb steht einer massiven Windlade bezüglich des Arbeiten des Holzes aus meiner Sicht hier nichts entgegen.



    Allerdings ist diese wohl mit viel höherem Aufwand zu fertigen, und erfordert eine andere Maschineneinrichtung zur Fertigung.

    (z. B. Hobelmaschine mit Hobelbreite in Windladenbreite)



    Diese Gründe dürften eine Fertigung aus Plattenwerkstoffen im Verbund mit Massivholz am praktikabelsten machen.



    Johannes

  • Ich werde Massivholz fuer Rahmen und Schiede und Sperrholz fuer das fundamentbrett und die ventilpratte verwenden. Die Windkaste muss nur dicht genug sein und braucht man keine besondere Materialen



    Ich kann dir wohl sagen dass die Verwendung von Massivholz keine besondere Problemen beitraegt. Mein Orgelbauerfreund Zeni verwendet ausschlieslich Eiche (er liebt solcher Holz sehr viel ) fuer die gesamte Teile der Windlade (auch das Konduktenbrett) nur die Schiede sind aus Fichte und er verwendet eine Presse um alles gut zu kleben.



    Das hat mir auch der Wolfgang Spitz empfholen und es ist nicht unklug, denn denn Weichholz kann sich a bissl mehr zu die kleine Ungenauigkeiten der Verarbeitung adaptieren.



    Manchmal habe ich Leute gehoert dass Sperrholz als minderwertiger halten. Besonders fuer Windladen ist es nicht so, ich meine. Es kann der Heimarbeiter viel helfen, denn es ist schon in riesige Bretten erhaltlich, und desshalb fuer alle Deckelemente besonders tauglich. Profi-orgelbauer koennen auch solche Bretten aus Massivholz erhalten durch das leimen von meherere Holzschiede. Aber mit unsere Werkzeuge (oder zumindestens meinige) ist so was es besonders schwierig zu tun.



    Viele Gruesse,

    fabivS

  • In der Tat bleibt mir nichts weiter, als mich der Meinung der Vorleute anzuschließen, daß ich als Orgelbau-Laie der Einfachheit halber lieber fertige Platten verwende, während der professionelle Orgelbauer freilich zum gediegenen Massivholz greifen wird.



    Unabhängig davon möchte ich manchmal glauben, daß die Materialauswahl nicht immer allein von vernunft- und zweckmäßigen Gründen geleitet sei, sondern bisweilen künstlerisch-gefühlsmäßige Einflüsse hereinspielen; beispielsweise zeigte mir ein Klavierstimmer seinen wertvollen Stimmschlüssel mit einem silbernen Ring an dem vorderen Griffende, auf welchem beim Anziehen der Saiten der Zeigefinger zu liegen kommt: Er hätte mit der Berührung des Silbers ein viel besseres Gefühl als wenn der Ring aus unedlem Metalle bestünde...

  • Hinzu kommt überhaupt der (sehr geringe) Auswahl an gute Massivhölzer für den Laien. Ich habe selbst seit Jahre eine Abricht/Hobel von Metabo mir zugelegt, habe aber kein ordentliches Futter dafür. Die OBMs kaufen Ihr Holz bei ausgewählte Händler und lassen sie jahrelang trocknen. Die bei Ebay angebotene (gebrauchte) Hölzer sind meist qualitativ nicht für Orgelbau geeignet, die von Holzhändler zu feucht...



    Francois

  • Hallo Francois,



    wobei man nicht vergessen darf, dass der Orgelbauer üblicherweise für andere klimatische Verhältnisse baut, als der Hausorgelbauer.



    Natürlich ist luftgetrocknet besser als Kammergetrocknet.



    Aber eine Hausorgel, die soweit ich das sehe üblicherweise in einem zentralbeheizten Wohnraum steht, da ist vor der Verarbeitung eine andere Holzfeuchte zu erreichen als für eine Kirchenorgel.



    Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass meine Schreinerkollegen es ähnlich handhaben wie wir.

    Wenn jemand Holz braucht, dann bekommt er von uns auch welches.



    Also einfach mal einen Schreiner in der Nähe fragen.



    Johannes



    PS.: obwohl meine Hausorgel ja nicht im zentralbeheizten Raum steht, habe ich trotzdem für fast alle Teile Kammergetrocknetes Schreinerholz verwendet.

    Wichtig ist einfach nur, dass das Holzfeuchtegleichgewicht vor der Verarbeitung dem Aufstellungsort entspricht.

  • Hallo Johannes,



    zuerst einmal vielen Dank für die Auskünfte des Schreiners! Die Holzfeuchte ist in der Tat ein Faktor, der vor Baubeginn eines Instruments bedacht werden muss. So sagte mir ein Orgelbauer, dass man für Orgeln in Kirchen Holz mit ca. 12-13% Holzfeuchte verwendet, steht die Orgel dagegen im beheizten Wohnraum ist es besser 8-9% Holzfeuchte zu wählen. Ob Luftgetrocknetes Holz hierfür besser geeignet ist als Ofengetrocknetes vermag ich als Laie nicht zu beurteilen. Wichtig scheint nur, dass die Holzfeuchte dem Aufstellungsort schon angepasst ist, da ansonsten das Holz solange Feuchtigkeit aufnimmt oder abgibt, bis es der Raumluftfeuchte entspricht. Mich würde nun aber interessieren, welche Holzfeuchte für eine Truhenorgel in Frage kommt, die sowohl im Wohnraum als auch in der Kirche zum Einsatz kommt. Spielt es für das Arbeiten des Holzes auch eine Rolle, wie feinjährig es ist? Allgemein verwendet der Orgelbauer ja höchst feinjähriges Holz, so soll es bei Klaviaturen am Besten Hochgebirgsfichte sein, die aufgrund der vielen feinen Jahresringe oft älter als 200 Jahre ist...



    Bei der Kombination von Mehrschichtholz und Massivholz stellt sich mir auch noch die Frage, ob sich die beiden (miteinander verleimt) vertragen. Denn im Gegensatz zu Massivholz arbeitet Multiplex ja überhaupt nicht. Der Effekt müsste ähnlich sein, wie wenn man Lang- auf Querholz leimt - irgendwann entstehen durch Spannungen Risse, was eine Windlade (Heuler, Durchstecher...) unbrauchbar machen würde.



    viele Grüße



    Stephan

  • Hallo Stephan,



    Stephan_Burth schrieb
    Bei der Kombination von Mehrschichtholz und Massivholz stellt sich mir auch noch die Frage, ob sich die beiden (miteinander verleimt) vertragen. Denn im Gegensatz zu Massivholz arbeitet Multiplex ja überhaupt nicht. Der Effekt müsste ähnlich sein, wie wenn man Lang- auf Querholz leimt - irgendwann entstehen durch Spannungen Risse, was eine Windlade (Heuler, Durchstecher...) unbrauchbar machen würde.





    genau das war bei der von mir bespielten Kirchenorgel der Fall: 60er-Jahre-Instrument, Windladen eine Kombination aus Massiv- und Nichtmassivholz. Ergebnis: Heuler. Ich halte vom Mischen nichts.





    Schönen Abend



    Ulrich Reinhardt

  • Hallo Stephan,



    8-9% scheint mir sehr trocken.

    Ist sicher der unterste Wert für zentralbeheizte Räume.

    Aus meiner Sicht passend für eine Heizkörperverkleidung ;-)



    Ich hätte eher 12% für den Wohnraum und bis zu 15% für die Kirche gesagt.



    Zur Frage mit Spannungen Multiplex-Massiv:

    Hier sehe ich kein Problem.

    Plattenwerkstoffe schwinden in alle Richtungen etwa genau so viel wie Massivholz in Längsrichtung.

    Bei der Windlade ist das also wenn man mal wechselnde Umgebungen annimmt eher besser als Massiv. Denn bei Massivbauweise kommt längs auf quer.

    Also 10% Schwund auf 1%.

    (In Richtung der Jahresringe 10%, Quer zu den Jahresringen 5%, Längs 1%)

    Bei der Windlade sind schmale Leisten (Schwund also zu vernachlässigen), die mit Ihrer Länge die Grundplatte überspannen. Also Bedeutend für die Schwundberechnung immer die Länge der Massivholzteile. Und hier besteht Übereinstimmung mit dem Schwund der Grundplatte.



    Zur Truhenorgel:

    Die Längenausdehung ist immer auch Abhängig von den Maßen. Klar, es wird ja in % gerechnet.

    Eine Volumenänderung entsteht zwischen Holzfeuchten von 0% (theoretisch) und 30%.

    Die 10% sind dann bei maximaler Schwankung der Holzfeuchte.

    Die Holzfeuchte steht in einem Verhältnis zu Raumtemperatur und Raumfeuchte.

    Theoretisch kann sich also die Raumluftfeuchte ändern, und trotzdem die gleiche Holzgleichgewichtsfeuchte erzeugen.

    Dies alles mit in die Berechnung mit eingenommen, gemessen an den doch relativ geringen Abmessungen einer Truhenorgel wird die Windlade keine Probleme machen.



    Von Außen betrachtet ist eine Windlade, die gut verleimt ist ja eine Art Sperrholz.

    Beim Gehäuse empfiehlt es sich natürlich, Schwund konstruktiv aufzunehmen.

    Dies ist bei der Windlade natürlich aus technischen Gründen nicht möglich.

    Trotzdem habe ich bei der Windlade einer Truhenorgel keine Bedenken.



    Holzfeuchtegleichgewicht:

    Bei 15° und 60% Raumluftfeuchte stellt sich Holzfeuchtegleichgewicht auf 11% ein.

    Bei 20° und 65% aber ebenso 11%

    (Grob abgelesen aus dem Diagramm)



    Zur Holzauswahl:

    Verschiedene Holzarten haben verschiedenes Schwundverhalten.

    Obwohl die Holzauswahl für Orgelteile oft schon vorgegeben ist.

    Wenn auch aus Gründen, die Wolfgang schon erwähnt hat.

    Von Bedeutung ist aber die Tatsache, dass Holz in Richtung der Jahresringe fast doppelt so stark schwindet, wie quer zu den Jahresringen.

    Dadurch kann man erheblich Einfluss auf den Schwund nehmen, nämlich ihn halbieren.



    Luftgetrocknet geht in unseren Regionen übrigens nur bis max. 15% herunter.

    D. h. das Luftgetrocknete Holz kann gar nicht weniger als etwa 15% haben.

    Wer es trockener will, der muss Kammertrocknen lassen.

    Das würde dann beim Orgelbauer langjährig gelagert allerdings wieder Feuchte annehmen.



    Schnell gewachsenes Holz ist anfälliger für Gleichgewichtsfeuchteänderungen als Feinjähriges.



    Johannes

  • Trotzdem habe ich bei der Windlade einer Truhenorgel keine Bedenken. (Johannes Meyer)



    Das ist die tröstliche Kernaussage, welche alle besorgten Seelen ermuntern möge, unverzagt den Selbstbau von kleinen Windladen zu wagen, gleich ob Massivholz verwendet wird oder Platten!



    Durch Johannes' Ausführungen über das Ausdehnungsverhalten bei Feuchtigkeitsänderung angeregt möchte ich der Vollständigkeit halber das Detail erwähnen, daß die Schiede, bei welchen ja als quer zu verleimende Leisten das Ausdehnungsproblem mit größter Wucht zutage tritt, stets in Nuten im Kanzellenrahmen zu verzapfen seien, wobei die Nuten die Längsbewegung der Schiede aufnehmen. Eine bloße stumpfe Leimverbindung an den Enden zu dem Kanzellenrahmen erscheint mir riskant.



    Freilich entstehen dennoch die beschriebenen Spannungen in der Leimfuge längs der Schiede und es kann wohl nicht immer vermieden werden, daß sich Risse in der Längsverleimung bilden. Um diese Risse möglichst unwirksam-schmal ausfallen zu lassen, gilt es, Schiede und Rahmenholz von der Höhe her absolut gleich abzurichten, wobei es m. E. für die verhältnismäßig kurzen Kanzellen der Hausorgeln genügt, sämtliche Leisten, also auch die des Rahmenholzes, auf der Kreissäge durchzulassen; andernorts wurde davon berichtet, das gesamte Kanzellengitter bei einem Orgelbauer aufs Zehntel genau von einer Maschine abgerichtet zu haben.



    Nochmals ein Beispiel, sich nicht zu sehr wegen der Querverleimung zu sorgen: Bei Holzkämmen wird das Holz mit den Zähnen rechtwinklig auf das Holz des Kammrückens aufgeleimt, ganz ohne stützende Verzapfungen!



    Und noch eines: Wesentlich wichtiger erscheint mir, die Sache mit der Ausdehnung im Bereich der Mechanik zu begegnen; nach meiner Erfahrung ist die Gefahr von Klemmen und Wackeln in Führungen von Ventilen, Tasten und Wellen viel bedeutsamer, gerade wenn man, wie in meinem Fall, gänzlich auf Austuchungen verzichten will.



    Somit bleibt mir nur noch, einen unverklemmten Umgang mit dem Holze zu wünschen,

    Wolfgang.


  • genau das war bei der von mir bespielten Kirchenorgel der Fall: 60er-Jahre-Instrument



    Es wäre allerdings interessant zu erfahren, was genau für Mehrschichtholz das war. Ich kenne schon einige Exemplare dieser Epoche, man schämmt sich heute, das solche Sperrhölzer in Orgelbau verwendet wurden.





    Multiplex-Birke hingegen scheint sehr viel besser zu sein ???





    Im Prinzip stimme ich sonst zu, Massiv ist einfach schöner und wirkt auf Dauer künstlerischer, schliesslich muss ich mein Leben lang daran denken, was ich in meine Orgel eingebaut habe...





    Meine geistige Meister

    wurden ja nie etwas anders als edle Massivhölzer verwenden.





    Ich habe auch eine Intonierlade eines Grossen Meisters (echt Gross, und ausserdem bekannten Theoretiker der Intonation) aus 3-Schicht-Platten aus Eiche.

  • Liebe Windladenbauer und Massivholzverwender,



    nachdem ich Johannes' Beitrag zum Schwundverhalten mehrmals studieren musste, um die Zusammenhänge zu begreifen, scheint das Problem des arbeitenden Holzes geringer als gedacht. Denn die 10% Schwund bei liegenden Jahren, wie sie Johannes geschildert hat, beziehen sich nur auf eine maximale Heruntertrocknung von 30% auf 0% Holzfeuchte. Wenn aber mit normalen Werten gerechnet wird, so dürfte die Holzfeuchte im Wohnraum zwischen 14 und 8% schwanken. Der Schwund würde (sofern ich das richtig verstanden habe) nur 2% betragen. Bei 10cm Holzbreite wären das 2 mm Schwund, bei stehenden Jahren nur 1 mm. Und da Holz Feuchhtigkeit nur sehr langsam abgibt bzw. aufnimmt, ist unter Umständen die trockene Luft im Winter viel zu kurz da, um das Holz merklich schwinden zu lassen (der Klimaerwärmung sei Dank...). Hinzukommt dann noch, dass die Windlade und Holzpfeifen mit Leim eingestrichen sind und die Gehäuseoberfläche geölt oder lackiert ist. Damit dürfte ein Holzfeuchtewechsel noch langsamer ablaufen, was den Massivholzteilen nur zu Gute kommt.

    So scheint also das Schwinden von Holz verschwindend gering zu sein, so dass man sich kaum Sorgen um reißende Windladen und platzende Holzpfeifen machen muss.



    Stephan

  • Hallo Stephan,



    ich gebe zu, ich habe den Text mehr aus dem Bauch heraus geschrieben, als den Aufbau vorher zu überlegen.

    Trotzdem kann ich Deiner Schlussfolgerung zustimmen.



    Zusätzlich möchte ich zu Deiner Anmerkung mit dem langsamer ablaufenden Ausgleich der Holzfeuchte noch einen Gedanken hinzufügen.

    Truhenorgeln sind in der Werkstatt des Orgelbauers oft zu finden, aber immer mit einem dicken Tuch bedeckt.

    Das Tuch dient sicher nicht nur dem Schutz vor Eindringendem Staub, sondern schafft auch ein eigenständiges Klima unter der Abdeckung. (Eine Folie wäre jedoch nicht förderlich, es muss Feuchteausgleich trotzdem in begrenztem Maße stattfinden können.



    Eine Heizperiode ist jedoch schon in der Lage, das Holzfeuchtegleichgewicht komplett an die neuen Bedingungen anzupassen. (gerechnet bei Materialstärken bis 20 mm)



    Aber eine ordentliche Verleimung vorausgesetzt werden bei der Windlade die Kräfte sicher sehr gut abge'sperrt'



    Im übrigen fällt mir noch Wolfgangs Hinweis auf,

    das Einnuten der Schiede hätte ich beinahe als selbstverständlich angesehen.

    Sonst machen natürlich kleinste Veränderungen den geringen Schwund zum Problem.



    Johannes