Stummelpedal

  • Einmal etwas anderes: Hat jemand Erfahrung mit einem Stummelpedal, was sowohl den Bau, als auch das Spiel auf demselben anbetrifft?



    Kaum daß unser Portativ, welches von den Ausmaßen und vom Gewicht her betrachtet eher einem Positiv zuzuschreiben wäre, halbwegs spielbar fertiggestellt worden ist, lassen mich geheime Erweiterungswünsche keine Ruhe; sei es ein zwischen den 8-Fuß-Pfeifenreihen zusätzlich einzubringendes 2-Fuß-Diskantregister, sei es ein Pedal, welches sich vor allem die jüngste Tochter wünscht, auf daß sie zum Orgelspiel-Üben nicht in die Kirche werde gehen müssen.



    Der allgemein zu beklagende Platzmangel in unserem Hause, aber auch die einfachere Bauart lassen mich an Bormanns Empfehlung erinnern, für Positive Stummelpedale zu bauen:



    "Wir empfehlen für kleine Instrumente Stummelpedale mit 400 mm freier Tastenlänge, die mit üblicher Fußtechnik spielbar sind,

    370 mm weniger von der Wohnraumtiefe beanspruchen und gegenüber normalen Pedalklavieren nicht schwerfällig wirken" (K. Bormann: Heim-Orgelbau).



    Auch zitiert er Mahrenholz:

    "Wir kommen für unsere Positive und kleinen Hausorgeln auf das Stummelpedal zuück, weil das klobige, sperrige Normalpedal architektonisch stört" (Mahrenholz auf der Freiburger Tagung 1938)



    Also - was meint Ihr dazu?

  • Hallo Wolfgang,



    ob aus ästhetischer Sicht (und darum geht es Bormann in erster Linie) ein Stummelpedal Sinn macht, hängt m. E. vom gesamten Erscheinungsbild des Instruments ab: Gerade bei einem historisierenden Erschienungsbild sieht ein verkürztes Pedal einfach stimmiger aus, bei modern gestalteten Instrumenten wirkt es für meinen Begriff eher unpassend.



    Zum Spielen: Hier stellt sich die Frage, was zu welchem Zweck gespielt werden soll. Ich persönlich komme zwar mit Stummelpedalen gut zurecht, auch bei der Literatur, deren Anforderung über das Halten langer Basstöne hinausgeht, möchte diese aber nicht empfehlen, wenn es wirklich darum geht, ein Übeinstrument zuhause zu haben. Außerdem weiß ich, dass viele Orgelspieler nicht mit dieser Art Pedal zurecht kommen, wenn es ums Üben geht.



    Bedenke auch, dass es nicht alleine mit dem passenden Pedal getan ist, bei Übeinstrumenten sollten auch die übrigen Dimensionen (z. B. Abstand zu dem Manualen, Lage unter den Manualen etc.) im Großen und Ganzen den üblichen Normen entsprechen.



    Gruß, Heiko

  • Hallo Wolfgang,



    zwei Aspekte von mir zum Thema.

    Zum einen gebe ich zu bedenken, dass die Tasten eines Stummelpedals den Drehpunkt vorne haben, ein normale Kirchenorgelpedal hinten. Dieser grundsätzliche Unterschied der Bewegungs scheint mir entscheidend für das "Nicht-zurecht-kommen" mit der "anderen" Variante und spricht für mich ganz klar gegen ein Stummelpedal.

    Mein Vorschlag und das ist Aspekt zwei ist, ein großes Pedal zu bauen und dieses sehr leicht abziehbar und wieder montierbar auszuführen. Dadurch ließe sich das Pedal bei Nichtgebrauch schnell entfernen und z.B. senkrecht neben oder hinter der Orgel lagern, zum Üben stünde aber eine Konfiguration zur Verfügung, die dann auch nachher in der Kirche anzutreffen ist.



    Viele Grüße

    Ulrich Reinhardt

  • Ich habe leider bisher nur einmal die Möglichkeit auf ein StPed. zu spielen gehabt und behalte eher wage Erinnerungen.

    Ich verstehe aber (bei saubere Spieltechnik - es geht ja gerade um Übemöglichkeit - , Einhalten der Spieltischnorm und Legen der Achse weit hinter das Spielfeld) wo das Problem mit StPed sein soll. Denn man spielt die UTs so nah wie möglich an den OTs und die OTs so nah wie mgl. an den UTs.



    Auf einem Rahmenpedal hat man ca. an dem Punkt ca. 15mm Tastenfall, bei entsprechende Tastenfall auf einem StPed sollte noch um 9-10mm am Abzugspunkt geben, was ausreicht.



    Da möchte ich gerne argumentierter (Erfahrungen?) wissen, warum das nicht fürs üben gehen soll.



    Außerdem halte ich das herausnehmen des Pedals fürs Platzgewinn eher als ein fromme Wunsch, bzw. nich förderlich für das Üben. Denn das ist schwer (kaum zu bewegen für eine Frau oder Kind), unhandlich (tief bücken mit einem schweren und weit ausladendes Teil) und wenn es einmal weg ist bzw. bei jede Übeeinheit geschleppt und eingerastet werden soll, denkt der innere Schwein: "Äh öh oh, doch nicht jetzt üben". Außerdem ist das Platzersparnis schon optimal: Wenn der Bank unter die Tastaturen ist, ragt es noch mehr aus dem Spielschrank als die paar cm Stummelpedalrest.



    Nun aber will ich jetzt ernsthaft experimentieren!

    Wer verschafft mir ein Zugang zu ein Stummel-Pedal so nah wie möglich an PLZ 42489 ?



    Francois von Troll ;-)

  • Hallo,



    also das mit dem vorderen Drehpunkt beim Stummelpedal hängt natürlich von der Definition des Begriffes Stummespedal ab. Ich denke, Wolfgang meint mit Stummelpedal (wie auch Bormann) ein ganz normales Pedal, dessen Tasten ihren Drehpunkt am hinteren Ende haben, aber in ihrer Länge relativ stark verkürzt sind.



    Gruß, Heiko

  • Hallo,



    Bormann schreibt auf Seite 138 zum Pedalklavier

    Die ersten Pedale an mittelalterlichen Orgeln waren Stummelpedale (s. Praetorius, Organographia, Tafel XXV)



    Auf Tafel 25 bei Praetorius ist überaus deutlich ein Pedal mit Drehpunkt im Untergehäuse der Orgel und frei aus dem Gehäuse herausragenden Tasten zu sehen. Bormann empfiehlt also das, was ein heute übliches Kirchenorgelpedal nicht ist. Ich schließe mich Bormanns Stummelpedalempfehlung nicht an.





    Viele Grüße



    Ulrich Reinhardt

  • Hallo,



    ich denke, Bormann meint mit Stummelpedal lediglich ein Pedal, dessen Tasten in der Länge gegenüber einem modernen Maß deutlich verkürzt sind. Über den Drehpunkt der Taste sagt der Begriff "Stummelpedal" hingegen nichts aus, nur über die Tastenlänge, eine Definition wie sie aus meiner Sicht auch der üblichen Praxis entspricht.

    So erklärt sich auch, dass Bormann den Nachsatz "die mit üblicher Fußtechnik spielbar sind" hinzufügen kann, während die von Ulrich zitierte Aussage keinen Widerspruch darstellt, denn die bei Praetorius zu sehenden kurzen Tasten sind im Sinne dieser Definition auch Stummelpedale.



    Gruß, Heiko


  • Bormann schreibt aber an anderer Stelle, dass sich beim hinten gelagerten Pedal (Rahmenpedal) eine Verkürzung der Tasten schlecht bewerkstelligen lässt, da dann zuviel Kraft nötig ist, um die Tasten zutreten (da der Fuß zu nah am Drehpunkt ist).



    Ulf

  • Wenn auch der Begriff Stummelpedal zunächst nichts über die Anordnung des Drehpunktes aussagt, sondern lediglich im wörtlichen Sinne verkürzte Tasten, so vermeine ich auch außerhalb Bormanns Beschreibungen diese besondere Bauart allgemein so zu verstehen, daß der Drehpunkt vorne, Richtung Fußspitze unter dem Manual zu liegen komme; in der Tat dürfte das künstlerische Spiel darunter leiden, als das Niederdrücken mit dem Absatze aufgrund des hinten zu erwartenden langen Hubes Schwierigkeiten bereiten könnte.



    Freilich könnte man bemüht sein, den Hub auch am hinteren Pedalende gering zu halten, um eine Applikatur wie bei dem traditionellen Rahmenpedal zu ermöglich, indes wird sich dann der äußerst geringe Niedergang weiter vorn für die Fußspitze als zumindest gewöhnungsbedürftig erweisen, schließlich ist die Anatomie des Fußes so ausgelegt, daß es wesentlich leichter fällt, mit den Zehen eine größere Bewegung durchzuführen als mit der Ferse.



    Offensichtlich gibt es bei elektronischen Orgeln für Unterhaltungsmusik Stummelpedale, meist nur über eine Oktave, welche wohl üblicherweise ausschließlich mit der linken Fußspitze gedrückt werden, während der rechte Fuß ständig auf dem Schweller zur häufigen Ausführung von Dynamikeffekten ruht.



    Es wäre schön, wenn sich Kollegen zu Worte meldeten, welche in dieser Technik Erfahrungen haben und bislang möglicherweise aus Scheu, "nur" eine elektronische Orgel zu haben und zu spielen, ihre Eindrücke hinter dem Berge hielten.



    Was nun die Größe und damit wohl auch die Ästhetik des Pedals anbetrifft, sehe ich kaum einen Grund, das Stummelpedal zu bevorzugen: Während des Spiels überdeckt die Orgelbank ohnehin den hinteren Teil des Pedals, gleich welcher Bauart, und selbst wenn man nach dem Spiele die Bank weiter nach vorne schiebt, um dem Wohnraum mehr Platz zu geben, wird das traditionelle Rahmenpedal nicht wesentlich, wenn überhaupt, in den Raum hineinragen.



    Dennoch ist nicht zu leugnen, daß es wohl häufig durchaus so eng zugeht, daß jede Handbreit Raumgewinn zählt, gerade wenn Orgeln in Durchgangszimmern und Fluren aufgestellt werden, und wie bereits in vorstehenden Beiträgen geäußert wurde, ist es doch umständlich, in diesem Fall das schwere Rahmenpedal zu bewegen.



    Zudem hatte ich durchaus beachtliche Schwierigkeiten bei der Konstruktion und Anfertigung eines herausziehbaren Rahmens, wesentlich einfacher dünkt mir da schon ein mit der Lade fest verbundenes Stummelpedal.



    Wollen wir schließlich die Hausorgel als Übungsinstrument für die Kirchenorgel betrachten, kann man auch unter diesem Gesichtspunkt geteilter Meinung sein: Hat man ledigliche eine, seine Kirchenorgel, wird man das Pedal seiner Hausorgel entsprechend angleichen, sieht man sich indes in den Kirchen vor den unterschiedlichsten Pedalausführungen und Pedalanordnungen gegenübergestellt, spielen Normmaße für das Übungsinstrument wohl weniger eine Rolle, bis dahin, daß auch das Stummelpedal unter diesem Gesichtspunkt seine Berechtigung für das Hausinstrument erhalten könnte.



    Ob man nun das Stummelpedal als Schummelpedal sehen möchte oder nicht, ich danke allen für ihre Interesse an der Beurteilung dieser Frage, welche für mich bald zur Entscheidung ansteht, denn ehe ich mit der Grande orgue weitermache, deren Pedal samt Lade bereits fertig ist, möchte ich als schnelle einfache Lösung ein Vollpedal unter das Portativ "schieben",

    Wolfgang

  • Bormanns Stummelpedal hat definitiv die Achse im Untergehäuse (vor dem Spieler). Das ist aus dem Abschnittsende Positiv (Zeichnung) klar!

    Ich denke aber, was die Spielbarkeit mit Absätze angeht, alles liegt in der Tastenlänge. Ist die Achse sehr weit vorne (im Hinterwand des UGs) ist die Hebelwirkung für die Absatz kaum größer als für die Fußspitze.

    Im Übrigen verteidige ich die SP nicht, ich möchte wie Wolgang genau wissen, weil ich solches auch plane.

    Francois

  • Für den Umzug meiner Übeorgel in ein ausgesprochen winziges (7,5 qm) Übezimmer habe ich die Tastenlänge meines (herkömmlichen) Pedales von 75 auf 67,5 cm kürzen lassen. Ich habe in Sachen Spielgefühl keinen Unterschied festgestellt und komme damit bestens zurecht. Nun kann man besser um das Instrument herumlaufen und bleibt nicht am Pedal hängen. Das Pedal jedesmal nach dem Üben herauszuziehen und an die Seite zu stellen, wäre mir zu umständlich und aufwändig gewesen. Außerdem: wohin damit ?

    Auch unter optischem Gesichtspunkt hat die Kürzung dem Instrument gutgetan. Zu der kleinen Orgel passt das kleinere Pedal besser als das Normpedal.



    Schöne Grüße



    P.P.

  • Liebe Leute

    Ich habe einige Erfahrung mit hist. Stummelpedal an einer süddeutschen Orgel mit kurzer Oktave. Um mit der Fussspitze zu spielen ist es kein Problem. Wenn aber der Achspunkt nicht sehr weit im Gehäuse drin ist ist das Spielgefühl völlig ein anderes als auf einem "normalen" Pedal. Soll das Pedal zum Ueben "richtiger" Pedalliteratur sein unbedingt ein normales Pedal (eventuell verkürzt) bauen. Will man aber vor allem ital., englische, spanische oder eben süddeutsche Musik mit einzelnen Pedaltönen spielen dann sieht ein Stummelpedal natürlich chic aus und tut seinen Dienst. Dann reichen in der Regel auch 1,5 Oktaven.



    Liebe Grüsse Thomas

  • Wer eine Hausorgel hauptsächlich zum Üben benötigt, der sollte seine Orgel mit Normalpedal ausstatten. Wie bereits weiter oben erwähnt muss dann auch die BDO-Norm hinsichtlich Tastenlängen und Abstand von Manualen und Pedal eingehalten werden. Für ein Positiv oder eine Truhenorgel ist ein Stummelpedal wahrscheinlich zweckmäßiger. Es benötigt kaum Platz und stört damit weniger. Außerdem ist ein Stummelpedal in seiner Form auch nicht genau festgelegt, sodass man als Individualist seine eigenen Tastenformen und Maße verwirklichen kann. Neben den öfters erwähnten Stummeln können die Pedaltasten nämlich auch ähnlich wie Koppel- und Setzertritte nur wenige Zentimeter aus dem Gehäuse herausragen, wie bei manch altem Positiv. Damit kann man freilich nur Haltetöne spielen. Etwas mehr "Virtuosität" ist auf dem Klötzchenpedal oder Messerrückenpedal (wie es beispielsweise im "Dom Bédos" zu sehen ist) möglich. Meines Wissens waren die Pedalumfänge kleiner Orgeln oder Positive selten größer als eineinhalb Oktaven, und davon war die tiefe Oktave meist eine kurze.



    Man kann bei Kleinorgeln aber auch ganz auf ein (Stummel-)Pedal verzichten, Bormann schreibt dazu, dass Haltetöne auf pedallosen Orgeln "nach altem Brauch notfalls mit einem Bleigewicht auf der Taste" ausgehalten werden könen. Anstatt eines Bleigewichtes kann auch ein schön gearbeiteter "Arretierungsschieber" gute Dienste leisten. Nicht nur beim Orgelspiel ist es ein praktischer Helfer, auch beim Stimmen ist es ein sinvoller Gegenstand, der zudem für die Tasten schonender ist als ein Bleistift...



    Viele Grüße

    Stephan

  • Hallo, Herr Spitz,



    seit fast 20 Jahren benutze ich an meiner Hausorgel ein Stummelpedal. Die Tiefe des Pedalkastens beträgt 54 cm. Die Tasten sind normal, also hinten, gelagert. Der Entwurf für diese Weigle-Orgel aus dem Jahre 1943 stammt wahrscheinlich von unserem guten Supper.

    In der der Kirche versehe ich meinen Organistendienst auf einem BDO-Pedal. Ich kann Ihnen versichern, dass ich so gut wie keine Einschränkungen beim Spiel auf dem Stummelpedal verspüre. Meines Erachtens ist die gesamte Literatur auf einem so gebauten Stummelpedal spielbar.

    Es macht mich allerdings nachdenklich, dass der Platzgewinn nur dann eintritt, wenn man die Orgelbank ganz nach vorne rückt, was ich fast nie mache.

    Fazit: Wer den Platz hat oder wer die Orgelbank nicht bewegen möchte, wählt das Standard-Pedal, ansonsten reicht das hinten gelagerte Stummelpedal völlig aus.



    Viele Grüße

    Georg Haasbach