Rohrflöte

  • Liebe Orgelfreunde,

    mir gefällt der singende Klang der Rohrflöten, und deshalb soll meine Hausorgel eine 8´ Rohrflöte (Holz) bekommen. Den größten Einfluss auf die Klangfarbe hat wohl das Röhrchen. In meinen Orgelbüchern und in "Die Hausorgel" finde ich große Unterschiede bei Länge und Durchmesser der Röhrchen. Aus Platzgründen wird die tiefe Oktave meist gedeckt gebaut, das werde ich auch so machen, aber ich weiß nicht, welche Maße der Röhrchen den gewünschten singenden Klang garantieren.

    Wer hat Erfahrung mit Rohrflöten in einer Hausorgel gemacht und kann mir Maße angeben ( c0, c1, c2,c3)?

    Mit vorauseilendem Dank und freundlichen Grüßen

    Eberhard Biener

  • Lieber Herr Biener!



    Schauen Sie doch mal bitte in den Buch von Harald Greß

    die Klanggestaltung der Orgeln Gottfried Silbermanns,

    da stehen viele Mensuren von der Freiberger Orgeln und von

    der Dresdner Hofkirchenorgeln und noch viele andere Mensuren,

    vorausgesetzt Sie haben das Buch,wenn nicht kann ich Ihnen die

    Mensuren auch mailen.Ich bin Freiberger und ich kenne die

    Rohrflöten von Silbermann sie haben einen singenden Klang.

    Herzliche grüße und viel Spaß

    Christian Henkels aus Freiberg

  • Über den Bau von Rohrflöten wurde hier schon einiges geschrieben, m. E. klafft bei keinem Register Theorie und Praxis weiter auseinander!



    Soviel ich weiß, wird die Rohrflöte durchgängig gedackt gebaut, um möglichst neben dem Grundton den fünften Teilton, die Terz über der übernächsten Oktave hervortreten zu lassen.



    Doch bei meinen diesbezüglichen Hörversuchen konnte ich bislang nur bei einzelnen Pfeifen dieses Herausfiltern des 5. Teiltons als gelungen bezeichnen, meistens tritt der 3. Teilton stark hervor, womit die Pfeife zur Qunitadena wird, häufig hört man gar nur den Grundton.



    Von der Theorie her ist es wohl so, daß das dünne Rohr in dem Spund für den Grundton ziemlich bedeutungslos bleibt, im wesentlichen bleibt die Länge bis zum Spund für ihn maßgeblich. Der 2. Teilton kann sich, wie bei jedem Gedackt, nicht ausbilden; auch der dritte Teilton, die Duodezime, sollte ohne Resonanz bleiben, denn im Gegensatz zum Grundton wird das Röhrlein hierfür doch eine empfindliche Störung darstellen, der fünfte Teilton dann aber kommt zum Zuge: Das Röhrlein wirkt für die Terz als offene Pfeife; die als Mündungskorrektur bezeichnete Erscheinung des Heraustretens des Luftstroms bewirkt das leichte Höherwerden des Grundtons, da ja das Terzröhrlein nicht nur nach oben hinausbläst, sondern auch die Ausbreitung des Grundtons unterhalb des Spundes beeinträchtigt, indem das Terzröhrlein in die Gedacktpfeife gleichsam rückwärtswirkend hineinbläst.

    Vielleicht liege ich mit meiner Vorstellung ja ziemlich daneben, aber nur so kann ich mir die Herausfilterung des vielgepriesenen Terzgesanges erklären,

    Eure Kritik erwartend hoffe ich auf große Resonanz!


  • Lieber Herr Biener,



    der OBM Bartelt Immer hat mir eine Vorgehensweise zur optimalen Abstimmung des Röhrchens beschrieben. Mit seiner ausdrücklichen Genehmigung möchte ich das Verfahren hier weitergeben. Ich bin noch nicht dazu gekommen, es selbst auszuprobieren, wäre aber sehr an Ergebnissen aus dem Arbeitskreis interessiert. Die folgende Beschreibung bezieht sich auf Metallpfeifen, läßt sich nach meiner Einschätzung aber auch bei Holzpfeifen anwenden (dazu unten mehr).



    Ermitteln von Rohrduchmesser und Rohrlänge für eine Rohrflöte:



    1.) Zunächst wird eine Gedacktpfeife gebaut und der Deckel aufgesetzt (aufgelötet).



    2.) Der Deckel wird in der Mitte zunächst mit einem kleinen Bohrer angebohrt. Danach ist (wahrscheinlich) die Ansprache der Pfeife gestört. Die Bohrung muß jetzt stufenweise solange erweitert werden, bis sich (wieder) ein sauberer Ton ergibt - jetzt mit einer eindeutig hervortretenden verminderten Quinte.

    Damit ist der Innendurchmesser des anzubringenden Röhrchens ermittelt!



    3.) Jetzt wird ein Röhrchen (Innendurchmesser entsprechend ermittelter Bohrung!) mit Überlänge aufgesetzt.

    Dieses wird solange verkürzt, bis sich klar die erwünschte große Terz abzeichnet. An dieser Stelle wird der Grundton um eine große Sekunde (2 Halbtöne) angehoben worden sein.



    Das Ergebnis dieses Verfahrens soll den Maßen der Silbermann-Rohrflöten entsprechen!



    Mögliche Umsetzung bei Holzpfeifen:



    Bei Holzpfeifen muß berücksichtigt werden, das Bohrungen (zum Ermitteln des Rohrdurchmessers) im Stöpsel ja schon ein Rohr ergeben. Um das zu umgehen, müßte der "Test-Stöpsel" ganz flach sein, vielleicht aus Blech gefertigt werden. Alternativ könnte man eventuell auch einen Teststöpsel aus Holz verwenden, der in der Mitte mit einem weiten Bohrer (Forstnerbohrer oder speziellen Holzbohrer) soweit angesenkt wird, daß auf der Unterseite nur ca. 1mm Holz stehen bleibt. Oder man bohrt ganz durch und klebt an die Unterseite eine Blechschreibe, an welcher die Testbohrungen durchgeführt werden.



    Lieber Herr Biener, es wäre schön, wenn Sie diese Methode einmal ausprobieren könnten und Ihre Ergebnisse ins Forum stellen.



    Ich wünsche Ihnen jetzt viel Erfolg bei Ihren Versuchen.



    Viele Grüße



    Klaus Suhr

  • Korrektur

    zu meinem Beitrag von heute:

    Im letzten größeren Absatz steht "Blechschreibe" ! Natürlich ist eine "Blechscheibe" gemeint - auch auch eine Blechplatte, die mit Uhu Plus o.ä. angeklebt werden können.

    Klaus Suhr

  • Meiner Pädagogen Klage von einstens scheint sich nun im wörtlichen Sinne bewahrheitet zu haben: Ich hör' wohl schlecht!



    So wie ich bereits früher einmal den Versuch unternahm, dem Gesange einer selbstgebauten Rohrflöte lauschen zu können, und damit kläglich versagte, so gelang es mir trotz vorstehend beschriebener detailierter Vorgehensweise wiederum nicht, die im Klang neben dem Grundtone vorherrschende Quinte zu mäßigen, um die charakterisierende Terz hervortreten zu lassen; zwar möchte ich den quintigen Klang meiner Probe-Rohrflöten keineswegs als unschön bezeichnen, im Gegenteil, gegenüber der Quintadena empfinde ich ihren Ton als wesentlich flötig-weicher, indes hört sich die vollendete Klangwahrheit einer echten Rohrflöte wohl anders an...