Warmleim

  • Mich erreichte eine E-mail von unserem Orgelbaufreund Jürgen Vogel, in dem er - wie ich meine - über eine für uns wertvolle Erfahrung berichtet. Ich gebe seine Hinweise im Folgenden wieder:



    Im Aldi hat man vor Kurzem einen Reiskocher für etwa 15,00, später 9,99 € verkauft. Ich habe mir dabei gedacht, was für Reis gut geht und berechnet ist, kann auch für Warmleim gehen.

    Also kaufte ich mir noch zwei Reiskocher.

    Unser Probelauf hat ergeben, dass es wunderbar geht. Etwa 5 Minuten auf Kochstufe und dann manuell auf Warmhaltestufe umschalten. Manuell, weil das Gewichtverhältnis zu Reis, wenn das Wasser aufgebraucht ist,(wonach alles berechnet ist und automatisch auf Warmhalten schaltet) nicht passen kann bei flüssigem Warmleim.

    Die Kostendifferenz zu einem Warmleimkocher ist sicherlich nicht zu übersehen, nur für´s Beledern braucht man dann noch einen Heißwassertopf.

    Viele Grüße Hans-Jürgen Vogel.



    Wer mehr wissen möchte, kann direkt mit Jürgen Vogel Kontakt aufnehmen unter Jürgen Vogel<Orgelbau-Vogel@gmx.de>



    Andreas Richter

  • Bislang brachte ich ausschließlich den in Bastlerkreisen seit Generationen beliebten Ponal-Kaltleim zur Anwendung; angeregt durch vorstehend gegebenen Hinweis zum Erwerb eines preisgünstigen Warmleimkochers möchte ich die Frage stellen, was der Vorteil des Warmleimes sei, ob bei seiner Verwendung die vermutete erhöhte Verbindungsfestigkeit überhaupt den Aufwand an Gerätschaft rechtfertige.



    Weiß eigentlich jemand, wo die Redewendung herkäme, "jemanden auf den Leim gehen" ?



    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,



    auf http://www.wispor.de/wp-red-l.htm steht zum Sprichwort:



    Heute: hereinfallen, hereingelegt werden...

    Der Begriff kommt aus der Fallenstellerei:

    Vor allem Vögel, wurden mit Leim, der auf einen Ast etc. geschmiert wurde, gefangen. Mitunter wurde dazu auch Pech benutzt. Auch Mäuse sollen mit Pech oder Leim beschmierten Brettern? gefangen worden sein.



    Warmleime gibt es als wiederloesbare Klebeverbindung. Ist der Leim erkaltet haelt er, warm gemacht ist das Bauteil zerlegbar. Das ist schon ein grosser Vorteil zum Ponal. Mehr Details muessten unsere Schreinerkollegen beisteuern koennen. Ich verwendete aber auch normalen Holzleim.



    Viele Gruesse

    Thomas Reinhardt

  • Hallo Wolfgang,



    eine erhöhte Verbindungsfestigkeit des warmen Leimes würde ich nicht behaupten.

    Obwohl, Ponal klingt mir so nach Heimwerkerleim, dann vielleicht schon. ;-)

    Ich verwende den warmen Leim gerne, aber das liegt wohl in meinem Berufsbild Restaurator begründet. Auch für meine Hausorgel habe ich ihn oft verwendet, aber auch stark aus historisierenden Gründen.



    Der Unterschied liegt meiner Ansicht nach in diesen Punkten:

    -warmer Leim bringt Substanz, klebt also auch da, wo keine ganz exakte Passung da ist, weil der Leim die Fuge füllt.

    -bei vielen Arbeiten ist warmer Leim besser geeignet, weil er relativ schnell eine Ersthaftung hat. Also einen kurzen Moment mit dem Finger angeftet, dann ist das Bauteil schon mal fixiert. Weißer Leim lässt die Bauteile oft 'schwimmen'

    -Elastizität der Leimfuge. Warmer Leim gibt eine statische, bei Verdrehungen brüchige Fuge, weißer Leim eine elastische.

    -Normaler D3-Leim ist eigentlich schon Wasserunlöslich (3 Wochen im Wasserbad im Freien hat bei einem Test bei uns keine Lösbarkeit der Fuge ergeben) Warmer Leim ist sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit (oder hohe Luftfeuchte) da er organisches Material ist, und schimmlig werden kann.



    Warmer Leim sollte höchstens 5 bis 6mal aufgewärmt werden.

    Er wird ja immer an der Grenze zur Denaturierung aufgewärmt.

    Er verliert dann rasch seine Klebekraft. (Aufpassen auch bei nicht temperaturabschaltenden Geräten. Eine Erhitzung leicht überhalb der Verarbeitungsgrenze macht den Leim kaputt)



    Wenn die Zeit zur Verarbeitung nicht ausreicht, weil der Leim zu schnell erkaltet, dann werden die Bauteile leicht vorgewärmt. (Dafür gab es früher riesige erhitzbare Zinkplatten)



    Warmer Leim ist hervorragend zur Restaurierung/Reparatur geeignet (mal abgesehen davon, dass es meist der zu verwendende Werkstoff ist) weil er sich leicht mit warmem Wasser verdünnt in einer Injektionsspritze durch kleine Löcher (1mm-Bohrer) einbringen lässt. Hier kommt wieder seine Eigenschaft des Fugenfüllens positiv ins Spiel.



    So, dass waren jetzt viele Überflüssige Informationen.

    Aber ist mir zu dem Thema einfach eingefallen.



    Johannes


  • "Überflüssige Informationen", wahrlich im positiven Sinne zu verstehen, lieber Johannes, und in den Überfluß mündet die sachkundige Erfahrung des Meisters; vielen Dank dafür, daß Du Thomas' Aufforderung nachgekommen bist, "Details beizusteuern".



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    Mit Freude stelle ich fest, daß Dein Orgelbautagebuch zeigt, wie das Gehäuse nun die Montagehalle verlassen hat, um in dem Konzertsaal Platz zu nehmen; etwas mißmutig blicke ich meinen Werkstattkeller, wo ich immer noch dabei bin, die Schleifen für die Pedallade anzufertigen - im August bin ich gerade einmal ganze drei Stunden dazu gekommen, daran etwas zu machen, und das, obwohl ich keineswegs urlaubshalber verreist wäre. Da ist es gut, trostreiche Vorbilder zu haben, um an dem hehren Ziel mit eisernem Willen trotz allem Zeitmangel festzuhalten, allen voran die "Reinhardt"-Orgel mit den Engelein ...