Oberflächenbehandlung Invisibilium

  • Öle und Wachse treten in den Wettstreit mit Beizen und Lasuren, um in Oberflächen, namentlich des Gehäuses einzudringen, Gold- und Silberfarben verhelfen Pfeifen und Engelchen zu strahlendem Glanze, daß das Auge das Gemüt des Betrachters auf das zu erwartende Hörbare einstimme, um in vollendeter Harmonie der Sinne das Wohlgefühl bei Zuhörer und Spieler auszulösen.



    -huch, welch ein schwülstiger Introitus, eigentlich wollte ich nur fragen, da ich ja noch Jahre von der Frage nach der Gehäusegestaltung entfernt bin, wie denn die unsichtbare Welt der Orgelinnereien zu behandeln sei, die vielen den Augen des Besuchers verschlossenen Hebelchen und Stäbchen, die in ewiger Finsternis eingespannten Ventile, überhaupt alle Flächen und Einzelteile der Windladen; bislang ließ ich sie einfach mit Schnellschleifgrundierung ein, genügt das oder sollte man mehr tun, genügt vielleicht gar, es bei der rohen Holzoberfläche zu belassen, ohne irgend welchen Behandlungsaufwand?



    Es grüßt Euch der sich vor zusätzlichem Aufwand scheuende

    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,



    ich denke, dass historischen Vorbildern folgend eine roh geschliffene Oberfläche das Orgelinnere zierte.



    Dies dürfte genau so für die Hausorgel gelten. Ich gehe davon aus, dass bei Dir ein für 'Vollholzmöbel' günstiger klimatischer Bereich hergestellt werden kann.



    Mit 'Schnellschliffgrund' verwendest Du wohl eine physikalisch härtende Lackbasis. Darin sehe ich eventuell folgende Schwierigkeiten:

    -gemessen an einem Orgelleben dürfte sich eine mäßig dick aufgetragene Schnellschliffgrundierung relativ bald von selbst verflüchtigen

    -an beweglichen Teilen könnte sich durch Reibung ein klebriger Abrieb bilden



    Aus meiner Sicht als Schreiner dürften sich die unstrapazierten Flächen im Orgelinneren für den rohen Zustand anbieten. Ein Überzug bildet immer eine (wenn auch geringe) Sperrwirkung gegen den hygroskopischen Ausgleich.

    Je besser dies möglich ist, um so weniger können sich Spannungen aufbauen, die eventuell zu Rissbildungen führen können.



    Aber keine Sorge, mit Schnellschliffgrund behandelte Teilen werden durch die Luftbewegungen im Orgelinneren bald wieder roh sein. ;-)



    Schöne Grüße

    Johannes

  • Danke, lieber Johannes,

    für diese tröstlich-erlösende Antwort, auf die ich insgeheim schon gehofft hatte!



    Der Clou mit der Clou-Schnellschliffgrundierung ist halt, daß ich die sägerauhen Kanten ohne zu hobeln recht ordentlich glatt kriege mit leichtem darüberschmirgeln...



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    Mag der Akademiker noch so gut in der Theorie sein,

    der Handwerksmeister spricht stets aus der Praxis!

  • Lieber Wolfgang,

    zu Deinem kursiven Nachsatz:

    vielleicht antworten Dir viel mehr Akademiker, als Du glaubst!



    UnsereOrgeln haben wir im Inneren mit einem härtenden Ölantrich behandelt. Dafür gab es mehrere Gründe:

    1. Schutz der gehobelten Oberfläche

    2. Imprägnierung

    3. schallabweisende Eigenschaften.

    Wir verwendeten vorwiegend Leinölanstriche, aber auch Tungöl,solo oder gemischt,ist hervorragend. Über eine solche Oberfläche kommt man schnell und effizient mit dem Staublappen und sie bietet einen gewissen Schutz gegen schnelle Wiederverschmutzung.

    Eine Orgel ist inzwischen innen mit Schaumstoff ausgekleidet, damit die Lautstärke erheblich gedrosselt werden konnte.

  • Edward Syska:
    ...vielleicht antworten Dir viel mehr Akademiker, als Du glaubst!





    Sogar mit Doktorgrad!, weder Latein ge-, noch ein Handwerk erlernt stelle ich mich, umgeben von Koryphäen, erneut die Frage, zu was ich neben dem Stellen überflüssiger Fragen überhaupt fähig sei...





    Kaum wird mein Wissensdurst wegen Oberflächenbehandlung gestillt, möchte ich Dich, lieber Edward als Behandlungsspezialist fragen, wie das mit der Schaumstoffinnenauskleidung zu verstehen sei, kraft derer "die Lautstärke erheblich gedrosselt werden konnte"; handelt es sich dabei um mögliche Klappergeräusche oder um die Lautstärke der Pfeifen?





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    Ein Mensch, beim Internet-Spazierengehn,

    sah einst das Orgel-Selbstbau-Forum stehn,

    Sofort erwacht in ihm ein alter Zwang:

    der Eigne-Orgel-haben-wollen-Drang!

    Im Forum wird er schnell zur Plage:

    die Fragen reiht er an die Frage.

    So mancher denkt im Stillen bloß:

    "Wie werden wir den Kerl los?"

    Der Mensch, fast forum-exkommuniziert

    vollendet seine Orgel ungeniert...

  • Solange deine Fragen nicht nur der Frage wegen gestellt werden, sodern Dich und andere weiterbringen, wird dich sicherlich niemand exkommunizieren

  • Lieber Wolfgang,

    wir wollten damit die Lautstärke der Pfeifen mildern. Die Orgel ist in einem Schrankgehäuse und hat 2 kleine Flügeltüren. Durch Innenauskleidung mit dem Schaumstoff ist das Instrument bei geschlossenen Türen sehr, sehr leise und stört im Mietshaus auch nach 22 Uhr nicht. Allerdings ist die Klangdrosselung nur der Umstände wegen, sie wirkt sich auf die Klangqualität schlecht aus.

  • Sehr trostreich für mich ist zu erfahren, daß auch andere Hausorgelfreunde Rücksicht auf nachbarliche Hausbewohner nehmen müssen; längst sind meine Freiheiten vorüber, als in dem Vaterhause lediglich die Familie zur Zuhörerschaft geworden war.



    Meine Überlegung geht dahin, wenigstens die Pfeifen des zweiten Manuals in einem verschließbaren Schwellwerk anzuordnen; da das alles noch ferne Zukunftsmusik ist, muß ich mich glücklicherweise noch in keiner Weise festlegen, ob Türen oder Schwellbretter für die Schalldämmung des nächtlichen Spiels sorgen werden.



    Mit dem Wunsche größtmöglicher Harmonie im Spiel wie im Wohnhause grüßt Euch

    Wolfgang