Flötenschwebung

  • Hallo!



    Bin gerade einen Gedanken am spinnen.

    Im Barock wurde ja ab 1740 oft im Positiv ein Traversflöte disponiert, häufig nur Diskant.



    Vorher gab es z.B. bei Stumm eine Discantflöth, die Principalmensur hatte und zylindrisch offen war.

    Durch die tiefe Lage der Kerne und ein leicht nach außen gezogenes Oberlabium erreicht man einen Ton, der stark in Richtung Querflöte geht.

    G. Silbermann baute seine Unda maris auch so.

    Stumm und Silbermann entstammen der gleichen Schule, wobei Stumm noch mainfränkische Einflüsse hatte.

    Wenn man nun nur ein Manual hat und, sagen wir mal, Gedackt 8' und Discantflöth 8' registriert, geht der Charakter der Flöte unter, wegen des Gedackt.

    Sie soll ja eine Solostimme sein.

    Leider sind von Stumm nur 2 Discantflöten erhalten.

    Traversflöten (Birnbaum) genügend. Sie waren nicht schwebend gestimmt.

    Evtl. war es aber die Discantflöth. So wie Silbermanns Unda Maris.

    Was meint Ihr?



    Gruß,

    Andreas

  • Hallo,



    ich habe keine Ahnung, also werde mich hier auch nicht mit historischen Schwebungen befassen können.



    Aber ich habe da auch eine Idee. Auf der Diskantseite der Hauptwerkslade ist ja bekanntlicherweise mehr Platz als auf der Basseite. (Wegen der kleineren Durchmesser). Da viele Hausorgeln ja eh geteilte Schleifen haben, ist es naheliegend, auf der Diskantseite ein zusätzliches Register unterzubringen.



    Bisher hatte ich mit einer Aliquoten wie Quinte 1 1/3' geliebäugelt, die später rein soll. Aber mit Hausorgeln ist das ja immer so eine Sache mit der Lautstärke. Wie wäre es, eine Unda maris oder Vox coelestis, also eine zum vorhandenen 8' schwebend gestimmte Stimme im Diskant zu dispositionieren? Die pfeifenlänge hält sich bei gedackter Bauweise im Rahmen, und man kann seine piano-8' Registierung abwandeln, ohne gleich den 4' ziehen zu müssen.



    Hat jemand Erfahrung mit schwebenden stimmen im Wohnzimmer? Lohnt sich das, oder nervt der Klang nur?



    gruß,

    Ulf

  • Hallo Ulf,



    ein schwebend gestimmtes Register gezogen zu einem in gleicher Fusstonlage klingt aehnlich einem solistischen mit Tremulant. Der grosse Unterschied ist aber die stabile Schwebung bei der Registerkombination. Tremulanten in Hausorgeln moechte ich nicht empfehlen. Ihre Wirkung ist oft bescheiden, wenn vom Luftverbrauch abhaengig und dieser schwankt von Pfeife zu Pfeife. Da gefaellt mir das schwebende Register zu einem normal gestimmten besser. Zwei Beispiele von schwebenden Registern in Hausorgeln habe ich gehoert: die Hausorgel von Fritz Dienstbach (Die Hausorgel 16/2005) und die von Werner Goetz. John Boersma hat auch Schwebungen gebaut und empfiehlt eine leicht streichende, schwebende Stimme zum Gedeckt 8'.



    Viele Gruesse

    Thomas Reinhardt

  • Hallo,liebe Diskutanten zum Thema Flötenschwebung!



    Das Thema möchte ich umwandeln in „Schwebung“, da die Bedingungen eines schwebenden Registers in einer kleinen Orgel etwas anders sind als im Großinstrument. Zunächst hier die Beschreibung der Verhältnisse in meiner Hausorgel: Als 8’–Register steht im zweiten Werk eine Viola di Gamba, von C bis e in gedeckter Quintadenbauweise, ab f gilt die Mensur des Johann Andreas Heinemann aus der Orgel der Stiftskirche zu Wetter (veröffentlicht in Ars Organi von Dr. Martin Balz, Juniheft 2000). Von C bis e sind die Pfeifen gemeinsam mit der Schwebung 8’, die ab f wirksam wird. Dieses Register ist um einen Halbton weiter als die Gamba und wurde gebaut als zylindrisches Dolce, deutlich schmaler labiiert als die Gambe. Gestimmt ist die Schwebung um ein Geringes höher als die übrigen Register der Orgel. Ich habe also auf diese Weise eine Streicherschwebung geschaffen. . . . Über Manualkoppel ist die Holpijp – 8’ mit der Schwebung zusammen zubringen. So entsteht eine Flötenschwebung. Selbstverständlich kann ich weitere Kombinationen registrieren, die unter Hinzunahme der Schwebung eine merkbare Klangveränderung erhalten. Die gemeinsame Nutzung der Pfeifen C bis e durch Gamben- und Schwebunsregister wird keineswegs als Mangel empfunden. Mit dem Subbaß 16’ zusammengespielt ist ein Solo mit der Schwebung möglich. Seinem Charakter nach stellt die Dolce–8’–Reihe ein ausgesprochen zartes Register dar, das in sich sauber gestimmt, spielbar ist um Mitternacht und im Nachbarzimmer nicht zu hören. Alle weiteren brauchbaren Registermischungen mit der Schwebung haben ebenfalls keine zusätzliche Lautstärkenbelastung.



    Die Bauweise der Schwebungen in Großorgeln ist gekennzeichnet durch die Tatsache, dass Grund- und Schweberegister oft auf einem Stock stehen und mit einer Schleife bedient werden. Die vielseitige Verwendung in der Hausorgel in der oben ausgeführten einreihigen Form wird man im Großinstrument suchen und eher nicht finden.



    Nun einen Ausflug in die Historie des niederländischen Hausorgelbaus des 18. Jahrhunderts: Damals gab es eine sehr häufig verwendete Disposition bei Kabinettorgeln: Holpijp 8’ und Prestant 8’ Diskant. Danach folgen Fluit 4’, Quintfluit 3’ ect. Hier interessiert nur der 8’–Teil der Disposition. Es macht wenig Sinn, im Diskant den Prestanten 8’ solo zu spielen oder in Kombination mit der Fluit 4’. Das mag kurzfristig ganz nett klingen, ist aber musikalisch unergiebig. Das Hinzuziehen des Prestanten 8’ zur Holpijp 8’ ändert nur wenig den Klangcharakter der Holpijp. Niederländische Organologen sind der Ansicht, dass der Prestant 8’ damals als Schwebung gestimmt war. Damit ergibt sich ein Sinn in der geschilderten Disposition. Leider ist kein Schweberegister in den kleinen Instrumenten erhalten geblieben, es bleibt also bei der Vermutung . . . Allerdings ändert sich das Dispostitionsverhalten gegen Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts dergestalt, dass die Holpijp 8’ nun eine geteilte Schleife erhält, praktisch immer bei h / c’ und die Auswahl der 8’ – Diskantregister breiter gefächert wird. Die Annahme sei erlaubt, anzunehmen, daß es hier nun um den Wechsel von Klangfarbem im Diskant ging. Es finden sich auf dem Diskantplatz des Prestanten 8’ unter anderem auch Traversflöte 8’ oder Viola di Gamba 8’. Letzteres Register steht in einem Positiv (1781) in Nijmegen des Antonius Friedrich Gottlieb Heyneman. Um diesen Diskurs zu schließen: Jener A.F.G. Heynemann ist ein Sohn des oben genannten J.A. Heinemann.



    Aus den obigen Schilderungen ergibt sich unschwer die Erkenntnis, dass ich mit dem Schweberegister meiner Orgel „glücklich“ bin. Ein Tremulant wurde in den Vorüberlegungen zum Bau meiner Hausorgel ausgeschieden, da er musikalisch keine so breit angelegte Verwendung ermöglicht, wie es die Schwebung 8’ kann. Hätte ich die Wahl zwischen einem „hochliegenden Aliquotengeklingel“ ( eine Terz 1 3/5’ Diskant steht in meiner Hausorgel – anderes Thema – ich würde jederzeit die Schwebung 8’ vorziehen.



    Frohes Schaffen und viel Erfolg beim Gedankenspinnen

    Fritz Dienstbach






  • Die Musik aus der Zeit der Stumm-Orgeln läßt mich vermuten, daß die Diskantflöten im Stil der konzertierenden Flöte gespielt wurden, Begleitung im Baß. Sie war wohl nicht bewußt schwebend gestimmt (was diese Möglichkeit einschränkt), dürfte aber leicht in "Spannung" zum anderen 8' geklungen haben (also eine quasi natürliche Schwebung).



    Ich habe schon immer gerne mal bei 2x8' oder 2x4' eine Schleife etwas hereingeschoben und die Register gegeneinander zum Schweben gebracht (geht sogar bei einer W.-Serienorgel), nur ist die Schwebung nicht übers ganze Manual gleichartig.

    Ich spinne daher schon längere Zeit an einer Idee dazu:

    für so eine Flöte zwei Schleifen anlegen (Wechselschleife) -

    von der einen Schleife normaler Wind -

    hinter der anderen Schleife Schrauben zur Verringerung des Windzuflusses.

    Zuerst wird die Flöte korrekt gestimmt, dann mit der andere Schleife durch Reduzierung des Windes mittels Schrauben tiefer schwebend "gestimmt". Ob's funktioniert? Wenn ja, wäre es vielleicht auch bei einer Hausorgel interessant.

    Es güßt Wolfgang P.

  • Hallo!



    Ich habe auch schon Experimente wie Halbziehen einzelner Schleifen beim Spielen gemacht, ist beim Üben oder sonstigem Privatspiel ja auch mal ganz witzig...



    Ihre Idee mit den zwei Schleifen für ein Register, wobei bei der einen Schleife weniger Wind die Pfeifen erreicht, ist ja oft in der Romantik gebaut worden, für den Subbaß, der eben zusätzlich eine Windabschwächung bekam, um ihn auch leiser spielen zu können; dann hieß er oft "Zartbaß" oder "Sanftbaß".



    Ihre Idee, bei einem Flötregister eine solche Windabschwächung einzubauen und es dann mittels Stellschrauben

    schwebend zu "stimmen", wird wohl nicht den gewünschten Erfolg haben; sie hätten denselben Effekt wie beim oben erwähnten Halbziehen der Schleifen. Und stimmen kann man nun wirklich nur am Pfeifenwerk selbst.

    Ich empfehle Ihnen deshalb, falls Sie eine schwebende Stimme bauen wollen, sich ein wirkliches Register in die Orgel zu stellen, möglicherweise eine offene Flöte 4´ Diskant oder eine Vox coelestis 8´, Baß evtl. mit gedeckter 8´-Stimme kombiniert, ab g dann eigenständig (ca 2 2/3´ Länge).



    Viel Freude weiterhin!

  • Hallo zusammen



    kurze Info zum thema.



    habe in meinem Instrument im zweiten manual

    holzgedackt 8, viola 8, salional 8, vox coelestis 8 installiert.(alle register stammen aus der orgel weigle op 750)

    vox coelestis mischt sich mit allen stimmen.

    Sehr interessant ist die mischung viola salicional und vox coelestis.

    es funktioniert sogar mit dem principal 8 aus dem ersten manual

    habe zwar einen tremulanten (auslass)eingebaut benutze diesen aber nicht. (Der Tremulant stört vom funktionsgeräusch)



    gruß



    h. kabbeck


  • Ne, sorry, ich glaube schon, daß das geht. Ich sehe als Parallelbeispiel die Einrichtung von Voigt, Liebenwerda:

    seine Tischorgel kann man komplett mit einem Hebel geringfügig umstimmen, um sie dem Stimmton von Instrumenten anzupassen. (Ich habe bislang nur Phantasien, wie er das macht, aber durchaus konkrete....).

    Es muß also gehen, über den Wind die Tonhöhe ohne gravierenden Einfluß auf die Intonation anzupassen.

    Wolfgang P.

  • man kann auch mit einem wechselrichter die drehzahl der gebläsemaschine verändern.

    wenn kein hauptbalg eingebaut ist erreicht man auch eine windabschwächung bzw eröhung und verändert in gewissen grenzen den ton

    habe das in versuchen auf meiner intonierlade herausgefunden

    aber nicht in die praxis umgesetzt, da ich bei meinem instrument ne vernünftige winderzeugung mit hauptbalg habe.

    es gibt wechselrichter für induktionsmotoren schon für kleines geld bei ebay

    die wechselrichter sollten nur dem elektromotor der windmaschine angepasst sein. (zu grosse leistung kann die maschine überhitzen bei frequenzen unter 40 hz als vorsicht)

    wer sich mit elektronik auskennt, kann so auf einen balg verzichten ist aber nur was für tüftler

    im übrigen hat mein subbass 16'auch ne windabschwächung allerdings nur in der untersten oktave .

    habe da zwei magneten für je eine pfeife.

    bei den tiefen tönen fällt das kaum auf das der ton bei windabschwächung etwas niedriger ist



    noch frohe restpfingsten



    gruß



    harald kabbeck

  • Hallo elektrisch versierte.



    Mich interessiert das mit dem Frequenzumrichten sehr. Ich habe ein Drehstromgebläse an Steinmetzschaltung mit Betriebskondensator, d.h. an den Kontakten liegt



    0°, 90° und 180° Phase an, die 90° macht der Kondensator. Stimmt doch oder?



    BEi Drehstrom stimmen die Spitzen der Spanung mit dem umlaufenden Anker überein, 0° 120° 240°.



    Nun bin ich als Physiker theoriestark, allerdings fehlt es mir an dem Wissen von bereits erdachten Lösungen.



    Kann ich jetzt einfach die Frequenz meiner Wechselspannung ändern, also die Zeit, die zwischen 0 und 180° liegt? Dann müste ich doch strenggenommen den Kondensator so anpassen, dass seine Kapazität wieder "90°" entspricht- Wenn ich beispielsweise die Frequenz erniedrige, ist der Kondensator zu schnell, ...



    Heisst im Klartext: Was tun? Gibt es vielleicht Geräte, die sofort Frequentumrichter und Phasenschieber in einem sind? und immer 0 120 240 liefern, egal bei welcher Frequenz?.



    Ulf

  • Hallo



    Um wieviel Hz soll eine Schwebung höher gestimmt sein ?

    Hat jemand das mal gemessen?

    Soll eigentlich das schwebende Register in sich auch stimmen?

    In der 3gestrichenen Lage hat man manchmal den Eindruck,

    daß die Töne stark verstimmt sind durch die schnellen Schwebungen.



    Gruß Berndt Kühnel

  • Hallo.



    In der obigen Diskussion geht es um Flötenschwebung mit höher gestimmtem Schweberegister, wie Vox coelestis etc..

    Hat sich schonmal jemand aus unseren Hausorgelbau-Reihen mit tiefer gestimmten Schweberegister befasst (in unserer Kirchenorgel steht da eine Bifaria 8´ schwebend zu ´nem Gemshorn 8´. Die Bifaria ist leicht tiefer gestimmt - es klingt herrlich weich und schön ruhig schwebend.) Wie würde sich so etwas in einer Hausorgel machen?



    Schöne Grüße



    Achim