Windkanaldurchmesser

  • Hallo Ihr!



    Ich habe gestern voll elan eine neue Windkanalführung für meine Pedallade fertig gestellt, mich erleichtert nach dem Einbau spät abends an die Orgel gesetzt, den Startknopf gedrückt und - nichts, nur ein leises Hüsteln des Gedackt 8'. Enttäuscht bin ich dann ins Bett.



    Ich habe einen enges Stück Windkanal von zwar nur 3cm x3cm, der ist aber auch nur 20 cm lang und mündet dann in die Pedallade. An den Enden ist die Querschnitterweiterung ziemlich scharfkantig. Oft las in in "Die Hausorgel" die Strömungsdynamischen Abhandlungen mit Interesse. Ich befürchte, die sind mir jetzt auf die Füsse gefallen.



    Was mich interessieren würde, wären mal ein paar Angaben eurer ungefähren Querschnitte vom Balg bis zur Pedallade, und die Länge, damit ich weiss, ob ich die innere Ordnung meines Unterbaus komplett umbauen muss, oder ob es sich lohnt, mit ein wenig glattfräsen und auskleiden hier etwas zu erreichen.



    beste Grüsse

    Ulf

  • Das ist verständlicherweise sehr ärgerlich, nach Einbau eines neuen Kanals - und das Gedackt "hüstelt" nur noch!



    Gehen wir systematisch an die Suche der Ursache. Sicherlich sind 3 x 3 cm Kanalquerschnitt sehr wenig, aber auf einer Länge von nur 20 cm müßte auf jeden Fall zumindest der Ton einer einzelnen Pfeife klar zu erzeugen sein.



    1. Statischer Druck in dem Ventilkasten.

    Messe den Druck vor dem Kanal und darnach, also im Balg oder an der Stelle, an welcher der Kanal das Gebläse verläßt und in dem Ventilkasten: Es darf sich bei geschlossenen Ventilen kein Druckunterschied ergeben, selbst wenn der Kanal dazwischen noch so schmal ist; der Staudruck ohne Verbrauch ist im gesamten System der gleiche. Wenn das erfüllt ist, weiter mit 4.



    2. Undichte Ventile.

    Wenn tatsächlich der statische Druck in dem Ventilkasten niedriger ist als im Balg, liegen Undichtigkeiten vor, die möglicherweise erst jetzt mit dem dünnen Kanal richtig in Erscheinung treten. Nimm die Pfeifen bzw. die Konduktenschläuche heraus und lege Papierstreifen über die Löcher, sie dürfen sich bei geschlossenen Ventilen nur ein ganz klein wenig erheben, keineswegs davonfliegen; andernfalls schließt das betreffende Ventil nicht.



    3. Pulpeten.

    Wenn nun der Ventiltest positiv verlief, bleiben unter der Annahme, daß der Venilkasten selbst dicht ist, insbesondere die Anschlußstellen des Kanals, nur noch die Pulpeten. Gerade die bei Stechermechanik häufig durchgeführte Abdichtung mit einfachen Filzscheiben, welche sich mit den Stechern bewegen, kommt es bei nicht genauer Einstellung zu Undichtigkeiten; wegen einer ist es egal, aber wenn viele zischeln, summiert sich das zusammen.



    4. Kanzellengitter.

    In deinem Fall, Ulf, liegt, wenn ich mich recht erinnere, kein Gitter vor, weil ohnehin nur ein Register vorhanden ist. Recht gemein sind Undichtigkeiten im Gitter, da man sie für gewöhnlich nicht mehr bereinigen kann. Lege Papierstreifen wie oben beschrieben auf die Löcher des Pfeifenstocks und beobachte beim Ziehen eines Ventils die benachbarten Auslässe: Heben die benachbarten Papierstreifen beim Öffnen eines Ventils ebenfalls ab, liegt es an undichten Schieden, eine üble Sache. Aber zu einem enormen Druckabfall sollten solche inneren Undichtigkeiten nicht führen, allenfalls säuseln benachbarte Pfeifen mit.



    5. Dynamische Druckmessung.

    Messe den Luftdruck vermittelst eines T-Stücks am Anfang des Konduktenschlauchs und dann am Ende am Pfeifenfuß. Es wird sich immer ein Unterschied ergeben, die Schläuche kann man nicht immer sehr groß im Querschnitt wählen. In Grenzen ist ein Druckverlust auch erlaubt, solange eben die Pfeife noch richtig erklingt. Beobachte bei der Gelegenheit auch den Druckaufbau bei vorsichtigem Öffnen des Ventils; ist der Druck und damit für gewöhnlich auch der Ton erst bei vollkommen geöffnetem Ventil erreicht, ist es zu klein dimensioniert. Der Druck sollte am Anfang des Konduktenschlauchs bereits bei wenig geöffnetem Ventil sich in seiner vollen Höhe ausbreiten und bei weiterer Öffnung kaum mehr ansteigen, dann ist das Ventil richtig dimensioniert. Den gleichen Versuch kann man mit den Schleifen durchführen (wenn vorhanden); erreicht der Druck erst bei voller Öffnung der Schleifenlöcher seinen Höchstwert, sind die Löcher zu klein.



    So bleibt mir nur noch, Dich und allen gegen Undichtigkeiten kämpfenden Kollegen mit einem Spruch aufzuheitern:



    "Was nach allen Seiten hin offen ist, kann nicht ganz dicht sein"

    Wolfgang.

  • Hallo,



    auch wenn ich mich bei diesem Thema unbeliebt mache.

    Kurz meine Erfahrungen zum Thema Windversorgung.

    Kurze Beschreibung der Windversorgung an meiner Orgel.

    Gebläsemaschine: 7,5 m3/min 110 mm Ws Druck

    Hauptmagazin: Maße:1,20m x 0,60 m reduziert auf 90 mm Ws

    Holzkanal 10x10 cm mit 2x 45 ° Versatz zur Lade I Man.

    6 Register Schwimmer reduziert auf 72 mm Ws.

    Winddruckmessung: mit 2 Manometer Anzeigebereich 0 - 160 mmWs bzw 0 - 16mbar, System Kapselfeder, Genauigkeitsklasse 1,6 und u-Rohrmanometer.

    zwischen Ausgang Hauptmagazin und Lade 1. Man. bei Leerlauf

    Druckverlust ca. 1,5 mmWs

    bei Anschlag mit 10 Finger in der grossen Oktave entsteht im Verbindungskanal ein Druckabfall von 5-8 mmWs der aber vom Schwimmerbalg unterhalb der Lade aufgefangen wird.

    Das U-rohr zeigt dabei 71 mmWs an.

    Das II Manual ist mit einem Pappwellschlauch rund 80 mm Durchmesser mit dem Hauptmagazzin verbunden.

    Da das 2. Manual unterhalb der Lade auf 65 mm einreguliert ist,

    ist ein Druckabfall bei vollgiffigem Spiel mit dem U-Rohr micht messbar.(2 8'Register)

    Es liegt genug Dampf unterhalb der beiden Laden an.

    die zur Zeit angeschlossenen Transmissionsladen, und zwar:

    das Principal 8' und die Viola 8' haben Verbindungskanäle aus 50 mm HT Kunsstoffrohr.diese sind direkt am Hauptmagazin angeschlossen.Das U-Rohr zeigt bei Anschlag C E G einen Druckabfall von 5 mm an, was ich aber nicht als störend empfinde.(vielleicht baue ich noch einen kleinen Schwimmer mit Schenkelfeder ein um den Druck auf 85 mmWs einzustellen)

    Vorher hatte ich einen quadratischen Verbindungskanal aus Holz von 5x5 cm angeschlossen (Principal) in dem ein Druckabfall von 10 mmWs am U-Rohr ablesbar war.Das machte sich schon als tieferen Ton bemerkbar.

    Nach meinem Empfinden lag es noch in der Toleranz und gab der Orgel einen leichten schammigen schwebenden Klang.(romantisch orchestral)



    Mit freundlichem Gruß



    Harald Kabbeck


  • Lieber Herr Zastrau,

    Wenn sie die berechtigten Hinweise bezüglich möglicher Undichtigkeiten überprüft bzw. beseitigt haben und immer noch nur "Hüsteln" erzeugen, würde ich ihnen gerne helfen, wenn ich kann. Dazu könnte mir eine Skizze ihrer Windführung vom Gebläse über alle Schikanen, über ihren 3x3 cm²- Windkanal in die Pedallade mit allen Maßangaben und dem Druck hinter ihrem Gebläse weiterhelfen. Andernfalls glaube ich nicht, dass ihr Problem so einfach mit weiteren Diskussionsbeiträgen über das Forum lösbar wird.



    Wie schon bemerkt, erscheinen die 3x3=9 cm² Kanalquerschnitt als zu gering und für Druckverluste geeignet. J.Boersma z.B. schließt seine Pedallade für einen Subbass 8-Fuß mit einem Kunduktenschlauch (Durchmesser 5 cm) mit dem Querschnitt

    ~20 cm² (vgl. "hausorgelbau 2 - ausbau") mit Erfolg an.



    Die Querschnittserweiterung in Strömungsrichtung darf gerne scharfkantig sein (ist wegen Vermeidung von Ablösungsschwankungen evtl. sogar besser als bei Abrundungen), aber die plötzliche Querschnitts-Verengung in Strömungsrichtung am Beginn ihres engen Verbindungskanals ist geradezu geeignet nennenswerte Druckverluste zu verursachen, da die Einlaufströmung effektiv zu Beginn des Kanalstückes wegen der scharfen Kanten auf bis zu 4 cm² eingeengt wird.



    Weiterhin viel Erfolg wünscht ihnen



    Andreas Richter


  • Danke, danke, danke.



    Vielen Dank, sehr hilfreich.



    Ich werde mal die vorgeschlagenen Windmessungen durchführen, evtl. am Wochenende.



    Allerdings stammt die LAde aus meiner Beginnerzeit, und die Ventile sind etwas undicht (alle) Ich dachte, es sei nicht so gravierend, aber evtl ist es das doch. Ich werde mal schauen, ob eine zweite Ventilfeder hilft, den Druck zu erhöhen und Dichtigkeit zu erzeugen.

    Was mich eben wundert: Vorher mit einer Provisorischen Windzuführung ging es. (die war größer).



    Ulf

  • Harald Kabbeck:
    Hallo,

    auch wenn ich mich bei diesem Thema unbeliebt mache.





    Was ich nun nicht verstehe: Warum sollte sich jemand unbeliebt bei einem Thema machen, wenn Erfahrungen gepaart mit exakten Daten zur Hilfestellung veröffentlicht werden; im Gegenteil, Hausorgeln mit mehreren Bälgen trifft man nicht so häufig an, je vielfältiger das Erfahrungsspektrum sich darbietet, umso wertvoller gestaltet sich das Forum als Schatz profunden Orgelbauwissens.





    Ulf Zastrau
    Was mich eben wundert: Vorher mit einer Provisorischen Windzuführung ging es. (die war größer).







    Das ist keineswegs verwunderlich: Bei einem großen Querschnitt der Windzuführung kommt es zu keinem merklichen Druckverlust durch Strömung, wenn ich mich recht erinnere, fällt der Strömungswiderstand in Rohren bei gleichmäßiger Strömung mit der dritten Potenz des Radius', bei verwirbelter gar mit der vierten.





    Ein alter Orgelbauermeister empfahl mir, ein großes Gebläse über einen langen Schlauch mit der Lade zu verbinden, um dadurch von vorneherein eine gewisse Gleichmäßigkeit durch die so erzeugte Druckreduzierung in die Windversorgung zu bringen. Das darf selbstverständlich nicht so weit gehen, daß

    hinten nichts mehr herauskommt!
  • Hallo Herr Zastrau,



    komischerweise habe ich bei meiner Intonierlade und Versuchslade mit den bekannten Kunstoffrohren aus den Abwassersystemen mit 30° und 45 °Bögen und einem Durchmesser 50 mm und 70 mm super Ergebnisse erhalten, was natürlich nicht heißt, diese Teile in der Orgel zu verbauen.

    habe auch mit Papprohre experimentiert.(war damit nicht zufrieden)

    Wellschlauch aus dem Orgelbau ist aber ok und benutze diesen auch mit Durchmesser von 60/70/80 mm

    die grossen Pfeifen des Subbasses sind mit 30 mm Wellschlauch

    an der Lade angeschlossen.(auch da ergeben die Messungen kaum ein starken Druckverlust was aber auch bei einem 16 ' nicht ganz so entscheidend ist.

    der Orgelbau in der Romantik benutzte ja auch die Windabschwächung zb. Subbass und Zartbass



    Paßt ja eigentlich nicht zu unserem Hobby.

    aber ich denke gegen Versuche oder Kompromisse ist ja nichts einzuwenden.



    Weiterhin viel Erfolg beim Testen



    harald Kabbeck