Erfahrung mit Rohlflöten?

  • Hallo liebe Orgelbauer!



    Ich suche eure Erfahrung mit der Dimensionierung und der Intonation von Rohlflöten im Vergleich zu Gedackten:



    HINTERGRUND:

    Seit 3 Jahren baue ich an meiner Orgel. Tiefstes und weitestes Register ist das Pedal-Gedackt 8'. Um Platz zu sparen, will ich ein Experiment wagen und die Untersten 8 Töne (C-G) aus nur 2 Pfeifen machen, da im Pedal ja eh nur immer eine Note (zumindest von den 6 Tönen) erklingt. Die beiden Pfeifen sind gekaufte und geflickte alte Gedackte aus Tanne, ein etwas zu tiefes C und ein ähnliches E mit ca. 13x10cm Grundfläche und rundem Aufschnitt. Schömes Ton im Gedackt-"Modus".



    Sie flankieren die Orgel links und rechts als "Pfeiler" und stehen je auf einem einzelnen elektrischen Ventil. Bei Bormann habe ich gelesen, dass ein Rohr von "passender" Gestaltung den ton einer Gedackt um ca. eine kleine terz erhöht.Meine Idee: macht man jetzt das Rohr viel länger, so ist der Ton nur etwas höher als der der GEdackten (in meinem Fall exakt C, stimmbar an der Rohrlänge). Macht man dann in das Rohr an bestimmten (verschiebbaren) Positionen grössere Löcher (wie eine "Flöte"), so ändert sich ja beim öffnen dieser Löcher sukzessiv die effektive Rohrlänge und damit die Tonhöhe bis zu dieser kleinen Terz, wenn das Rohr die "typische" Länge für eine echte Rohrflöte hat. Die Öffnung geschied bei mir elektisch, die Ansteuerung ist auch kein Problem, sondern:



    Ich stehe jetzt davor, ein Loch in meine Pfeife zu bohren. Bei einem Tiefen C, welchen Rohrdurchmesser wähle ich da und welche ungefähre (minimale) Länge? Wer hat Rohrflöten gebaut und kann was sagen zu Intonationsunterschieden bei so tiefen Pfeifen (muss ich die Intonation stark ändern? Vorschlag? Wind? mehr oder weniger?).



    Das Problem was ich habe, ist, dass in allen Veröffentlichungen die Rohrflöte 8' immer in der untersten Oktave als Gedackt gebaut wird, deshalb keine verlässlichen Angaben zu erhalten sind.



    Ausserdem würde ich das Rohr gerne an einer Seitenwand ansetzten, zwar ganz oben an der Pfeife, aber eben an der Seite (weil oben drauf die Oberwerkslade steht). Hat jemand blöse erfahrungen mit asymmetrisch angebrachten Röhrchen gemacht?



    Also, bitte um kreative Antworten!

    Und an die ganz mechanischen: Bitte nicht zu sehr fürchrten vor soviel elektrischer Traktur. Zum Trost: Meine Manuallade ist komplett mechanisch, und der Rest des Gedackt 8' im Pedal steht auf einer Stecherlade in Pedalteilung.



    beste Grüsse

    Ulf

  • Hallo Ulf,



    der Vorschlag mit der Floete und den verschiedenen Loechern ist interessant. Leider kann ich nicht viel dazu beitragen an Antworten. Ich habe zwar eine Rohrfloete schon gehoert, aber noch nicht fertig intoniert. Die tiefe Oktave ist dort gedeckt, C, Cis, D nud Dis werden vom Gedeckt entlehnt. Die Rohrfloetenpfeifen sprechen mit einem schoenen Vorlaeuferton an, der sich von dem gedeckten Register 8' gut unterscheidet. Ein schoenes Register mit dem der (weit gebaute) Diskant gut vom (engeren) Bass begleitet werden kann.



    Der Grund fuer den Bau von gedeckten Pfeifen in der untersten Oktave ist allein die geringere Hoehe, denn gedeckte Pfeifen sind deutlich kuerzer als Rohrfloeten der gleichen Tonlage. Das Rohr kann zwar vom Deckel aus nach innen gebaut werden, aber die Pfeife liegt von der Laenge her naeher am 4' als am 8'. Natuerlich kommt es auch noch auf die Rohrdimensionen an. Im extremen Fall Rohrdurchmesser = Pfeifendurchmesser ist es eine 4'-Pfeife.



    Mein Vorschlag: Halte verschiedene Spunde bereit mit je einem Loch, diese auswechselbar und probiere so verschiedene Konfigurationen bis Du zu einer Loesung mit mehreren Loechern kommst. Variiere auch die Rohrdurchmesser.



    Viele Gruesse

    Thomas Reinhardt

  • nur zur Info



    in Paul Smets "Töpfer" sind solche Pfeifen beschrieben und auch abgebildet.

    Man kann bis zu 6 Töne daraus erhalten.

    Die Fa. Rieger hat solche Pfeifen auch mal für Hausorgeln gebaut.



    Mfg



    Harald Kabbeck

  • Hallo Harald Kabbeck!



    Danke für den Tipp mit dem Buch, ich habe mal gegooglelt und gemerkt, dass das wohl ein 4-bändiger Wälzer ist. Sind Sie im Besitz dieses Werkes und könnten mir die betreffende Seite scannen (oder kopieren und schicken?) falls es sich lohnt. Was ist dort genau beschrieben, sind Mensuren angegeben?



    Bei der Fa. Rieger wird man wohl kaum Mensuren und ZEichnungen bekommen?! Ich werde mal anfragen. Insbesindere hatte ich früher an viele verschieden lange rohre mit verschlüssen im Spund gedacht, jetzt hatte ich die Idee mit der aufgesetzten Flöte und nur einem Rohr. Wäre interessant, wie Rieger baut.



    Hallo Thomas Reinhard,



    ja, so werde ich das wohl auch machen müssen. Herlich, als Naturwissenschaftler freue ich mich auch auf die "Versuchsreihe", jedoch ist bei Orgelpfeifen der Punkt, wo plötzlich kein Ton mehr da ist, schnell erreicht, wenn man einfach ein Loch hinein macht... Mal sehen.



    Mit der 4' Grösse und der Länge, meinen Sie, dass eine normal 8' lange Gedackte C etwa einer ebenso langen Rohrflöte c entspricht? Das wäre ja dann fast 12HT, bei Bormann fand ich 2-3HT. Mal sehen; das macht mich jetzt gerade stutzig, aber es hängt wahrscheinlich sehr vom Röhrchen ab.



    Das interessanteste für mich wird wohl der andere Grenzübergang sei:



    Gedackt <-> Rohrflöte mit ganz dünnem und sehr langem Rohr.



    Was passiert da? ist das ein stetiger Prozess? Ich werde es euch wissen lassen....

  • Hallo Herr Kabbeck,

    ich erhielt soeben Antwort von der Firma Rieger:



    Zitat:

    "ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, was Sie mit "Rohrflöten-ähnliche zuschaltbare Röhrchen" meinen. Ich kann mir vor allem unter "zuschaltbar" nichts vorstellen.

    Es wäre mir auch nicht bekannt, dass wir in unseren

    Instrumenten außer Rohrflöten oder Rohrgedeckten andere Rohrartige Stimmen Eingebaut hätten.

    "

    Wendelin Eberle

    Rieger Orgelbau GmbH

    Hofsteigstraße 120

    A-6858 Schwarzach



    Sie meinten doch DIE Firma Rieger, oder nicht?



    Der Tipp mit dem Töpferbuch ist vielleicht vielversprechender...



    Ulf

  • Hallo,



    Thomas bat mich, hier ein Foto einzustellen, auf dem die drei Register 8' Gedeckt, 8' Rohrflöte mit Innenröhrchen und 4' offen zu sehen sind, was hiermit geschieht. Alle Pfeifen haben den Ton fis''. Zu beachten ist ferner, dass der Stopfen noch Platz wegnimmt.







    Viele Grüße

    Ulrich Reinhardt

  • Vielen Dank für die schönenen Bilder.



    Es sieht je nun so aus, dass der Stopfen durch den Griff die 8' Pfeife des GEdackt fast noch LÄNGER macht als eine entsprechenden Rohrflöte mit innenliegendem Röhrchen.



    Ich habe gestern meine Basspfeife auf dem Ventil ordentlich einintoniert, und werde es mal mit einem 15mm dicken Rohr versuchen, ganz lang, und es sukzessive abschneidden und einen Graph machen - Rohrlänge über Frequenz.



    mal sehen...



    Ach, Herr kabbeck: Herr Eberle von der Orgebaufirma hat mit seinem langrährigen Intonateur geredet, und Sie haben einen (wohl offenen) Subbass 16' gebaut (nicht in einer Hausorgel?), wo immer die Semitöne durch Klappen erzeut wurden. Ich habe ihn gebeten, mal zu schauen, ob er Unterlagen findet.



    beste Grüsse,

    schönes Wochenende,



    ULf

  • Hallo allerseits,

    die Zeichnung aus Smets habe ich an Herrn Reinhardt geschickt mit der Bitte, sie ins Forum einzustellen.

    Der Trick dabei ist der:

    Eine Pfeife z.B. Fis bekommt 6 "Rücksäcke", sehen aus wie abgeschnittene Enden einer Gedackt-Pfeife, die mit Öffnung mit der eigentlichen Pfeife verbunden sind. Durch je ein elektr. Ventil werden die "Rucksäcke" geöffnet. Alle zu = Fis, 1. offen = F usw., alle offen = C.

    Das macht sicher Sinn, bei einem 32', vielleicht auch noch bei einem 16'. Aber bei einem 8' - da ist doch die Arbeit viel aufwendiger als das Ergebnis gut sein kann.

    Besser fände ich es, den 8' Pedal komplett zu bauen, aber gut zu "verstecken". Man siehe

    http://www.orgelbau-goeckel.de…en/Orgeln/Waghaeusel.html

    Dort ist ein Subb. ins Podest der Orgel eingebaut. Bei einer Hausorgel mit einem Pedal8' müßte das analog möglich sein - odrrr?

    Gruß von Wolfgang Plodek

  • Hallo,



    hier die Zeichnung aus dem Smets. Der Text dazu lautet



    97b Polyphonbaß (Englisches Patent der Compton Organ Comp.)

    Die Konstruktion, die etwa 25 Jahre alt ist und vom Herausgeber in modernisierter Veränderung wiedergegeben ist, gestattet, einer Pfeife Untersatz 32' bis zu 8 verschiedene Töne zu entnehmen. In der Abbildung sind an den Pfeifenkörper die Kammern K2 - K7 angefügt, die wahlweise zu der eigentlichen Pfeife hinzugeschaltet werden und dadurch den Ton vertiefen. Zunächst seien alle Kammern verschlossen, es ist lediglich Magnet M1 unter Strom - die Pfeife gibt ihren höchsten Ton. Durch den Magneten M2 werde jetzt die Kammer K2 hinzugeschaltet, es ergibt sich der Ton z.B. F1, der durch den verschiebbaren Deckel rein gestimmt werden kann. Die Kammerventile werden in der Konstruktion von Compton pneumatisch gesteuert, wie K2 in der Zeichnung, der Herausgeber hat aber die Kammern K3 - K7 auf elektrische Steuerung umgezeichnet, was eine große Vereinfachung ergibt. Sind alle Kammern geschlossen, so ergibt die Pfeife den Ton Fis1. Sind die Kammern alle geöffnet, dann liefert die Pfeife das tiefe C. Bis zu 8 Tönen [sic] werden, wie gesagt, der gleichen Pfeife entnommen, was eine enorme Einsparung an Platz und Geld bedeutet.







    Viele Grüße

    Ulrich Reinhardt

  • ich meinte die hier abgebildete Zeichnung

    die Rohrflöten in der von ihnen beschriebenen Form meinte ich

    natürlich nicht (war wohl ein Missverständsis)



    MfG



    Harald Kabbeck

  • Hallo, und viel dank für die inspirierende Diskussion.



    Also, ich habe Quintadena 8' komplett usgebaut im Manual, und kaum Platz für meinen Pedal 8', auserdem sol die Orgel so klein wie möglich werden. Auf Kopfhöhe trihnt eine Grosse Lade Manual I mit 4 Registern, und der Unterbau ist nicht breiter als die Orgelbank. Alle BAsspfeifen haben darin Platz, bis auf die Tiefsten. Die stehen als Pfeiler links und rechts. Ich hatte diese Idee von 4 Jahren schon, und will es einfach schaffen.



    Die beschriebene Methode ist ja fast konträr zu meiner, also der Vorhandene Gedackt-ton wird erniedrigt. Man könnte durch Kombination meiner MEthoden eine Fis-16' Pfeife bauen, die dann die komplette 16'-Oktave übernimmt: Bis 16'-C herunter kommt man wie oben abgebildet, Fis ist "natura", und bis H kommt man hoch durch Röhrchen. Rest Transmission aus 8'. Mal sehen, das ist was für in 5 Jahren...



    vielen Dank. Ich werde es euch wissen lassen (falls es wen interessiert), was ein dünnes Röhrchen macht. Ich hatte am Freitag nur Lust mein Glockenspiel (mechanisch im Spieltisch *g*) wieder einzubauen. Klingt wieder schön.



    schönes Restwochenende!



    Ulf

  • Nachdem nun die vorstehende Abhandlung zumindest vorläufig zu Ende gekommen ist, möchte ich zur ursprünglichen Frage nach Erfahrungen mit Rohrflöten zurückkommen: Ist es nicht so, daß das Röhrchen so abgestimmt werden muß, damit die Terz als fünfter Teilton neben dem Gedackt-Grundton hervortritt? Mein Versuch, bei einem 8'-Gedackt Ton großes C den Spundgriff 120 mm lang mit einem Loch 16 mm Durchmesser aufzubohren führte nicht zum Erfolg; die Quinte als dritter Teilton klang zwar vermindert, aber immer noch deutlich mit wie bei der Quintadena, von der darüberliegenden Terz war nichts zu hören; auch eine Verlängerung des Röhrchens auf 150 mm brachte keinen Erfolg. Kann jemand etwas dazu berichten?



    Es grüßt ein etwas dumpf gestimmter Wolfgang S.



    P.S.: Was macht das Glockenspiel, was die Pedallade, lieber Ulf, alles dicht?

  • Ach!

    Ich bin gerade irgendwie gehemmt, was meinen Enthusiasmus angeht.



    1) Die Erfahrungen mit der Rohrflöte habe ich auch gemacht. Gedackt toller Ton mit viel Wind. Offen wie gehabt guter Ton. Mit engem langen Röhrchen noch fast der GEdacktton, der besser wird, wenn man das Rohr zuhält (witzlos!), und der garnicht anspricht oder nur sehr hauchig, wenn man das Rohr öffnet/weitert/kürzt.

    Zu dumm.



    Deine Ausführungen, Wolfgang, haben mich zuzu bewogen, die Pfeife vielleicht mal anders anzugehen. Bei der Töpferabbildung war auch eine Version der offenen Pfeife mit Löchern abgebildet:



    Devise: in des sauren Apfel beissen und eine offene 8'-C-Pfeife bauen, und dann Löcher reinmachen und versuchen, ob ich so eine Terz oder mehr gewinnt. Ist intonatorisch bestimm einfacher, (die offenen Löcher entsprächen bei den höherwerdenden Tönen ja fast einer Art Expression) nur der Platz.... Aber darüber mache ich mir später Gedancken.



    2) Die Dichtigkeit der Ventile ist bescheiden. Wie gesagt habe ich das Ding vor 3 Jahren gebaut und da macht man Fehler:





    Ich denke ich werde eine zweite Ventilfeder (Schweissdraht) machen, um den Drück zu erhöhen. Indes habe ich die Bohrungen vergrössert und gerundet, was ca. 30% mehr Wind bringt, aber nicht genug. Ich werde ebenfalls die Windversorgung überarbeiten, momentan denke ich an einen Bypass direkt vom gebläse her anch, vorübergehend.



    3) Das Glockenspiel macht weiter Freude, obwohl es noch nicht richtig einreguliert ist. Die Hammermechanik ist erstaunlich robust und anschlagsensitiv. Ebenfalls habe ich die Übersetzung anscheinend gut gewählt, denn mit üblichem Orgelanschlag erreicht man einen schönen Ton. Die Hammerköpfchen, zuvor aus Buche, habe ich mit Bohrunegn versehen und Messing-Reisszwecken eingeleimt, was nun einen tollen Silbrigen Klang mache, und den Grundton etwas wegnimmt. Das Entspricht meiner Erfahrung mit dem einzigen Glockenspiel, das ich mal ausprobieren durfte (Trost Altenburg), und das klingt auch grundtonarm, aber mit dem leisesten Gedackt 8' sofort ganz toll.