Stab-"glocken"

  • Hallo und zuerst frohe Ostern.



    Meine Frage:

    Ich habe vor einem halben Jahr in Altenburg an der Trost-Orgel gespielt und seit dem MUSS ich ein Glockenspiel im Manual haben. Ich habe mir folgendes Ausgedacht, um die Sache im Rahmen zu halten:



    Die Glocken werden als Stahlstäbe definierter Dicke und Länge (absägen zum Stimmen) gebaut und an einem Ende fest in ein Resonanzgehäuse geklebt/verschraubt, wie auch immer, die andere Seite ist freischwingend. Ich habe sowas schon bei Uhren gesehen, und es müsste einen ganz netten effekt haben.



    Angesteuert soll das ganz werden über elektr. Traktur (ist aus Platzgründen nicht anders möglich) über kleine offene Relais, an deren Anker ich ein ca. 5cm langes Drahtstück und eine Holzkugel angelötet habe (funktioniert gut, schon probiert). Durch das Federn des Drahtes hat man eine Art "Auslösung"-Prall-Mechanismus.



    Meine eigentliche Frage:



    Hat jemand Erfahrung, wie hoch die Töne der "Glocken" sein sollten? Auch wie ich sie am besten stimme etc.; ich habe in Altenburg mal versucht, das Glockenspiel allein zu spielen, und mich furchtbar gewundert, es klingt nämlich scheußlich (kein Grundton erkennbar). Nun sind das ja auch Schalenglocken. Hat jemand Informationen zum Obertonspektrum schwingender Stäbe (oder eine Frequenzfunktion in Abh. von Dicke und Länge)?



    Auch wäre ich dankbar für Tipps bzgl. des Resonanzkörpers, sowie die räumliche Ausrichtung (hängend, waagerecht, oder etwas anderes) bzgl. der Stimmhaltung und der Vibrationen.



    Danke!



    Ulf Zastrau

    http://www.zastrau.net

  • Nachdem ich nun eine schöpferische Pause einlegen will, was den Orgelbau als solches anbetrifft, möchte ich mein Augenmerk dank Ulfs Anregung auf das Glockenspiel lenken, dazu erlaube ich es mir, Dich, lieber Ulf, aus einem anderen Beitrag her zu zitieren:



    "Das Glockenspiel macht weiter Freude, obwohl es noch nicht richtig einreguliert ist. Die Hammermechanik ist erstaunlich robust und anschlagsensitiv. Ebenfalls habe ich die Übersetzung anscheinend gut gewählt, denn mit üblichem Orgelanschlag erreicht man einen schönen Ton. Die Hammerköpfchen, zuvor aus Buche, habe ich mit Bohrunegn versehen und Messing-Reisszwecken eingeleimt, was nun einen tollen Silbrigen Klang mache, und den Grundton etwas wegnimmt. Das Entspricht meiner Erfahrung mit dem einzigen Glockenspiel, das ich mal ausprobieren durfte (Trost Altenburg), und das klingt auch grundtonarm, aber mit dem leisesten Gedackt 8' sofort ganz toll."





    Als unmittelbares Vorbild nahm ich jetzt ganz einfach einmal das mit Glockenspiel bezeichnete Instrument für die kleinen Kinder aus der Schachtel mit der Feststellung, daß der weiche, grundtonhaltige Klang durch besondere Gummipuffer erzielt wird, auf welchen die Stäbe ruhen, zudem befindet sich unter den Stäben ein halb geschlossener Resonanzraum, welcher deutlich zur Steigerung der Lautstärke beiträgt.



    Interessant erscheint mir das Zusammenwirken der Plättchenmaße zur Erzielung eines Tones, neben der Länge derselben hat die Stärke der Blechstreifen einen deutlichen Einfluß auf die Tonhöhe; so erzielte ich den Ton C mit 2 mm Stärke und etwa 14 cm Länge, indes bin ich mir nicht sicher, welches C ich damit zum klingen bringe, ich nehme an, es sei ein eingestrichenes.



    Gelang es Dir, Euch, auch tiefere Töne zu erzielen, nach meiner Erfahrung müßten dazu die Blechstreifen dünner als 2 mm werden, doch ist dann der erzielbare Klang nicht mehr schön. Höhere Töne stellen dagegen kein Problem dar, da man dann wesentlich dickere Plättchen verwenden kann, die zudem viel schöner klingen.



    Eine weitere Frage wäre noch die der Fixierung; bei meinen Versuchen erzielten dünne Schaumstoffstreifen als Unterlage in den Schwingungsknoten beste Ergebnisse, indes bin ich mit dieser Lösung nicht so ganz zufrieden.



    Interessant wäre auch die Frage nach Dämpfern, die den Nachklang beenden, wie das beim Klavier geschieht; nun je, alles nicht so wichtige Dinge, doch wenn wir hier schon einen Fachmann für solche Dinge haben:



    "und seit dem MUSS ich ein Glockenspiel im Manual haben."



    Klingende Grüße aus Erlangen,

    Wolfgang

  • Hallo,

    ich besitze einen niederländischen "Bouwbrief" Nr.121 vom "mei 2006", in dem der Autor Gerrit Menkveld -allerdings in niederländischer Sprache, wie auch anders- auf mehr als 3 Seiten über Metallofone/Glockenspiele geschrieben hat, wobei er besonders auf Resonanzkörper als Tonverstärker eingeht. Er beschreibt Röhrenresonatoren(offen und gedeckt), Trogresonatoren und ganz ausführlich Helmholtz-Resonatoren. Es ist ein sehr interessanter Artikel, und wenn man sich Mühe gibt, ist das Niederländische recht gut zu verstehen, zumal man ja weiß, worum es geht.

    Wenn der Baubrief nicht zu haben ist, kann ich die Seiten kopieren und per Post schicken.

    Übrigens, einseitig eingespannte Klangstäbe würde ich nicht verwenden, sie können nicht frei schwingen und sind daher zu leise.

    Auf dass bald Deine Glocken schlagen, aber Dir das Glöckchen erst in vielen Jahren.

    Viel Erfolg wünscht Eberhard Biener

  • Lieber Eberhard,

    herzlichen Dank für Deine Mühe und Deine Bereitschaft, mir mit dem "Bouwbrief" weiterhelfen zu wollen! Von anderen Beschreibungen her weiß ich allerdings, daß es für mich Südstaatler anscheinend sehr schwer ist, das Niederländische zu lesen; nun fertigte ich auch bereits alle Metallstäbe und bin dabei, die Hammermechanik auszuprobieren.



    --- Solltest Du/Ihr auf Eurem Weg nach Süden (Ferien?) einmal an Nürnberg vorbeikommen, würde es mich freuen, wenn Ihr bei uns hereinschaut (auch ohne "Bouwbrief"),

    alles Gute,

    Wolfgang

  • Hallo!



    Ich überlege auch schon seit längerem meine Hausorgel mit einem Röhrenglockenspiel einer Oktave Umfang (etwa c1-c2)auszustatten. Angespielt werden soll es über elektr. Traktur.

    Die Frage ist wie Durchmesser und Wandstärke des (Messing?-)Rohres gewählt werden sollten?

    Bei den Magneten/Relais dürfte es wohl in Richtung Türgong gehen. Eine Nachhalldämpfung möchte ich vorerst nicht realisieren. Vielleicht befinden sich hier unter uns schon erfahrene "Glockenbauer"?



    Viele Grüße

    PP

  • Hallo,



    Herr Sebastian Kölle, der keinen eigenen Account zum Hausorgelforum besitzt, bat mich, folgenden Beitrag anzufügen:



    Die Aufhängung freischwingender Rohre sollte bei 22,4 % der Länge erfolgen. Der optimale Anschlagpunkt liegt ungefähr bei der Hälfte der Rohrlänge.

    Die Frequenz f der Töne ist proportional zum Quadrat der Wandstärke D und umgekehrt proportional zum Quadrat der Länge L :

    f ~ D² / L²

    Somit werden für tiefe Töne dünne, lange Rohre benötigt.

    Bei gleichem Rohrdurchmesser und gleicher Wandstärke nimmt die Rohrlänge je Halbton um den Faktor 1,0293 zu.



    Hochachtungsvoll, Sebastian Kölle





    Schöne Grüße



    Johannes

  • Hallo zusammen,



    mich würde auch interessieren wie Röhrenglocken

    konstruiert sind, da ich noch etwas Platz in meiner Orgel habe.

    Wie kommt man an spezielle Maße (Formen, Längen massiv oder Rohr)und wie sieht die Aufhängung auf.

    auf den Fotos div. Zulieferer ist dieses schwer zu erkennen.



    Liebe Orgelgrüße aus dem Ruhrpott



    Harald Kabbeck


  • Hallo,



    ein spontaner Einfall zum Thema "Dämpfung" war ein kleiner Gummi-, Leder- oder Filzpuffer, der permanent auf den Klangstab drückt. Wird nun die Taste gedrückt, gibt der Kontakt bei elektrischer Traktur Strom an einen Elektromagneten, der den Puffer zurückzieht. Diese Vorrichtung erfortert aber, dass man vor den elektrischen Mechanismus des Anschlags einen kleinen Kondensator hängt, der dem Puffer wenige Milisekunden Vorsprung gibt, sich vom Klangstab zu entfernen. Dies ist nötig, da sonst ein dumpfer Klang entsteht.



    Bei mechanischer Traktur drückt bei Betätigung der Taste ein kleines Hebelchen einen Kontakt, der dem Elektromagnet Strom gibt, sich vom Stab zu entfernen. Bei dieser Trakturart muss man jedoch auf die Vorrichtung des schnelleren Puffers verzichten.



    Zur pneumatischer Traktur ist mir noch kein Einfall gekommen, aber ich denke, dass diese in Hausorgeln sowieso nur sehr selten vorhanden ist.



    Viele Grüße

    Eike