Zusatzlade für Sali 8'

  • Bei meiner historischen Orgel hat sich eine Frage aufgetan, von der ich denke, daß sie ganz gut hier diskutierbar ist:



    Die bereits erwähnte historische Stumm-Orgel von 1727 wurde dispositionsmäßig in den Originalzustand zurückversetzt.

    Dafür mußten einige Register ersetzt werden.

    Der Zinkprospekt logischerweise, dann eine Gamba 8' von 1920, die mittlerweile bei Francois streicht und singt, und auch ein Salicional 8' von 1859. Dieses Register wurde damals anstelle der Terz eingefügt und stammt von einem bekannten Orgelbauer der Region. Es einzulagern wäre zu schade. Weiterhin hat ja auch dieser Orgelbauer die Stumm-Orgel 1863 in einer neuen Kirche aufgestellt mitsamt einem neuen Untergehäuse und neuer Mechanik.

    Alles, was jetzt nach der Restaurierung noch bleibt, ist eben die Mechanik und das Salicional. Das Untergehäuse und die Klaviaturen mußten erneuert werden, einmal wegen der Statik und dann wegen eines immensen Wasserschadens.

    Und da man einem historischen Instrument auch nicht so einfach seine Geschichte absprechen darf, dachte ich mir, es wäre gut, neben der Mechanik auch noch das derzeit eingelagerte Salicional einzubauen. Im neuen Untergehäuse wäre dafür Platz.

    Dann bliebe der historische Oberteil, der sich nun im Zustand von 1727 befindet inklusive rekonstruierter Pfeifen, unberührt.

    Einziges Problem ist hierbei die Trakturführung.

    Die Orgel ist seitenspielig mit liegendem Wellenrahmen. Eine Möglichkeit wäre, die Abstrakten, die von der Klaviatur kommen und auf Ärmchen gehen (alles horizontal, liegender Rahmen), weiterzuführen. D.h., zweites Loch in die Ärmchen in neue Abstrakten dran, dann über Winkel umlenken auf Lade in Tastenteilung (Platz!). Aber was ist mit Tastendruck, Gegengewicht etc. Der derzeitige Druckpunkt liegt bei rund 120-140g und ist eigentlich optimal. Dieses Gewicht ist ganz üblich bei Stumm. Hier sollte sich nicht viel verändern.

    Das Salicional ist auch nicht voll ausgebaut, c0-c3; es startet also bei 4'-Länge. Die untere Oktave hatte der Orgelbauer Schlaad immer als Verführung oder eigene gedeckte Reihe gebaut (Holz). Allerdings nicht in diesem Fall.

    Für ein paar Ideen Eurerseits bin ich dankbar!



    Liebe Grüße,

    Andreas Keber

  • Hallo Andreas,

    ich habe Deinen Brif zweimal lesen müssen, um das Problem zu begreifen. Aus meiner Sicht ist es sehr gefährlich, in ein "gesundes" und durchdachtes Traktursystem einzugreifen, um dann eine Zusatzlade zu betreiben. Auch kenne ich den Umfang der Restaurierungsarbeiten nicht, die an der Orgel durchgeführt wurden. Handelte es sich wirklich um eine Restaurierung im Sinne des Wortes oder eine Reparatur?

    Ich möchte hier nur für mich sprechen. Aus meiner Sicht kommen grundsätzlich nur die Maßnahmen in Frage, die im Original verbürgt sind. Jegliche Ergänzungen u.s.w., die der Funktion dienen, müssen erkennbar und rückführbar sein, sowie keine Schäden am "Gesamtorganismus" der Orgel hervorzurufen. Mir fällt ausschließlich die Möglichkeit ein, das Salizional neben einem anderen 8Fuß aufzubänken und die beiden Bänke mit einer y- förmigen Windzufuhr aus der 8Fuß- Schleife zu versorgen. Diese Schleife bleibt immer offen, Zusatzschleifen sperren das Salizional und den anderen 8Fuß.

    Ich denke immer an die Hildenbrandt- Orgel in St. Wenzel, Naumburg. Wenn es der alte Ladegast nicht genau so vorsichtig gemacht hätte, wäre viel verloren gegangen...

    Viel Glück!

  • Besten Dank!



    Zum besseren Verständnis noch ein paar Hintergründe:

    Der Oberteil der einmanualigen Orgel ist original erhalten.

    Windladen, Obergehäuse (Eiche) und 80% der Pfeifen (inkl. Trompete) sind aus 1727 und stammen von Johann Michael Stumm.

    1863 wurde die Orgel von Johann Schlaad transferiert.

    Dabei wurde ein neues Untergehäuse (Fichte), neue Klaviaturen und eine neue Mechanik (mit alten Teilen) eingebaut. 1859 war bereits als Ersatz für die Terz ein Salicional 8' ab c0 eingesetzt worden (ebenfalls Schlaad).

    Da der ältere Teil als eines der ersten Werke der Gebrüder Stumm anzusehen ist, war eine Rekonstruktion dieses Bereiches unumgänglich. Somit präsentiert sich der Oberteil mitsamt den Angriffsschwertern der Schleifen wieder im Zustand von 1727. Ebenfalls in diesem Stil rekonstruiert wurde die Pedalladenposition und die Balganlage mit zwei Keilbälgen.

    Da die ursprünglich hinterspielige Orgel an ihrem neuen Standort 1863 seitenspielig aufgebaut wurde, sollte dies auch so bleiben. Allerdings mußte das damals neu angefertigte, aber nicht zum Oberteil passende Untergehäuse erneuert werden. In den 1970er Jahren sind durch mehrere unfachmännische Eigeniniativen diverser Gemeindemitglieder schwere Schäden an der historischen Substanz entstanden, unter anderem wurde der komplette Rückteil des Untergehäuses entfernt. 500 kg lasteten auf drei dünnen Fichtenwänden. Die Orgel hing dann auch bei meiner ersten Untersuchung schwer nach hinten.

    Die 1863 erneuerten Klaviaturen waren zum Teil schwerst verwurmt (Pedal) oder durch eingedrungenes Regenwasser komplett verzogen (Manual). Deswegen wurde entschieden, die Spielanlage Stummschen seitenspieligen Anlagen nachzubauen.

    Erhalten sind noch die Manubrien von 1863.

    Da, wie erwähnt, eine neue Manualklaviatur angefertigt wurde, bestünde die Möglichkeit, im ebenfalls neuen Untergehäuse das verbliebene Salicional einzubauen.

    Ohne einen Eingriff an der restaurierten Mechanik von 1863 vorzunehmen, wäre es möglich, eine Stecherkonstruktion einzubauen, die über den Registerzug "Salicional" betätigt wird.

    Die einarmige Klaviatur würde dann die Stecher nach unten drücken, wenn das Register gezogen ist, oder unberührt lassen, falls es nicht gezogen wurde. Dann käme kein zusätzliches, dauerndes Gewicht hinzu. Als Zusatzlade benötigt man nur eine einfache Ventillade ohne Sperrventil. Dies kann auf Tastenteilung erfolgen. Ein Eingriff in die Originalsubstanz von 1727 oder 1863 ist nicht nötig.

    Die großen Pfeifen des Salicionals von C-g0 müssen verführt werden, aus Platzgründen. C-H muß ohnehin neu angfertigt werden, da nicht vorhanden. Dies erfolgt, wie bei Schlaad 1863 üblich, als enges hölzernes Gedackt mit eingfügten Zinnlabien.

    Die Verführung erfolgt komplett über einen ausgefrästen Stock.

    Die Pfeifenstellung der kleineren in Dreierpendeln.

    Für ein paar weitere Ideen bin ich dankbar.