Keilbalg Dehnfugen

  • Hallo an alle Orgelbau-Profis!



    Habe ein gewichtiges Problem mit meinen zwei Keilbälgen.

    Obwohl sowohl Ober- und Unterplatten aus abgelagerten Fichtenholzstreifen (je 10cm breit, stehende Ringe) gefertigt wurden und es in der Werkstatt keinerlei Probleme gab, haben sich nach 2 Wochen in der Kirche Spannungsrisse gebildet.

    Durch das Einlaßventil (30x30cm) konnte ich dann mühsam von innen Lederstreifen aufkleben. Die Bälge sind eine historische Rekonstruktion.

    Genau das gleiche Problem trat einmal bei der Restaurierung einer Geib-Orgel durch Oberlinger auf, der Sachverständige ließ schließlich den Riß mit Silikon ausspritzen.

    Da ich so einen Pfusch nicht vertreten kann, dachte ich mir, den entstandenen Riß auszuspänen. Allerdings ist das Hauptproblem offenbar das Klima der Kirche. Starke Feuchteschwankungen (min 50% - max. 83%) sind offenbar die Ursache. Eine bleibende Dehnfuge wäre wohl ratsam.

    Welches Material wäre hier geeignet?

    Die Platten nachträglich zu funieren ist schwierig und wird vermutlich nicht sauber machbar sein.

    Für ein paar Ideen wäre ich dankbar.



    Bilder kann ich gerne zuschicken!



    Danke und liebe Grüße,



    Andreas Keber

  • >Hallo an alle Orgelbau-Profis!



    Na, das wäre bei mir wohl etwas übertrieben.

    Aber aus meiner Erfahrung mit Holz kann ich vielleicht trotzdem weiterhelfen. ;-)

    Wenn wir Restaurierungsarbeiten an Kirchenmöbeln (Sakristeischränke haben auch oft erhebliche Brettbreiten) durchführen, ist der erste Schritt bevor die Teile geliefert werden, in der Werkstatt die klimatischen Bedingungen an die am Aufstellungsort anzupassen.

    Dabei geht es aber weniger um die relative Luftfeuchte, sondern um die Holzgleichgewichtsfeuchte.

    Bei starken Schwankungen (die in einer Kirche ohnehin nicht sein sollten: Altarmöbel, Vergoldungen usw.) empfehlen sich mehrere Messungen und ein Mittelwert.

    Die Holzfeuchte sollte also für die Neuanfertigung eines Teiles an einem schon lange in der Kirche (optimal am selben Aufstellungsort befindlichen) Musterstück gemessen werden.

    Ansonsten gibt es schon starkes Schwund- bzw. Quellverhalten, bis sich die Holzfeuchte an das Klima in der Kirche angepasst hat. Dies ist üblicherweise dann an Veränderungen in den ersten Monaten feststellbar.



    Große Brettflächen mit einer Dehnungsfuge Luftdicht zu gestalten dürfte eher schwierig sein.

    Ich könnte mir eher vorstellen, dass man bei großen Breiten konstruktiv mithilft, in dem man die (kurzen) Seiten nicht wie üblich längs laufen lässt, sonder die Maserung um 90° dreht.

    Dann haben Seiten und Böden keine unterschiedlichen Schwundverhalten und es kann eigentlich nichts passieren.

    Alles wird gemeinsam kleiner oder größer.

    Oder man macht alle Teile (Seiten und Böden) in Rahmenbauweise mit strenger nicht abgeplatteter Füllung. Dann hat man in alle Bauteilrichtungen das Schwundverhalten in Wachstumsrichtung. Das wäre natürlich optimal auch in Bezug auf angrenzende Bauteile.

    Von historischer Rekonstruktion kann dann natürlich keiner mehr sprechen.



    Schönen Gruß

    Johannes

  • Hallo, Andreas,

    einem ähnlichen befürchteten Problem habe ich mit Erfolg vorbeugen können. Für einen frisch belederten Balg mit alten Platten habe ich diese nach dem Neuverleimen mit flachen Querhölzern aufgeleimt gesichert. Das Volumen der 4 Querhölzer (40mmx5mm), ohne die Faltenbewegung zu beeinträchtigen, ist unerheblich bezüglich des Balginhaltes.Diese Vorsichtsmaßnahme hat sich bewährt. Es traten keine Risse mehr auf.

    Zur Abdichtung würde ich ggfs. Silikon nehmen.



    herzliche Grüße,

    Andreas

  • Hallo zusammen



    ich teile die Meinung von Johannes Meyer. Wenn’s Massivholz sein muss, würde ich so grosse Flächen auf jeden Fall mit Rahmen und Füllungen ausführen.

    Man müsste sich allerdings bei der Planung schon fragen, ob es sinnvoll ist, eine in historischer Manier gebaute Orgel in einen beheizbaren Raum zu stellen. Das wird Probleme geben, solange die Orgel da steht.

    Widersprüchlich scheint mir auch Massivholz und Silikon!



    Mit freundlichen Grüssen

    Ruedi Wernli

  • Danke für Eure spontanen Antworten!



    Nun, die Bälge sind ja wie gesagt Rekonstruktionen, ansonsten hätte ich lieber mehrfach verleimte Tischlerplatten oder etwas Gleichwertiges genommen.

    Die Faltenbretter machen keine Probleme, sie haben ja genug Platz zum Wachsen und Schrumpfen.

    Es bleibt mir offenbar nichts anderes übrig, als die entstandenen Risse auszuspänen. Ich würde sie vorher gerne begradigen, damit ich dann eine ausgehobelte Leiste einleimen kann. Wer weiß, wo man eine entsprechende "Schmalspur"-Handkreissäge bekommt oder eine passende Fugensäge? Diese müßte eben sehr nahe an die Querhölzer herankommen, die die Platten kreuzen. Ich kann ja nur 23mm tief schneiden, sonst schneide ich meinen Lederstreifen auf, der sich auf der gegenüberliegenden Seite befindet und den Riß abdichtet.

    Das Problem bei meiner Rekonstruktion ist, daß die Balgplatten auf zwei Längshölzer und drei Querhölzern aufgeleimt sind, sodaß die entstehenden inneren Felder fest sind. Jede starke Bewegung des Holzes führt dann zu Rissen. Allerdings hatten wir die Platten im fertigen Zustand drei Wochen in der Werkstatt bei wechselnden klimatischen Bedingungen. Dies bereitete keine Probleme.

    Ich gehe davon aus, daß, wenn der Riß einmal da ist, kein weiterer mehr entsteht und ich nun ausspänen kann.

    Die Bälge liegen nun seit gut vier Monaten in der Kirche, ich denke, daß sie akklimatisiert sind. Die Risse habe ich von außen abgeklebt, Wellungen oder Wülste darin bei Klimawechseln sind äußerst schwach anzutreffen.



    Liebe Grüße

    Andreas Keber

    http://www.stummorgel-hergenfeld.de (muß aktualisiert werden, sorry!)

  • Hallo Andreas,

    jetzt weiß ich nicht genau, wie die Situation ist, um an dieser Stelle vernünftig zu arbeiten.

    Aus der Restaurierungspraxis nenne ich Dir mal ein paar Verfahren zum Ausspänen:

    - der Riss wird mit dem Schultermesser egalisiert. (Schultermesser ist ein Messer mit einer stumpfen, am oberen Ende ca. 3-4mm dicken Klinge an einem Langen Heft, dass beim Arbeiten an der Schulter angelegt wird um den erforderlichen hohen Gegendruck zu erzeugen) Damit wird der Riss dann auf eine gleichmäßige Dicke gebracht. Auch wenn er dann nicht in einer geraden Linie liegt, kann der Span den gleichweit offenen Bögen folgen.

    - Soweit möglich mit Handkreissäge o. Ä. und den Rest mit der (ich weiß nicht, wie die offizielle Bezeichnung ist, wir kennen sie als Fein-Säge. Der Fein Multimaster aus der Fernsehwerbung eben) damit kann man dann die restlichen Zentimeter bis exakt zum Schluß nachschneiden. Als Führung eine winkelig gehobelte Holzleiste als Anschlag.

    -Bei beiden oben genannten Verfahren den Span 5° konisch hobeln.

    -Optimal in diesem Fall (wegen Winddichte) wäre es aber, mit der Oberfräse den Spalt zu überfräsen. Mit der Oberfräse kann man auch relativ weit bis zum Ende fahren. (Rest eventuell ausstemmen oder nur spänen)

    Spalt z. B. 5 mm breit. Mit Fräser 20mm überfräsen auf halbe Holztiefe. Dann hat man eine Überlappung und Undichtigkeit ist praktisch ausgeschlossen.



    Ich nehme an, Du nimmst aus historischen Gründen ohnehin Glutinleim oder anderen warmen Leim. Ansonsten ist es zumindestens hier dringend zu empfehlen, da dieser die Fugen dichten kann.

    Es sei denn, Du würdest... nein das würdest Du nie tun, Du würdest keinen PU-Leim verwenden... ;-)



    Hoffe das hilft Dir ein wenig.

    Du kannst mir ja noch ein Foto schicken, vielleicht fällt mir dann noch was ein.



    Johannes