Holzpfeifen, Ausgiessen mit Leim

  • Liebe Forum-Leser,


    Hat jemand Erfahrung mit verschiedenen Methoden der Oberflächenbehandlung des INNEREN von Holzpfeifen? Mir ist aufgefallen, daß hier durchaus nicht immer gleich verfahren wird: einige Orgelbauer behandeln gar nicht (egal welche Holzart), einige streichen die Oberfläche einfach mit Ponal ein (d. h., sie versehen vor dem Verleimen der Leisten die gesamte Fläche mit Leim), wieder andere gießen die Pfeife mit Tierleim aus... Häufige Begründung (der "Behandler"): die Poren des Holzes sollen verschlossen/die Pfeifenwände dichter werden. Was heißt "dichter" - "luftdicht" kann es doch nicht meinen? Kann eine solche Behandlung die Wände nicht nur glatter oder auch härter machen - wobei Tierleim und Ponal sich wohl dadurch unterscheiden, daß ersterer sehr hart wird, letzterer aber zeitlebens weich bleibt (andere Dämpfungseigenschaften!)? WENN mit Leim ausgestrichen wird, muß das Klangergebnis ohne Leim wohl sehr anders sein. Mich würde interessieren, wann man leimen sollte (bestimmte Hölzer, bestimmte Register), und womit.


    Hendrik Dochhorn (Göttingen)

  • Wie vieles im Orgelbau ist auch das Ausgiessen von Pfeifen eine Sache der eigenen Erfahrungen und Kenntnisse. Jeder geht seinen Weg und sofern er damit gut fährt bleibt er dabei.


    Gut ist eine (Holz-)Pfeife die den Ton sauber gibt und dauerhaft dichte Fugen hat. Eine zusätzliche Flächenbeschichtung innen ist nicht notwendig, sofern die Pfeife dicht ist und bleibt. Natürlich sollen Äste oder Spalten, die sich im Laufe der Zeit unangenehm bemerkbar machen vermieden werden. Ich glaube hier liegt eher das Problem: gutes Holz ist teuer und mit dem Ausleimen kann man manche Schwierigkeit vermeiden. Bei großen Pfeifen sind die Kosten für gutes Holz enorm. Da können Äste mit einem Papier hinterklebt werden, damit sie nicht herausfallen.


    Ich habe für mich zufriedenstellende Ergebnisse mit dem Ausleimen gemacht und Ponal verwendet. Mancher sagt, das macht den Klang weich und wenig obertönig. Für die Kleinorgel Opus 1 war das gut. Inzwischen probiere ich auch aus wie es ohne zusätzlichen Leim geht. Das Ausleimen halte ich für nicht erforderlich bei der Verwendung von einwandfreiem Holz. Aber die Entscheidung sich die Arbeit zu machen bleibt jedem selbst überlassen. Also weiterhin viel Spaß beim Pfeifenbau und "gut Holz" !


    Thomas Reinhardt

  • Zunächst einmal ein Dankeschön an Hendrik Dochhorn, der mit einer sehr interessanten Frage das Forum im eigentlichen Sinne, nämlich zum Erörtern von Orgelfachthemen, eröffnet hat. Es bleibt jetzt zu hoffen, daß möglichst viele Beiträge zu diesem Thema eingehen, um die Frage dann vielleicht abschließend einvernehmlich beantworten zu können.



    Mein Kenntnisstand zu diesem Thema:

    Die Innenwände von Holzpfeifen werden oft entweder sofort beim Zusammenbau der Bretter mit Leim (Ponal) eingestrichen, oder die fertige Pfeife wird mit Lack ausgegossen. So habe ich es auch im Profi-Orgelbau gesehen. Für diese Maßnahme werden zwei Gründe angegeben:



    1. Sicherstellen der Dichtigkeit.

    Beispiel: Orgelfreund Peter Bahlmann berichtete, daß er neu gebaute Pfeifen aus optisch einwandfreiem Kirschholz mit Lack ausgegossen hat, und dieser dann aus der Seitenwand einer Pfeife nach außen durchgedrungen ist: Offensichtlich war das Holz nicht so dicht wie es den Anschein hatte. Solche Erfahrungen, die sicher auch schon andere Orgelbauer gemacht haben, gaben vielleicht den Anlaß, daß man generell vorbeugenderweise die Innenflächen der Pfeifenwände behandelt.



    2. Pfeifen, deren Innenseiten behandelt worden sind, lassen sich leichter intonieren.

    Diese Aussage kommt z.B. auch von einer namhaften Orgelbaufirma in den Niederlanden. Eine Erklärung dafür könnte sein, daß klangliche Auswirkungen von Unterschieden in der Holzdichte durch eine Behandliung der Pfeifen-Innenseiten etwas kompensiert werden.



    Vielleicht ist ja auch schon mal unter Laborbedingungen ermittelt worden, ob bzw. wie weit die Klangeigenschaften einer Pfeife durch eine Behandlung der Innenwände beeinflußt wird.

    Wer weiß etwas darüber?



    Klaus Suhr

  • Bei der Tagung in Hofgeismar, hat Hr. W. Hopf die bedeutsame Bemerkung gemacht:.......... schauen wir, wie's die Alten gemacht haben und lernen wir von Ihnen. Zu Ihrer Frage darum einige Zitate aus den Ueberlieferungen die uns die ALTEN hinterlassen haben.



    a) Dom Bedos gibt in seinem Buch: Die Kunst des Orgelbauers im Kapitel 5, Seite 266 - 270 eine detaillierte Beschreibung über den Bau der Holzpfeifen. In diesen Kapiteln schreibt er jedoch NICHTS von ausgiessen mit Leim.



    b) Johann Julius Seidel Organist an der St. Christophori in Breslau schreibt 1842 in seinem Buch: Die Orgel und ihr Bau auf Seite 51 unten: ........Die nach innen zu kommenden Seiten der Pfeifenbretter werden mit in Leim eingerührtem Bolus überstrichen, um dem Holz mehr Dichtigkeit und Glätte, wodurch der Ton befördert und der Wurmfrass auch einigermassen abgehalten wird......usw



    c) Karl Bormann gibt uns in seinem Buch : Aufzeichnungen des Orgel- und Musikwerkmachers Ignatz Bruder von 1829 an zwei Stellen einen Hinweis. In Absatz II B, auf Seite 130 schreibt er:.... Pfeifen die besonders schön klingen sollen, werden vor dem Aufschneiden mit Kölner Leim, der dünn und gut abgeschäumt ist ausgegossen. Auch Hausenblasenleim mit Branntwein oder warmes Gummiwasser ist hiefür gut, wobei man die Pfeifen von unten nach oben füllt, ( ! ) wieder abgiesst und austropfen lässt. So füllen sich die Poren, und schlecht geleimte Pfeifen springen auf. ( ! ) Durch das Ausgiessen werden sie innerlich hart, " glockenganz " , metallartiger und obertöniger.......... und weiter im Absatz III Spieluhrenmacherei schreibt er auf Seite 285 wie folgt: .... ....Der Pfeifenkörper muss ganz dicht, die Innenwände dürfen nicht porös sein. Im Gegensatz zur Praxis der Kirchenorgelbauer ( ! ) wird das Deckblatt über die Kernkante hinausgehend geleimt, der Körper mit gutem Leim gefüllt, dann derart abgegossen, dass die Wände wie glasiert erscheinen.



    d) Töpfer-Smets Lehrbuch der Orgelbaukunst, Seite 303, unten schreibt: ........um das Holz gegen die Aufnahme der Feuchtigkeit möglichst zuschützen, kann das gesamte Pfeifenwerk in heissem

    Parafin gebadet werden. ( ?! )............ und weiter auf Seite 307 oben......... Wenn die Pfeifen beendigt sind, werden sie mit einer starken Leimfarbe, wozu gewöhnlich Bolus genommen wird,

    ausgestrichen. Hierdurch werden die Pfeifenwände luftdichter und auch fester oder härter, was einen besseren und schärferen Ton der Holzpfeifen zur Folge hat.



    Diese Aufzählung ist gewiss nicht vollständig. Ich habe alle meine Holzpfeifen aus Hartholz Eiche, Ahorn oä gemacht und habe NICHT ausgegossen. Meine Begründung, Holzpfeifen ausgiessen ist notwendig bei klimatisch extremen Verhältnissen und Pfeifen aus Weichhölzern.

    Gruss an alle, welche damit beschäftigt sind " UNSERE ORGEL" zu erfinden.

    h. werlen

  • Ich bestreiche die Innenwände aller Holzpfeifen vor dem Zusammenleimen mit verdünntem Ponal. Nach dem Trocknen wird kurz geschliffen; das ergibt eine glatte Oberfläche. Zudem erwarte ich eine bessere Bindung bei der anschließenden Verleimung.

    Gerrit Klop, holländischer Orgelbauer und Spezialist für Holzpfeifen, macht das ähnlich und behauptet, daß die Pfeifen besser klingen (bessere Intonation??!.

    Mit den besten Orgel-Grüßen

    Hans Schürfeld