Pfeifen aus Sperrholz

  • Hallo werte Hausorgelbauer,



    erst seit Kurzem beschäftige ich mich mit dem Orgelbau (im Moment noch eher in Sachen Theorie).

    Zu Probezwecken habe ich eine Gedacktpfeife aus Sperrholz hergestellt. Sie klingt m.E. gar nicht schlecht, wobei ein direkter Vergleich mit den Gedackten der Orgel (Gehäuse v. F. Seuffert, Werk v. B. Dreymann) unserer Pfarrkirche noch aussteht.

    1. Was spricht aus Sicht erfahrener Orgelbauer gegen die Verwendung von Sperrholz für die Pfeifenwände?

    2. Die Mensurentabellen (z.B. aus Truhenorgel von J. Boersma) gehen von kleinen Holzdickenstufungen aus (z.B. bei Gedackt 8`:4/5/6/7/8 mm). Macht sich einen gröbere Stufung (z.B. 4/6/8 mm) durch Klangsprünge bemerkbar?



    Für Anregungen im voraus vielen Dank!



    Mit freundlichen Grüßen



    Martin Stumpf


  • Lieber Herr Stumpf,

    die Wahl des Holzes ist bei den verwendeten Dicken in erster Linie eine Frage der Ästhetik und hat keine besondere akustische Funktion.

    Zur Erläuterung: Der Pfeifenkörper hat ja keine aktive, sondern eine passive (dämpfende) Wirkung. Aus diesem Grund nimmt man ja traditionell bei obertonarmen Gedacktpfeifen weiches Nadelholz und bei obertonreichen Prinzipalpfeifen Hartholz.

    Ich habe aber erhebliche Zweifel, ob das bei den von uns meistens verwendeten Wandstärken überhaupt eine Wirkung hat. Als wichtig sehen Orgelbauer hier vielmehr eine glatte Innenwand an; deshalb bestreiche ich bei meinen Pfeifen die Wandinnenseiten vorher mit verdünntem Leim.

    Der Orgelbauer Bartelt Immer hobelt seine Pfeifen so dünn, daß er beim Klopfen den Resonanzton hört. Er hofft, daß dadurch der Schall auch über die Wand abgestrahlt wird. Die dabei in Frage kommenden Wandstärken (nach meiner Erinnerung herunter bis zu 2mm bei c0) machen die Pfiefe aber sehr empfindlich und stellen große Anforderungen an handwerkliches Können.

    Ein Problem bei Sperrholz ist, daß es sich aufgrund vorhandener Spannungen leicht verzieht und es manchmal schwer ist, bei größeren Pfeifen ein gerades Brett zu erhalten.

    Schlußfolgerung: Experimentieren Sie ruhig mit Sperrholz. Wenn Sie sich dann ein Instrument bauen, können Sie sich aus Gründen der Ästhetik immer noch für Vollholz entscheiden.

    Herzliche Orgel-Grüße

    Hans Schürfeld

  • Lieber Herr Stumpf,

    aus dem Stegreif eine Antwort:

    zu 1. Einmal ist es eine Frage der Ästhetik, dann des Klangs, schließlich eine der Bearbeitung:

    Sperrholz (Furnierplatte) läßt sich kaum hobeln, das Labiumstechen von Hand stelle ich mir schwierig vor, und bei der Intonation kann leichter ein größeres Stück wegsplittern, da Sie keine einheitliche Faserrichtung haben, und das Material durch die Leimfugen und kreuzweise Verleimung unterschiedliche Festigkeiten aufweist. Das heißt, mehr Maschinenarbeit ist gefordert: Schleifen statt Hobeln (Staub!) bzw. Fräsen statt Stechen.

    Vorteil von Sperrholz: Man spart sich die Holzauswahl und das mühsame Aushobeln verschiedener Dicken; weniger Verschnitt.

    ...

  • Lieber Herr Stumpf,

    jetzt die Fortsetzung. Zu 2.:

    Klangsprünge durch unterschiedliches Resonanzverhalten der Pfeifenwandungen dürften sich beim Ausgleich der Intonation eines Registers bemerkbar machen. Probleme sehe ich auch bei ungleichmäßigen Labiumschrägen und unterschiedlich tiefen "Seitenbärten", die sich bei der Fertigung ergeben können.

    Dennoch kenne ich einige Orgeln, bei denen - zumindest teilweise - Sperrholz oder Multiplexplatte ohne besonderen Nachteil verwendet wurde.

    Für eine leichte Bearbeitung empfehle ich Ihnen eine weichere Platte, z.B. Finnische Birken-Multiplex-Platte BB AW 100, lieferbar in 9/12/.../18/21 mm.

    Für kleinere Abstufungen gibt es im Modellflugzeugbau (z.B. Marke Graupner)Birkensperrholz in kleineren Tafeln (teuer!) zu 3/4/5/6/8 mm Stärke.

    Viele Grüße

    Michael Stumpf (siehe 'Links')

  • P.S.

    Das Werfen einzelner Bretter halte ich für weniger problematisch. Das gibt es auch bei Vollholz. Wenn man die Teile bei der Fertigung gut abrichtet bzw. fügt (Schreiner-Fachbuch kaufen! :-) ) und beim Verleimen aufpaßt (plane Unterlage, Distanzklotz, Dübel) ist das nicht so schlimm.

  • Lieber Herr Stumpf!



    Mein erstes Gedackt 8` Register habe ich ebenfalls aus Sperrholz (wasserfestes Gabun 8mm)

    gefertigt;allerdings nur die untere Oktave.Das Labium habe ich separat aus Massivholz hergestellt.

    Den Übergang habe ich mit einem Füllstück versehen.(siehe:Karl Bormann-verschiebbares Labium).



    Probleme können durch unterschiedliche Schwundmaße von Kernklotz und Sperrholz auftreten.

    Der Kernklotz sollte aus mehreren Schichten verleimt sein und mit einer Hartholzblende versehen sein.